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Meischberger, die Identitären und die Staatsanwaltschaft

Der ehemalige FPÖ-Politiker und spätere hauptberufliche Tippgeber Walter Meischberger ist vor Gericht freigesprochen worden. Was heißt das?

Das heißt gewiss nicht, dass ich jetzt von der Unschuld Meischbergers überzeugt wäre. Auch das Gericht hat deutlich und kritisch von Ungereimtheiten gesprochen, die mit Provisionszahlungen an Meischberger verbunden gewesen sind. Aber es hat dennoch ein uraltes und eindeutiges – aber unter zeitgeistigem wie medialem Druck oft ignoriertes – Rechtsprinzip angewendet: Im Zweifel für den Angeklagten. Wenn das Gericht nicht von der Schuld überzeugt ist, dann darf es nicht verurteilen.

In der Staatsanwaltschaft – die eigentlich den gleichen Prinzipien verpflichtet wäre –, scheint dieses Prinzip aber nicht so zu gelten. Ein Teil der staatlichen Ankläger hat in den letzten Jahren weit jenseits der Objektivitätsverpflichtung alles versucht, um Akteure der schwarz-blauen Periode nach der Reihe vor Gericht zu schleppen. Hingegen ist der eigentlich weit konkreter beweisbare Fall der Medienbestechung mittels an den zuständigen Organen vorbei erfolgten Inseratenvergaben durch zwei sozialdemokratische Regierungsmitglieder mit fadenscheinigen Argumenten eingestellt und nie vor ein Gericht gebracht worden.

Damit haben einige Staatsanwälte dem Rechtsstaat und vor allem dem Glauben der Menschen an diesen keinen guten Dienst erwiesen. Die Richter hingegen haben ganz überwiegend ihre geistige und politische Unabhängigkeit bewahrt.

Auch die Polizei hat sich in den letzten Stunden in einer politischen Causa Respekt verschafft: Sie wird die Störung einer ÖH-Veranstaltung durch „identitäre“ Aktivsten im Audimax nicht weiter strafrechtlich verfolgen, sondern nur noch dabei offenbar von beiden Seiten erfolgte Körperverletzungen. Eine gerichtliche Verfolgung dieser Störungen wäre auch absurd gewesen, da in den letzten Jahren Hunderte Störaktionen aller möglichen Veranstaltungen durch linke Aktivisten nie zu einem Gerichtsverfahren geführt haben.

Dennoch sind solche Störaktionen auf allen Seiten strikt abzulehnen und widerlich (und bleiben ja auch ein Verwaltungsstrafdelikt). Es ist in einer Demokratie ziemlich bedenklich, wenn die einen Aktivisten von Rot und Grün unterstützt werden, und die anderen durch Blau, wenn also die Mehrheit der politischen Parteien durch Aktionen statt durch Worte und Argumente zu arbeiten beginnt. Wie in der Zwischenkriegszeit.

Die Mehrheit der Österreicher will jedoch ganz sicher keinen Staat, in dem das gegenseitige Niederschreien und Sprengen von Veranstaltungen normal wird. Denn dann ist es nur noch ein kleiner Schritt zum Faustrecht, wo sich nur noch der Stärkere durchsetzt. Sie wollen vielmehr, dass jede Seite in Ruhe ihre Dinge durchführen kann; dass zwischen Antagonisten ein zivilisierter Dialog stattfindet, wenn auch mit Austausch scharfer Argumente; und dass einzig an der Wahlurne über Streitfragen entschieden wird.

PS: Wer ein Exempel erleben will, wie eine scharfe Auseinandersetzung bei Einhaltung der demokratischen Spielregeln abläuft, der verfolge die britische Kampagne um einen Brexit (etwa auf BBC), oder blicke auf das schottische Referendum zurück. Das ist dort ganz vorbildlich.

PPS: Ein anderes Vorbild ist Norwegen, wo jetzt ein Gericht dem wohl bei allen Menschen verhassten Massenmörder Breivik bei seinem Protest gegen seine Isolationshaft Recht gegeben hat. Auch ein solcher Abschaum ist korrekt zu behandeln. Ebensowenig wie in Deutschland dem türkischen Diktator Erdogan der Schutz gegen Verleumdungen verweigert werden sollte. So sehr dieser selbst auch den Rechtsstaat unterminiert, sollte er doch in Deutschland selbst einen funktionierenden Rechtsstaat gezeigt bekommen.

 

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