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Fast muss man bedauern, dass die Bundespräsidentenkür auch noch eine Stichwahl zur Folge haben wird. Denn seit Monaten ist des Wahlkampfs wegen die schlimme wirtschaftliche Lage völlig aus der politischen Aufmerksamkeit entschwunden. Und sie wird dorthin erst nach Abschluss der Wahlen zurückkehren. Frühestens.
Freilich ist zu befürchten, dass die heimische Politik auch weiterhin alles tun wird, um die Lage zu verdrängen. Zum Unterschied vom Ausland, wo vielerorts die Entwicklung zwar auch nicht gut ist. Aber wo man wenigstens ehrlich wird. So bezeichnete der russische Präsident Putin dieser Tage die Stimmung in der russischen Wirtschaft als „grau“. Und der EU-Wirtschaftskommissar Moscovici sprach von „trüben“ Aussichten, weil Flüchtlingskrise und Sicherheitsfragen zu Hindernissen für Wachstum und Investitionen zu werden drohen.
Nun werden manche sagen, man solle die Wirtschaft nicht schlecht reden, das wäre eine sich selbst erfüllende Prophezeiung. Selbst wenn dieser Zusammenhang manches für sich hat, so gibt es doch einen zweiten Konnex. Und der wird im Falle Österreichs immer vordringlicher: Wenn man nicht einmal erkennt und zugibt, dass es Probleme und dringenden Handlungsbedarf gibt, dann wird es auch kein Handeln und keine Besserung geben. Psychologie ist in der Wirtschaft wichtig – aber keineswegs alles. Das wichtigste sind immer noch die Fakten.
Und auf der Faktenebene hat sich in Österreich im letzten Jahrfünft alles verschlechtert. Man vergleiche etwa mit Hauptpartner Deutschland. Die Arbeitslosenrate hat sich in Österreich um mehr als einen Prozentpunkt erhöht, beim Nachbarn um mehr als zwei Prozentpunkte reduziert. Das kumulierte BIP-Wachstum betrug hierzulande rund fünf Prozent, in Deutschland fast acht. Die österreichische Verschuldung nahm um mehr als drei Prozentpunkte zu, in Deutschland ging sie um über neun Punkte zurück.
Das sind die wichtigsten Parameter für den Erfolg eines Landes. Das heißt: Spätestens nach den Wahlen täte Handeln dringend not. Statt die Wirtschaft durch Registrierkassenpflicht, ständig neue Rauchergesetze, immer schikanöser werdende Steuerprüfungen, Steuererhöhungen für Kapitalgesellschaften, Erhöhung des Grenzsteuersatzes oder neue Steuern wie eine auf Finanztransaktionen zu schikanieren, müsste sie endlich wieder ermutigt werden, dereguliert, „entfesselt“ – wie es vor drei Jahren (leider folgenlos) geheißen hatte.
Österreich braucht das, was Deutschland vor einem Jahrzehnt aus der damaligen Agonie wachgerüttelt und zurück an die Spitze katapultiert hat: Das war die „Agenda 2010“, also vor allem eine Reform eines immer teurer und jede Leistung hemmenden Wohlfahrtssystems. Gewiss: Damit kann man unmittelbar keine Wahlen gewinnen. Aber mit ständig steigender Arbeitslosigkeit und Verschuldung wird das noch viel weniger möglich sein.
Und vor allem: Je länger man mit einer österreichischen „Agenda 2020“ zuwartet, umso länger und schmerzhafter wird der Erholungsprozess sein.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.