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Es ist in mehrfacher Hinsicht sehr schlimm, wie sich der österreichische Generalstabschef Commenda jetzt in Moskau verhalten hat. Noch schlimmer ist, wie wenig das in Österreich diskutiert wird. Dabei müsste es eigentlich jetzt intensiv um seinen Rücktritt gehen.
Zumindest wären massive öffentliche Zurechtweisungen für den Mann durch Bundespräsidenten, Bundeskanzler, Verteidigungsminister und Parlament am Platz – egal wie viele Parteibücher Commenda besitzen mag (von den Medien ganz zu schweigen, die aber offenbar vielfach gar nicht begreifen, was sich da Arges abgespielt hat).
Herr Commenda hat sich von Russland tölpelhaft instrumentalisieren lassen. Er hat jedes Bewusstsein vermissen lassen, dass Soldaten – und er ist nichts als ein Soldat und Beamter – den Primat des Rechts und der Politik bedingungslos und unkommentiert zu akzeptieren haben. Das sollte eigentlich seit dem Ersten Weltkrieg in jeder rechtsstaatlichen Demokratie völlig klar und unbestritten sein. Ist doch dieser Krieg – auf mehreren Seiten – von politisierenden und kriegshetzerischen Spitzenmilitärs mitverschuldet worden.
Die Äußerungen Commendas in einem Delegationsgespräch in Moskau sind von Russland nach außen gespielt worden. Das ist sicher nicht die feine Art. Damit muss aber jeder rechnen, der als offizieller Vertreter Österreichs mit einem Staat wie Russland zu tun hat.
Ein Botschafter etwa würde sofort seinen Job verlieren, wenn er das nicht bedenkt. Er sollte nicht einmal in Vieraugengesprächen seine private Meinung äußern. Ich habe in meinen zwanzig Jahren als außenpolitischer Journalist mit hunderten internationalen Diplomaten, Beamten und Politikern zu tun gehabt. Dabei ist es mir immer nur gelungen, Oppositionspolitikern oder Journalisten Kritik am eigenen Land herauszulocken, bei Beamten nie.
Commenda hat in Moskau in diesem Delegationsgespräch jedoch wörtlich gesagt, „dass wir nicht bereit sind, das Diktat anderer auf uns nehmen zu müssen, mit wem wir verkehren dürfen“. Das ist schon einmal inhaltlich nicht richtig. Denn Commenda hat ja mit seinem russischen Gegenüber „verkehrt“, ohne dass irgendein „Diktat“ das verhindert hätte.
Wohl aber gibt es einen gemeinsamen und rechtlich bindenden Beschluss aller europäischen Staaten, dass der russische Generalstabschef und etliche andere russische Machtträger nicht in die EU reisen dürfen. Und dieser Beschluss ist eindeutig einschließlich Österreichs gefallen, er ist also kein Diktat „anderer“.
Diese und andere Sanktionen gegen Russland haben sich auch ganz eindeutig als teilweise erfolgreich erwiesen. Denn ihretwegen hat nach übereinstimmender Auffassung der meisten strategischen Experten Russland seinen Vorstoß in der Ukraine abgebrochen, der sonst mindestens bis Odessa gegangen wäre. Moskau hat zu seinem Erstaunen erkennen müssen, dass Europa doch zu einheitlichem Handeln imstande ist, und deshalb seine Aggression gestoppt, freilich das Eroberte (noch?) nicht wieder freigegeben.
Aber selbst wenn die Sanktionen nichts bewirkt hätten: Sie sind ganz eindeutig rechtlich korrekt zustandegekommen. Und daher auch für österreichische Beamte eindeutig bindend. Was auch immer sie ganz privat davon halten mögen.
Wird das jetzt nicht ganz deutlich klargestellt, dann werden sich auch andere Offiziere legitimiert fühlen, gefährlich zu politisieren. Dann bezeichnen sie halt beim nächsten Mal die österreichische Verfassung oder Gesetze der Republik als „Diktat“.
Das heißt natürlich nicht, dass man als Staatsbürger nicht viele europäische wie österreichische Gesetze für schlecht, für unsinnig halten kann und muss. Gerade dieses Tagebuch tut das immer wieder. Jedoch gibt das keinesfalls einem Kommandanten der bewaffneten Macht das Recht, solche Kritik öffentlich – oder gar in einer offiziellen Mission im Ausland! – zu äußern. Solche Äußerungen sind, um es klar zu sagen, der erste Schritt zu einem Putsch.
Ein Putsch aber wäre in unserer gesamten Geschichte nur einmal, nämlich zum Sturz Hitlers und seines Regimes, gerechtfertigt gewesen. Sonst hätte er nie etwas Positives bewirkt.
PS: Es ist wohl kein Zufall, dass Bundeskanzler und Verteidigungsminister nach Bekanntwerden der Commenda-Panne eine Ablenkungsaktion gestartet haben. Sie haben zum erstenmal seit Amtsantritt Werner Faymanns eine deutliche Budgetaufstockung für das Bundesheer verkündet (dabei sind die Finanzrahmengespräche noch keineswegs abgeschlossen). Das ist, das wäre angesichts des Zustandes des Heeres sehr erfreulich, wenn es wirklich dazu kommt. Aber damit erspart man sich dennoch nicht die Pflicht, politisierende Militärs zu stoppen.
PPS: Jene Kreise in einem Teil der FPÖ, die derzeit blind Russland zujubeln, sollten den jüngsten Bericht einer Kreml-treuen Internet-Seite auf deren spanischer Seite lesen, in der die FPÖ und Parteichef Strache als "neonazistisch" bezeichnet werden. Ob man da wirklich sehr intelligent ist, wenn man ausgerechnet dort seine neuen Freunde sucht?