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Der Häupl, der Arzt und der Unterberger

Normalerweise vermeide ich in diesem Tagebuch ja höchstpersönliche Anmerkungen, etwa in Hinblick auf meinen nie auch nur mit einem einzigen Argument begründeten Hinauswurf aus der republikseigenen „Wiener Zeitung“. Aber ein Interview des Wiener Bürgermeisters Michael Häupl in der „Presse“ nimmt überraschenderweise Bezug auf mich. Dieser Bezug klingt aufs erste freundlich, aufs zweite aber gewährt er einen tiefen Blick in die Wiener Abgründe.

Häupl wurde in dem Interview nach jenem Wiener Arzt gefragt, der von einem Wiener Gemeindespital trotz hervorragender ärztlicher Qualifikation außer Dienst gestellt worden ist. Einziger Vorwurf: Dieser habe sich nicht genügend mit der Gemeinde (also Rotgrün) identifiziert. Der ganz sicher wahre Grund: Der Mann hatte eine ärztliche Interessenvertretung gegründet, eine Art Gewerkschaft.

Dazu wurde Häupl gefragt: „Aber sollte nicht die fachliche Qualifikation des Arztes entscheidend sein?“ Seine Antwort: „Aber – meine Herren! Es war sicherlich der frühere Chefredakteur der „Presse“, Andreas Unterberger, ein ausgezeichneter Journalist. Trotzdem musste er gehen.“

„Ein nettes Kompliment“ hat mir ein Freund gratuliert. Nun in der Tat, sehr oft wird einem ja beim Hinauswurf Dreck nachgeschmissen – und in vielen außereuropäischen Ländern, insbesondere neuerdings in der Türkei, landen unbotmäßige Journalisten im Gefängnis. Da geht es uns in Österreich noch gut. Ich werde von Häupl öffentlich gelobt und habe bei der „Wiener Zeitung“ problemlos alle finanziellen Ansprüche erfüllt bekommen (Was bei meiner davorliegenden Verabschiedung aus der „Presse“ dagegen erst nach monatelanger zermürbender Einschaltung eines Anwalts geschehen war). Ansonsten gab es nur eine untergriffig-falsche Attacke durch einen Herrn Hausjell (ein „Wissenschaftler“, der ganz zufällig immer die Parteilinie der SPÖ vertritt) und die total SPÖ-fernen Medien „Heute“ sowie „News“ (die alle nicht einmal mit mir gesprochen haben, bevor sie geschrieben haben).

Aber dennoch: Warum fällt Häupl da bei der Diskussion nach dem gefeuerten Arzt ausgerechnet mein Name ein? Je länger ich nachdenke, umso sicherer bin ich, dass das eine Freud'sche Fehlleistung war. Diese ist unglaublich demaskierend für den autoritären Machtanspruch des österreichischen Sozialisten. Denn es gibt nur einen einzigen gemeinsamen Nenner unter den Fällen des Arztes Gernot Rainer und des Journalisten Unterberger, dessentwegen ausgerechnet ich da Häupl bei dieser Frage in den Kopf komme. Und dieser Nenner lautet: „Mag ein Arzt, mag ein Journalist noch so gut und erfolgreich sein, wenn er den Interessen des Rathauses in die Quere kommt, dann fliegt er.“

Gewiss: Viele Österreicher werden jetzt sagen, das hätten sie eh immer gewusst. Ich jedoch habe entgegen diesem vor allem Wien-typischen Defaitismus immer an das liberale Ideal des stolzen Bürgers vor Fürstenthronen geglaubt. Jedoch: Zumindest in allen Machtbereichen des Rathauses ist nach hundert Jahren roter Macht kein Platz für stolze Bürger mehr.

Ohne dass ich einen gerichtsfähigen Beweis hätte, bin ich auf Basis vieler Indizien überzeugt, dass der wahre Grund meiner Verabschiedung die unabhängig-kritische Berichterstattung der damaligen „Wiener Zeitung“ über Vorgänge im Rathaus-Machtbereich war. Und weniger die über die Bundespolitik (obwohl die „Wiener Zeitung“ ja eigentlich dem Bund gehört). Alfred Gusenbauer hat als Bundeskanzler sogar – ähnlich wie sein Vorbild Bruno Kreisky – ein Faible für bürgerliche Journalisten gehabt, obwohl der damalige SPÖ-Parteisekretär, ein gewisser Kalina, eine Zeitlang eine Kampagne gegen mich zu fahren versucht hat. Als dann Faymann kam, war natürlich kein Faible für bürgerlichen Journalismus und eine unabhängige Linie einer Zeitung mehr vorhanden, und das Rathaus hatte mich bald weg.

Umso überraschter war ich freilich, als ich jetzt, sechs Jahre nach meiner Verabschiedung, einen mutigen und kritischen Artikel (eines mir übrigens persönlich völlig unbekannten Journalisten) in der „Wiener Zeitung“ gefunden habe. Dieser stach mutig eine neue Korruptionsblase in Wien – rund um die Semmelweisklinik – auf, in der Häupl selbst massiv ins Zwielicht gerät.

Zurück zu Rainer: Ich hoffe sehr, Rainer wird bald ein ärztliches Betätigungsfeld finden, wo man primären Wert auf die medizinische Qualität eines Arztes legt (im Ausland etwa?). So wie auch ich in diesem Blog einen weit größeren Leserkreis gefunden habe, als ich ihn je bei der „Wiener Zeitung“ hatte (von diesen Lesern tragen dankenswerterweise auch etliche finanziell das Leben dieses Blogs mit).

Rainer hat freilich gleich mit üblen Untergriffen zu kämpfen (hinter denen - wie immer – ganz sicher nicht die SPÖ steckt): In der „Presse“ war nach seinem Hinauswurf ganz im Sinn des Rathauses ein großer dreispaltiger Bericht zu lesen mit der polemischen Überschrift: „Doppeltes Spiel der Ärztekammer“. Das; was die „Presse“ als „doppeltes Spiel“ bezeichnet, das offenbar den Ärztekammerprotest gegen den Hinauswurf Rainers unglaubwürdig machen soll, war das Faktum, dass sich die Kammer im Vorjahr gegen die Anerkennung der von Rainer gegründeten Ärztevereinigung Asklepios gewandt hat.

Na und? Als ob das eine mit dem anderen irgendetwas zu tun hätte. Als ob das Monopolstreben der Ärztekammer ihr die Glaubwürdigkeit nehmen würde, gegen diese Kündigung zu protestieren. In Wahrheit ist ihr Protest deshalb sogar doppelt glaubwürdig, weil die Rainer-Vereinigung als Konkurrent gilt.

Welch Zufall: Das damalige Schreiben der Ärztekammer war an das Bundeseinigungsamt beim Sozialministerium gerichtet. Blöd, ausgerechnet das Sozialministerium . . .

Genossen, da habt ihr eure Schmutzkübel aber nur schlecht getarnt.

PS: Noch ein Rathaus-Interview in der „Presse“ zu einem an sich ganz anderen Thema enthält eine Passage, die einem die ganze nur noch schlecht getünchte Machtanmaßung des Wiener Rathauses zeigt. SPÖ-Stadträtin Sima wurde nach den viel höheren Bezügen der Busfahrer bei den „Wiener Linien“ im Vergleich zu den Fahrern privater Busfirmen gefragt, die im Auftrag der „Wiener Linien“ einige Strecken fahren. Ihre Begründung für diese Diskriminierung lautete: „Soziale Verantwortung“. Also, wir lernen: „Soziale Verantwortung“ besteht für das Rathaus in frechen Privilegien für die eigenen Leute. Halt die, von denen man noch hoffen kann, dass sie weiterhin brav rot wählen werden. Und alle anderen haben es ja offenbar verdient, „unsozial“ und „verantwortungslos“ behandelt zu werden, weniger zu verdienen beziehungsweise hohe Steuern und Abgaben für jene teuren Privilegien der Rathauslakaien zahlen zu müssen.

 

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