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Es ist weltweit die meistverbreitete ökonomische Unwahrheit: die Behauptung, mit mehr Schulden können man sich Wachstum erkaufen. Kaum lahmt irgendwo das Wachstum, kaum steigen die Arbeitslosenzahlen, schon kommt wie das Amen im Gebet die Forderung von Gewerkschaften: Mehr Schulden, mehr Staatsausgaben, und schon liefe die Wirtschaft wieder.
Dieser Glaube wird jedoch durch eindeutige Fakten widerlegt. Die umfangreichste Studie zu diesem Thema hat 57 Nachkriegsjahre in 21 Ländern untersucht und ein klares Ergebnis erbracht: Je höher die Staatsverschuldung umso geringer das Wachstum.
Eigentlich müssten ob dieser Zahlen sämtliche „Schulden machen!“-Schreier verstummen. Sie schreien dennoch immer weiter. Sie hoffen, dass sehr viele zusätzliche Schulden kurzfristig doch das eine oder andere Zehntel Wachstum auslösen – und damit für bevorstehende Wahlen Hilfe bringen. Und was danach passiert, ist ihnen egal.
Genau in diese Kategorie hat sich aber der neue Bundeskanzler eingeordnet - wenn auch erst nach der Präsidentenwahl, bis zu der er substanzlos geblieben ist. Denn nun hat er offen "Nachfrageförderung" verlangt. Und das ist nichts anderes als der uralte sozialistische Slogan, mit dem immer noch mehr Schulden mit einer nach Wirtschafts-Kenntnis klingenden Phrase gemacht worden sind. Die dann immer zur Wählerbestechung verwendet werden.
Dabei führt jedes Zehntel Wachstum, dass man sich vielleicht noch durch zusätzliche Schulden kaufen kann, später mit Sicherheit zu Stagnation und zu verstärkter Arbeitslosigkeit. Trotz dieses Zusammenhangs Schulden zu machen, ist daher charakter- und rücksichtslos, ist Teil einer nur noch ganz kurzfristig agierenden Politik. Das ist Populismus pur – auch wenn sich dieses Verhalten gerne selbst hochtrabend „Neokeynesianismus“ nennt. Es hat jedoch mit Lord Keynes überhaupt nichts mehr zu tun. Dieser hat nämlich dafür plädiert, in Staatshaushalten Überschüsse zu produzieren, damit man dann in Konjunkturtälern gegensteuern kann, ohne dadurch langfristig Verschuldung und Stagnation auszulösen. Alljährliche, über viele Jahrzehnte gehende Staatsschulden hat Keynes hingegen nie auch nur im Entferntesten empfohlen.
Dieses Schuldenmachen während der letzten Jahrzehnte macht heute das Entstehen neuer Dynamik so schwierig. Für diese gibt es nur dann Platz, wie Joseph Schumpeter nachgewiesen hat, wenn zuerst marode Unternehmen zusperren, damit zukunftsträchtige nachwachsen können. Werden die Maroden aber über Krisen mit Schulden und – wie derzeit – auch noch durch ständiges Gelddrucken durchgefüttert, dann gibt es zwar vorerst weniger Pleiten. Was die Politik kurzfristig freut. Aber dann gibt es auch keine Chance, dass neues Wachstum entstehen kann. Die Wirtschaft regeneriert sich nicht. Unternehmerische Menschen gehen nicht auf die Suche nach etwas Neuem. Die Staaten sind von Schulden gelähmt, verschlafen Reformen und haben alte unwirtschaftliche Betriebe am Hals.
Es ist in der Wirtschaft wie in der Medizin: Was kurzfristig angenehm ist, kann langfristig letal sein. Aber bei Herrn Kern ist es nicht nur dieser Opportunismus, der zwar dumm, aber wenigstens verständlich ist. Denn von Interview zu Interview mehr kommt bei ihm knallharte linke Ideologie heraus, die er verzapft, obwohl sie schon so oft gescheitert ist. Am deutlichsten enthüllend war seine Formulierung, der Markt sei nur ein "Konstrukt". Dieser linke Slang bedeutet aber nichts anderes, als dass man den Markt ja auch abschaffen könne. Dabei ist noch jedes Wirtschaftssystem gescheitert, welches das versucht hat. Dabei ist "Markt" ja nur eine Beschreibung des Verhaltens der Menschen, der Allgemeinheit, die halt lieber billiger kaufen als teuer. Wer das abschaffen will, der zerstört nicht nur jede funktionierende Ökonomie, sondern will auch die Freiheit der Menschen einschränken oder abschaffen. Denn es wird immer einen Markt geben, solange die Menschen Entscheidungsfreiheiten haben.
Das einzige, was hier ein "Konstrukt" ist, ist die linke Gedankenwelt des Herrn Kern.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.