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Hochamt für Angela

Statt zu einer Revolution wurde der CDU-Parteitag zu einem Hochamt für Angela Merkel. Mit einer starken Merkel-Rede und mit vagen Kompromiss-Formulierungen in Sachen Völkerwanderung hat die Partei-Regie wieder alles unter Kontrolle gebracht.

Freilich: Parteitage sind Veranstaltungen von Funktionären. Keiner von ihnen sieht eine Alternative zu Merkel als einzige, die Partei und Koalition zusammenhalten kann. Da bejubelt man sie lieber gleich freiwillig und glaubt, dadurch auch bei den Bürgern die Stimmung für die zuletzt im Abstieg befindliche Partei wieder zu bessern. Jedoch ist wohl kaum einer der vielen skeptisch gewordenen Deutschen über Nacht wieder überzeugt, dass der Merkel-Kurs des Slaloms zwischen "Wir-schaffen-das"-Ekstase und ständig scheiternden internationalen Scheinlösungen doch der beste wäre.

Auch die vielen Pläne, die seit ein paar Tagen rund um Merkel entworfen worden sind, können und werden das Problem genauso wenig lösen wie alle früheren Ideen, die ein schmerzfreies Ende der Krise versprochen hatten.

  • Die Türkei wird nicht ernsthaft die schmutzige Arbeit für Europa machen (und wenn doch, dann gehen die Schlepper halt wieder über die Route Libyen-Italien). Ganz abgesehen davon, dass die EU von der Türkei derzeit etwas verlangt, was dieses Land zu einem Verhalten wie dem der einstigen kommunistischen Länder zwingen würde: Menschen durch Gewalt am Verlassen des Landes zu verhindern, also sie de facto einzusperren. Das ist zum Unterschied von einem Schutzzaun nach ungarischer Art, der Fremde am Betreten des eigenen Landes hindert, wirklich verwerflich.
  • Griechenland (und viele andere EU-Staaten) werden es nicht hinnehmen, dass plötzlich von anderen EU-Staaten gegen den griechischen Willen ins Land kommende Truppen die EU-Außengrenzen zu sichern beginnen, was Griechenland so wenig wie Italien getan hat. Und was Griechenland seit Merkels noch immer aufrechter Willkommen-Politik auch nicht schaffen kann.
  • Noch grotesker ist die Idee, dass Werner Faymann – der letzte Mohikaner, der hinter Merkels Willkommen-Politik noch hertrottet, – jetzt eine Gruppe europäischer Staaten zimmern soll, von denen jeder freiwillig eine weitere große Menge von Immigranten direkt importieren wird. Man hat freilich bisher noch keine Regierung gefunden, die bei diesem skurrilen Projekt mitmachen will.

Das wird freilich Merkel und Faymann nicht hindern, sich jetzt ein paar Tage damit zu brüsten, dass sie dabei sind, die Lösung zu bringen. Wie jedes andere Projekt kann aber auch das Flüchtlings-Kontingente-Aufteilungs-Projekt nur dann funktionieren (wenn es überhaupt von ein paar Ländern außer den beiden deutschsprachigen unterstützt würde), wenn man alle Immigranten, die illegal in die EU hineinkämen, konsequent wieder abschiebt. Denn wie viele Menschen auch immer per Immigranten-Import á la Merkel-Faymann hereingeholt werden, es wird immer noch Millionen Menschen geben, die davon nicht erfasst sind, die aber dennoch an Europas fette Grundsicherungs-Töpfe heranwollen. Die werden daher weiter den illegalen Weg nach Europa gehen. Die beiden Bundeskanzler glauben offenbar dennoch ernsthaft, dass das nicht passieren wird.

Jetzt mag sich Merkel einmal ein paar Tage und Wochen freuen. Das kalte Wetter und die tapferen Mazedonier, die es seit drei Wochen schaffen, nur noch die mit Pässen ausgestatteten Bürger dreier Staaten hereinzulassen und Tausende abzuweisen, haben jetzt den Druck ein wenig reduziert. Aber weiterhin spricht alles dafür, dass sich 2016 das Jahr 2015 wiederholen wird. Das Wetter wird besser. Die Migrationswilligen und die Schlepper werden neue Routen finden. Oder/und Mazedonien wird vom Terror der Gutmenschen mürbe geschossen doch wieder alle durchlassen.

Der CDU-Parteitag hat der Parteichefin eine Atempause verschafft. Seinen eigenen demokratischen Wert hat er freilich endgültig vernichtet. Er ist (neuerlich) zu einer reinen Bejubelungsveranstaltung abgesunken. Er ist in keiner Weise mehr das, was ein Parteitag eigentlich sein sollte: das höchste Entscheidungsorgan der Partei.

Da ist mir der SPD-Parteitag knapp davor deutlich sympathischer gewesen. Dort hat Parteichef Gabriel zwar "nur" drei Viertel der Stimmen bekommen. Aber das geschah dafür in einer offenen und echten Entscheidung. Die dann in der Zukunft vielleicht dem Parteichef mehr Standing geben kann als der bejubelte, aber inhaltlich völlig unklare Kompromiss einer oberflächlichen Streitvermeidungs-Strategie.

In Österreich ist die SPÖ derzeit sehr stolz, dass ihr Parteichef erstmals eine internationale Aufgabe hat. Dass ihm die Deutschen diese wohl nur deshalb zugeschoben haben, damit diesmal ein anderer den Misserfolg verantworten soll und nicht Merkel, hat er noch nicht so richtig mitbekommen. Jetzt einmal fühlt sich der kleine Mann ganz groß. Das sei ihm gegönnt. Er wird früh genug hart in der Wirklichkeit aufwachen.

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