Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Manche Menschen machen sich jetzt Hoffnung: Der Abgang von Sozialminister Rudolf Hundstorfer aus dem Sozialministerium könnte den Weg frei machen für jene Reformen vor allem im Sozialbereich, die Österreich im letzten Jahrzehnt versäumt hat. Deren Ausbleiben hat ja dazu geführt, dass das Land in allen europäischen Rankings wie ein Stein nach unten fällt – beziehungsweise beim Arbeitslosigkeitsvergleich wie eine Rakete nach oben steigt.
Jedoch ist die Hoffnung mehr als verfrüht. Diese Warnung geht gar nicht primär vom eher unwahrscheinlichen Fall aus, dass Hundstorfer die Präsidentenwahl gewinnt, dass damit also die exzessive Ausgabenfreudigkeit noch einmal einen Triumph erzielen würde. Vielmehr ist Österreichs Reformmüdigkeit keineswegs ein bloßes Hundstorfer-Problem. Denn fast die ganze Politik quer durch alle größeren Parteien glaubt: Wer bei den Ausgaben für den Sozial- und Wohlfahrtsstaat bremst, verliert die Wahlen.
Und es ist durchaus möglich, dass sie damit sogar recht hat. Die dringende Notwendigkeit von echten Reformen, der riesige Handlungsbedarf, um künftige noch größere Katastrophen zu verhindern, oder gar um Österreich wieder an die Spitze zu bringen, ist den Durchschnittsösterreichern (noch) nicht bewusst. Sie zeigen sich zwar bei allen Umfragen der Politik überdrüssig, sie haben zu mehr als 70 Prozent jedes Vertrauen in diese verloren. Aber nur die wenigsten begreifen, dass eine Besserung zuerst leider einen Abbau vieler Wohltaten für sie selber bedeuten muss. Offenbar verstehen viele das erst nach einem großen Crash.
Derzeit hört man bloß Raunzen. Etwa darüber, dass Österreich Förderungsweltmeister ist. Wirkliche politische Energie ist aber nur dort zu sehen, wo immer noch mehr Förderungen gefordert werden. Nur dort wird man in Österreich kreativ, wenn es um ein Mehr geht: für Umwelt, für Frauenförderung, für Landwirtschaft, für Migranten, für Gesamtschulen, für Universitäten, für Bahnen und Tunnels, für Medien, Film, Theater, Museen, für Wanderwege, für Erzeuger von Solarpaneelen, für Anti-Legasthenie-Kurse...
Seitenweise könnte man aufzählen, wo überall Politiker kleine oder größere Gruppen bedienen. Meist nur, weil diese ihrer Partei nahestehen oder weil sie lautstark Druck machen.
Das allermeiste Steuer- und Schulden-Geld fließt aber in die Sozialausgaben. Daher muss auch dort jeder Versuch ansetzen, Finanzen und Zukunft des Staates zu sanieren. Jedes Jahr steigen die Sozialausgaben derzeit deutlich steiler als das BIP oder die Preise. Nur eine Vergleichszahl: 2008 hat der Anteil der Sozialausgaben 28,5 Prozent der BIP betragen. Zuletzt lag er bereits bei 30,1 Prozent. Und steigt weiter. Das klingt wenig, ist aber dramatisch: Um die Differenz könnte man etwa das Bundesheer samt allen Waffen verdreifachen.
Man muss kein Großmathematiker sein, um zu wissen, dass da vieles in Bälde kollabieren muss. Aber in Österreich haben Politik wie Wähler ja nicht einmal von den Grundrechnungsarten eine Ahnung.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.