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Das Asylrecht hat Grenzen und ist bei weitem nicht unser oberster Wert

Eine der häufigsten Rechtfertigungen für die gegenwärtige Völkerwanderungs-Katastrophe lautet: "Das Asylrecht ist eines der wichtigsten Menschenrechte und kann nicht begrenzt werden." Viele Politiker haben diesen Satz geliebt, zumindest bis zum Jahreswechsel. Nur: Er ist nicht richtig, sondern komplett falsch. Juristisch, moralisch, historisch, empirisch. (Eine grundsätzliche Analyse.)

Das, was im Jahr 2015 in Deutschland, Österreich und Schweden passiert ist, ist in den letzten 1500 Jahren absolut einmalig. Wohl hat es in Europa schon große Flüchtlingswellen gegeben, die über die Grenzen eines Landes gekommen sind. Etwa die Vertreibung der Deutschen aus der Tschechoslowakei nach 1945. Etwa die Flucht vieler Ungarn 1956 nach Österreich, die freilich schon um Größenordnungen kleiner gewesen ist.

Die Unterschiede zur gegenwärtigen Völkerwanderung sind vielfältig und dramatisch: So ist es in all diesen Fällen um die Flucht in die unmittelbare Nachbarschaft gegangen. So hat damals niemand behauptet, Flüchtlinge hätten das Recht, sich selbst das Land aussuchen zu können, in das sie gehen. Und vor allem: 1945 und 1956 war das eine echte Flucht; denn Österreich wie Deutschland waren noch sehr arm und selber Auswanderungsländer. Es hat da wie dort noch nicht den heutigen Wohlfahrtsstaat mit seinen vielfältigen, für Migranten unglaublich attraktiven Ausprägungen gegeben.

Historisch galt lange das Gegenteil

Auch historisch ist das Asylrecht im heute praktizierten Sinn bei weitem nicht so tief verankert, wie manche tun, die es in den letzten Monaten als oberstes moralisches Prinzip, als oberstes Völker- und Verfassungsrecht darzustellen versuchen. Denn es war bis weit ins 20. Jahrhundert nirgendwo Bestandteil der seit dem 18. Jahrhundert zusammengestellten Menschenrechts-Kataloge und -Forderungen. In den Staaten des Deutschen Bundes wurde 1834 sogar noch ausdrücklich die gegenseitige Auslieferung politischer Attentäter vereinbart.

Nur in wenigen Ländern gab es marginale Vorläufer eines Asylrechts: Belgien etwa hat Menschen, die in einem anderen Land als politische Straftäter gesucht wurden, nicht ausgeliefert. In Deutschland gab es erstmals 1929 ein Auslieferungsgesetz, das Auslieferungen bei klar definierten politischen Straftaten verbot. Es ging aber in Zusammenhang mit "Asyl" auch damals immer nur um die Frage von Auslieferung oder Nichtauslieferung, wenn ein anderer Staat diese bei politischen Straftaten verlangte. Es ging jedoch nirgendwo um das Recht(!), in ein anderes Land einzuwandern.

Auch wirklich politisch Verfolgte hatten kein Recht darauf. Asyl wurde – je nach staatlichem Interesse – immer nur als Gnade gewährt. Es ging schon gar nicht um das Recht, sich aus einem pankontinentalen Katalog das Land auszusuchen, in das man auswandern will. Oder gar um den pauschalen Zuspruch des Einwanderungsrechts an alle Bürger eines anderen Staates, wie das seit Sommer 2015 im Falle aller Syrer der Fall ist, das de facto in der Folge auch vielen anderen Staatsangehörigen zugute gekommen ist.

Auch die bisher größte Migration aus Afrika und Asien nach Europa war weder eine asyl- noch eine völkerrechtliche. Es war vielmehr die Wanderung von Menschen aus den Kolonien in die Kolonialmacht. Sie ist oft in der Schlußphase der Kolonialzeit erfolgt, als viele die letzte Chance ergreifen wollten, in den relativen Wohlstand oder in die Sicherheit Großbritanniens, Frankreichs, Belgiens, Portugals oder der Niederlande, also der bisherigen Herrschaftsmächte zu migrieren. Sie ist oft aus wirtschaftlichen Gründen erfolgt, oder weil die Migranten in ihrer alten Heimat als Kollaborateure der einstigen Kolonialmacht Verfolgung fürchten mussten.

Bezeichnend ist, dass auch und gerade diese ehemaligen Kolonialmächte heute an allen angeblichen Rechtspflichten vorbei ihre Grenzen gegen die neue Völkerwanderung weitgehend dicht halten. Im Wesentlichen haben skurrilerweise nur jene Nationen – nämlich Skandinavien, Deutschland und Österreich – ihre Grenzen aufgemacht, die seit dem ersten Weltkrieg keine Kolonien mehr hatten, wenn sie überhaupt je welche gehabt haben.

Die Genfer Flüchtlingskonvention

Juristisch ist erst mit der Genfer Flüchtlingskonvention 1951 eine internationale Basis eines Asylrechts geschaffen worden. Diese ist eine an sich globale Konvention in enger Anlehnung an die Vereinten Nationen, der viele Länder beigetreten sind. Aber sie ist eine typische "Lex imperfecta", also ein Vertrag, dessen Verletzung oder Einhaltung keine Konsequenzen hat. Zumindest ist das in allen anderen Kontinenten außer in Europa der Fall, wo die Flüchtlingskonvention fast ohne jede juristische Bedeutung ist. Es gibt zwar auch außerhalb Europas oft große Fluchtbewegungen, die aber bis vor kurzem fast immer nur in ein Nachbarland gegangen sind – sofern dieses Nachbarland bereit gewesen ist, die Menschen aufzunehmen. Ein rechtlich durchsetzbarer Anspruch auf ein Asylverfahren in einem anderen Land samt einer im Lauf der Jahre immer breiter gewordene Chance, volles Asyl oder zumindest Bleiberecht zu bekommen, ist hingegen nur in Europa Realität geworden.

Die meisten Flüchtlinge leben daher in einem anderen Teil des eigenen Landes, jedoch nicht in ihrem Heimatort. Nach seriösen Angaben sind das weltweit 38 Millionen. Was aber wiederum heißt: Fast alle würden - oder werden - nach Europa kommen, sobald sich die Chance dazu bietet. Dazu kommen noch einige Hundert Millionen, die im eigenen Land keinen Job finden.

In Europa haben EU-Richtlinien die Genfer Konvention ins EU-Recht transferiert und damit vielfach exekutierbar gemacht. Dadurch wurde plötzlich der durchsetzungsstarke und sich gern über die Souveränität der Mitgliedsstaaten hinwegsetzende EuGH zuständig. Auf diese Richtlinien berufen sich nun immer wieder jene Völkerrechtler, die alle wirklich wirksamen Maßnahmen gegen die Asyl-Migration als "rechtlich unmöglich" bezeichnen.

Das von einigen Sonntagsrednern als Begründung der Rechte von Migranten behauptete Verschulden des europäischen Kolonialismus an der Unterentwicklung der Dritten Welt führt  skurrilerweise vor allem in den Nichtkolonial-Ländern zur Aufnahme von Migranten aus der Dritten Welt. Ganz abgesehen davon, dass der Kolonialismus zwar ethisch und nach den heutigen Regeln auch völkerrechtlich zu verurteilen ist, dass er aber ökonomisch meist kein Schaden für die Kolonien gewesen ist. In Wahrheit aber kann Kolonialismus überhaupt nicht mehr als Ursache von irgendetwas bezeichnet werden.

Die Genfer Konvention hat also nur in einer kleinen Minderheit europäischer Länder große Wirkung erzielt. Im großen Rest der Welt ist die Vorstellung hingegen völlig fremd, dass das Asylrecht - oder gar die Mutation des Asylrechts zu einem Recht auf Einwanderung ein höheres Recht oder gar ein über der eigenen Rechtsordnung stehender Anspruch wäre. Daran ändert auch der Umstand nichts, dass eine – zu humanitären Aufgaben gegründete – Unterorganisation der UNO, das UNHCR, das gerne so darstellt.

Rechtsänderung durch die Judikatur

Aber auch in Europa ist die Flüchtlingskonvention erst durch eine sehr extensive Judikatur europäischer (Luxemburg und Straßburg) sowie nationaler Gerichtshöfe und die EU zu einer Grundlage eines fast allgemeinen Migrationsanspruchs geworden. Diese Judikatur hat heute eine Reihe besonders absurder Aspekte: So haben europäische Gerichtshöfe die Rückführung von Asylwerbern in die ursprünglichen Transitländer Griechenland, Italien und Ungarn verboten, obwohl das eindeutig sichere Länder sind. Grund: Asylwerber würden dort nicht gut genug behandelt.

Das ist vor allem auch deshalb grotesk, weil Griechenland, Italien und Ungarn ja selbst den beiden Gerichtshöfen unterstehen und dort Richter stellen. Somit sind schwer auf Deutschland, Österreich & Co lastende Rechtspflichten entstanden, weil andere EU-Länder (nach Ansicht der Gerichtshöfe) rechtswidrig handeln. Das ist für die Sünder aber völlig folgenlos und faktisch sogar sehr vorteilhaft, weil Asylwerber nicht zu ihnen zurückgeschoben werden können.

Mitschuld an dieser Entwicklung sind aber nicht nur die Gerichtshöfe, sondern auch die Regierungen in Berlin, Wien oder Stockholm, weil sie sich das lange widerspruchslos gefallen haben lassen. Ja, sie waren sogar lange stolz darauf, dass sie die "Guten" sind.

Gleichzeitig haben auch ihre eigenen Höchstgerichte in einem eigentümlichen Gutmensch-Populismus das Asylrecht immer extensiver interpretiert. Sowohl (behauptete) Homosexualität, Prostitution wie auch die Verurteilung wegen Drogenhandels machen eine Rückschiebung von Asylanten und abgewiesenen Asylwerbern unmöglich. Laut einem österreichischen Höchstgerichts-Erkenntnis können sich sogar verurteilte Mörder mit türkischer Staatsbürgerschaft nach Verbüßung ihrer Strafhaft einer Abschiebung in die Türkei entziehen.

Die Flüchtlingskonvention selbst hatte ursprünglich nur jenen Menschen ein Asylrecht zugesprochen, die politisch, religiös oder rassisch – also persönlich verfolgt waren. Nach der Konvention wäre also bei jedem Einzelfall zu prüfen, ob das zutrifft. Darüber hinausgehend hat die Konvention nur ein Schutzrecht festgehalten, dass man niemanden dorthin abschieben darf, wo Kriegshandlungen oder Verfolgung drohen. Das ist ein begrenztes und befristetes Abschiebeverbot. Die Konvention sieht also keineswegs ein allgemeines Asylrecht für Kriegsflüchtlinge vor. Und für Wirtschaftsflüchtlinge schon gar nicht.

Auch das deutsche Grundgesetz, das auf nationaler Ebene die relativ weitestgehende Verankerung des Asylrechts gebracht hat, deckt im Grund keine einzige der runden Million "Flüchtlingsaufnahmen" des Jahres 2015. Denn dort steht im Artikel 16a:
"(1) Politisch Verfolge genießen Asylrecht.
(2) Auf Absatz 1 kann sich nicht berufen, wer aus einem Mitgliedsstaat der Europäischen Gemeinschaften" (oder einem anderen sicheren Drittstaat) "einreist."

Es sind jedoch wahrscheinlich alle Asylwerber in Deutschland dorthin über einen EU-Staat gekommen. Ähnlich in Österreich.

Warum das Asylrecht Grenzen hat und haben muss

Weit über diese Kritik an der Entwicklung der Judikatur hinaus, macht aber auch eine Reihe von Fakten, Argumenten und fundamentalen Rechtspinzipien eindeutig klar, dass das Asylrecht im Gegensatz zu manchen Behauptungen Obergrenzen nicht nur haben kann, sondern sogar haben muss:

  • Erstens sagt ein alter und weltweit immer wieder angewandter Rechtsgrundsatz: Ultra posse nemo tenetur. Also: Niemand kann über seine Möglichkeiten hinaus verpflichtet sein. Wenn ein Staat über die Grenzen seiner Leistungsfähigkeit belastet wird, kann er nicht zur Beachtung eines wie auch immer interpretierten Asylrechts verpflichtet werden. Natürlich kann man streiten, was genau die "Möglichkeiten" eines Staates sind, also ob er auch die Sicherheit, die kulturelle und zivilisatorische Identität, das Eigentum und den Wohlstand seine eigenen Bürger einschränken und belasten darf, um Fremden zugestandene Rechte zu realisieren. Aber es ist unbestreitbar, dass es diese Grenze gibt.
  • Zweitens können immer nur Verbote unbegrenzt gelten, nie Handlungsgebote. Das gilt für einzelne Menschen wie auch für Staaten. Ein Rechtsstaat darf niemals willkürlich einsperren, foltern oder die Meinungsfreiheit einschränken. Auch wenn Staaten diese Unterlassungspflichten immer wieder zu unterlaufen suchen, sind diese Pflichten im Prinzip unendlich und unbegrenzt. Eine solche Unendlichkeit ist hingegen bei Handlungsgeboten nicht einmal theoretisch denkbar, auch wenn Leistungspflichten eines Staates in noch so vielen Gesetzen und Verfassungen verankert worden sind. Beamtengehälter, Pensionen, Gesundheitsvorsorge – also typische Selbstverpflichtungen eines Staates, aktiv selbst etwas zu tun – können immer nur limitierte und reduzierbare Pflichten sein. Denn wenn einem Staat der Bankrott droht, dann kann er diese Handlungspflichten einschränken, ja er muss das sogar. Dementsprechend mussten in den letzten Jahren in etlichen Rechtsstaaten, wie Griechenland, etwa die Pensionen deutlich gekürzt werden.
  • Der deutsche Staatsrechtler Vosgerau hat das in Hinblick auf das Asylrecht so formuliert: "Wenn also alle Turnhallen voll sind, dann wäre schon von Rechts wegen Schluss auch mit dem individuellen Asylrecht."
  • Drittens: Wer alles, was jemals in irgendeinem Rechtsdokument als Grund- oder Menschenrecht bezeichnet worden ist, gleich behandelt sehen will, egal ob Gebot oder Verbot, verlangt nicht nur Unmögliches. Er relativiert damit sogar die eigentlich unlimitiert geltenden Verbote , also den weitaus wichtigsten Kern der - den Machthabern oft hart abgerungenen! - Menschenrechte. Wie das Folterverbot; das Verbot, Meinungs- und Religionsfreiheit einzuschränken; das Verbot willkürlicher Richterbestellungen. Er macht damit aus einem Rechtsstaat einen potenziellen Unrechts- und Willkürstaat, für den es keine absoluten Verbote mehr gibt. Denn ein Staat, der beispielsweise das in Menschrechtspakten stehende "Recht auf Gesundheit" (natürlich) nicht garantieren kann, könnte bei einer Gleichwertigkeit all dieser Rechte auch die zentralen – und einhaltbaren – Verbote nur als relative, aber letztlich unverbindliche Wünsche behandeln. Alle Elemente des Sozialstaats und eben auch die Gewährung von Asyl können daher immer nur wünschenswerte Zielvorgaben sein, können niemals unlimitiert und unbedingt gelten. Sie sind nie gleichwertig mit den Unterlassungspflichten eines Rechtsstaats.
  • Viertens ist die nationale und staatliche Selbsterhaltung für alle Staaten das über allem stehende Prinzip. So wie das für jeden Menschen die Verteidigung des eigenen Lebens ist. Dieses Prinzip hatte in der Geschichte immer Vorrang vor allen Details der Rechtsordnung, auch unabhängig davon, ob Verfassungen Ausnahmezustands- oder Notstands-Regelungen enthalten. Das Überleben als Staat ist der archimedische Punkt jeder staatlichen Existenz und Rechtsordnung. Damit ist auch der Vorrang eines nationalen Notwehr- und Notstandsrechts eindeutig.
  • Fünftens spricht auch das demokratische Prinzip gegen das gegenwärtig unbegrenzt angewendete Asylrecht. Die heutige Völkerwanderung ist durch kein einziges Gesetz eines europäischen Parlaments ausgelöst oder gar gerechtfertigt worden, schon gar nicht durch ein Referendum oder zumindest einen Wahlkampf, in dem die Merkel-Linie Thema war. Sie ist daher zutiefst undemokratisch. Wenn es in einer fundamentalen Frage zum Zusammenstoß zwischen Richterrecht und Regierung auf der einen Seite und eindeutigem Volkswillen auf der anderen kommt, dann muss das Richterrecht Konzessionen machen, dann muss es letztlich nachgeben. Geschieht das nicht, dann stellt sich früher oder später die Frage nach dem naturrechtlichen Widerstandsrecht der Bürger.
  • Sechstens: Das Absolutsetzen eines unbeschränkten Asylrechts ist auch deshalb absurd, weil - wie schon eingangs skizziert - die Asylpraxis der letzten Jahre immer weniger durch Gesetze oder völkerrechtliche Verträge geprägt worden ist, sondern durch eine (auf Naivität, Ideologie, Eliten-Populismus oder Eigendynamik zurückzuführende) Fehlentwicklung der Judikatur. Also durch eine auf viel niedrigerer Ebene stehende Rechtssetzungs-Quelle. Die Judikatur hat in Deutschland und Österreich das eigentlich nur für ganz spezifische Fälle entwickelte Asylrecht der Genfer Konvention zu einem allgemeinen Migrationsrecht verwandelt. Diese schleichende Entwicklung ist nur deshalb nicht so offenkundig geworden, weil die Migration nach Mitteleuropa faktisch lange sehr schwierig war. Aber wer es – mit welchen Methoden immer – dorthin geschafft hatte, hat  durch die Richter schon seit Jahren immer besser werdende Bleibechancen bekommen.
  • Siebtens führen auch zwei alte Grundprinzipien aus dem Überlappungsbereich zwischen Philosophie und Recht zu einer Ablehnung eines unbegrenzten Asylrechts:
  • - "Summum ius, summe iniuria". Es kann zum fürchterlichsten Unrecht werden, wenn einzelne Gesetzesbestimmungen auf die Spitze getrieben und blind befolgt werden.
  • - "… et respice finem". Jedermann, auch ein Richter, muss immer auch die Folgen des eigenen Handelns beachten. Diesem Prinzip ist das deutsche Höchstgericht etwa auch gefolgt, als es trotz des Bruchs der bindenden Euro- und No-Bailout-Regeln letztlich der deutschen Regierung nie wirklich in den Arm gefallen ist. Die Richter hatten Angst vor einer Desavouierung der deutschen und europäischen Politik. Es wäre daher unverständlich, wenn Gerichtshöfe dann beim noch viel wichtigeren Völkerwanderungs-Thema plötzlich sehr wohl das Recht ohne Rücksicht auf die Konsequenzen auf die Spitze treiben wollten. Wenn sie dadurch sogar die Gefahr eines Bürgerkriegs riskieren wollten. Wenn sie sich in einem demokratisch und politisch uneinnehmbaren Machtgebäude verschanzen wollten, in dem sie die alleinige und absolute Macht über alles hätten.
  • Achtens: Besonders absurd ist, wenn die EU gleich gegen 19 Staaten Untersuchungen wegen 40 angeblicher Verstöße des Asylstandards eingeleitet hat, da sie selbst die im EU-Vertrag stehenden Verpflichtungen missachtet hat. Die Schlüsselpassagen des Artikels 79 des EU-Vertrags lauten nämlich:
  • "Die Union entwickelt eine gemeinsame Einwanderungspolitik, die in allen Phasen eine wirksame Steuerung der Migrationsströme … sowie die Verhütung und verstärkte Bekämpfung von illegaler Einwanderung und Menschenhandel gewährleisten soll."
  • Für diese Zwecke, so heißt es weiter, "erlassen das Europäische Parlament und der Rat …Maßnahmen in folgenden Bereichen: … illegale Einwanderung und illegaler Aufenthalt, einschließlich Abschiebung und Rückführung solcher Personen, die sich illegal in einem Mitgliedstaat aufhalten".
  • Und schließlich steht dort auch noch: "Die Union kann mit Drittländern Übereinkünfte über eine Rückübernahme von Drittstaatsangehörigen in ihr Ursprungs- oder Herkunftsland schließen, die die Voraussetzungen für die Einreise in das Hoheitsgebiet eines der Mitgliedstaaten oder die Anwesenheit oder den Aufenthalt in diesem Gebiet nicht oder nicht mehr erfüllen."
  • Hätte also die EU all das erfüllt, was sie sich selber aufgetragen hat, wäre das Problem um Dimensionen geringer. Es ist daher eine Zumutung, wenn die gleiche EU jetzt gegen Staaten wegen Nichteinhaltung von Asylstandards vorgeht und wenn der Präsident des EuGH öffentlich betont, dass seiner Meinung nach das Asylrecht keine Grenzen haben darf.
  • Neuntens: Ein besonders arges Kapitel ist der EU-Flüchtlingskommissar Avramopoulos. Er sagte vor kurzem zur Verteidigung der gegenwärtigen Praxis in bombastischen Tönen: "Menschenleben retten und das Prinzip der Nicht-Zurückweisung sind nicht verhandelbar." Hingegen wurde von ihm oder der Kommission das Totalversagen Griechenlands (auch) in Sachen Migration nie entsprechend thematisiert. In seiner Person hat die EU den Bock zum Gärtner gemacht. Denn der Mann ist selber Grieche. Die Kommission hat unter seinem Einfluss nie die schon oft beschlossenen Hot-Spots in Griechenland durchzusetzen versucht. Oder eine Beendigung der Zustände, die angeblich eine rechtskonforme Rückschiebung von Asylwerbern nach Griechenland verhindern.
  • Dazu kommt, dass die EU in vielen anderen Bereichen so gut wie nichts unternimmt, um "Menschenleben zu retten", was laut dem Kommissar angeblich nicht verhandelbar sei. Wo etwa sind die intensiven Bemühungen der Union, um die eine Million Menschen zu retten, die alljährlich an Malaria sterben, wo man mit viel besserer Mitteleffizienz viel mehr Menschenleben retten könnte?
  • Zehntens: Die EU-Staaten mit hohen Asylanten- und Immigranten-Quoten aus islamischen Ländern stehen an der Schwelle zu einem Stadium, wo eine teilweise, regionale Machtübernahme durch den politischen Islam unvermeidlich zu werden droht. Damit aber ist das gesamte abendländischen Rechts- und Demokratiesystem bedroht. Denn es beruht auf Grundlagen, die gemäß dem Böckenförde-Dilemma nicht vom Rechtssystem selbst geschaffen werden können. Unsere gesamte Kultur und Zivilsation beruht auf drei Fundamenten: der christlich-jüdische Prägung, der Aufklärung und der römisch-griechischen Antike. Diese aber sind alle dem Islam weitestgehend fremd, wenn nicht sogar zuwider. 
  • Elftens: Eines der ältesten Prinzipien des Völkerrechts lautet, dass eine vertragliche Beschränkung der Souveränität eines Landes (also etwa durch eine Asylkonvention) immer nur restriktiv zu interpretieren ist. Und nicht extensiv, wie es manche Richter tun.
  • Zwölftens: Jedes einzelne Recht kann genauso wie jede Medizin durch ein "Nimis", ein Zuviel, seine Qualität total ins Gegenteil verändern. Jedes Medikament, jede Heilpflanze, die in geringen Dosen heilt, kann in zu großen jedoch tödlich werden. Dieses Kippen ins Gegenteil durch ein Zuviel gibt es in praktisch allen menschlichen Aktivitäten. Und ganz sicher auch im Recht.
  • Punkt 13: Selbst wenn trotz all dieser Argumente die europäische Richterklasse unbeugsam sein sollte: Sie wird am Ende verlieren. Entweder weil bürgerkriegsähnliche Zustände das Rechtssystem zum Einsturz bringen werden. Oder weil eine islamisch gewordene Gesellschaft mit Sicherheit keine Fortführung der europäischen Rechtstradition bedeuten wird. Mit anderen Worten: Der europäische Rechtsstaat ist zweifellos die höchste zivilisatorische Errungenschaft. Wenn er aber fundamental bedroht ist, müsste man ihn auch mit nicht direkt auf dem Rechtssystem beruhenden Methoden retten.
  • Punkt 14: Es sind jedoch eindeutig die juristischen Argumente stärker, die sagen, das Versagen vieler europäischer Staaten bei der Kontrolle von Grenze und Einreise ist an sich eine viel massivere Verletzung des "Rule of Law" gewesen, als jede Beendigung der Völkerwanderung es wäre. Dementsprechend stehen in Deutschland jetzt auch einige Verfassungsverfahren gegen die Regierung bevor (In den Worten Horst Seehofers: gegen die "Herrschaft des Unrechts").
  • Punkt 15 und zu schlechter Letzt: Die Entwicklung eines unbegrenzten Asylrechts wurde auch zu einer massiven Ermutigung der Schlepperei, eines inzwischen von Mafia und Islam-Extremismus kontrollierten Milliardengeschäfts, das zahllose illegale Wege geht (keineswegs nur auf der sogenannten Balkanroute).

Ich schreibe gelegentlich Beiträge für den deutschen Arbeitgeberverband (DeutscherArbeitgeberVerband.de).

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