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Auch die Griechen muss man einmal in Schutz nehmen

Griechenland spielt in fast allen Problemen eine üble Schlüsselrolle, welche die EU heute so sehr plagen, dass sie am Rande des Zerfalls steht. Aber trotz aller griechischen Fehler und Versäumnisse: Man macht es sich zu einfach damit, wenn man jetzt die ganze Schuld an der Migrationskatastrophe auf Griechenland schiebt und wenn man erwartet, dass dieses Land von sich aus eine Lösung schaffen könnte.

Zwar stimmt es, dass Griechenland zum Schutz der EU-Außengrenze verpflichtet wäre (eigentlich: zum Schutz des Schengen-Raumes). Zwar stimmt es, dass die griechische Regierung die erste in der Kette der europäischen Schlepper auf der Balkanroute gewesen ist, die einfach jeden illegal Einreisenden mit staatlichen Fähren und Eisenbahnen nach Norden weitergereicht hat. Zwar stimmt es, dass die Griechen (aus Unfähigkeit und Nationalstolz) nicht einmal die angebotene Hilfe der anderen EU-Staaten für eine bessere Grenzkontrolle angenommen haben. Und von den unerträglichen griechischen Betrügereien rund um die Schulden- und Euro-Krise sei hier gar nicht erst die Rede.

Aber dennoch: Es ist naiv und verlogen, von Griechenland zu verlangen, es soll einfach die Schengen-Außengrenzen schließen und schützen. Zwar stimmt es, dass dadurch Europa das schlimmste Problem der letzten Jahre gestoppt hätte. Nur: Das europäische Verlangen ist unerfüllbar. Es ist ein typischer Fall von populistisch. Oder wenn man will: diplomatisch (das heißt freilich genau dasselbe: die wahren Probleme ignorieren).

Wie soll ein "Schutz der Außengrenzen" am Meer gehen?

Keiner der Europäer, die Griechenland mit dem Verlangen einer Grenzschließung versorgen, sagt dazu, wie das eigentlich gehen soll. Wer auf die Landkarte der Ägäis blickt, müsste eigentlich sofort begreifen, dass das nicht funktionieren kann. Der Satz „Griechenland muss die Außengrenzen der EZ schützen“ gibt zwar eine juristisch unangreifbare Antwort, aber zugleich eine Antwort, die in der Realität scheitern muss. Es ist völlig absurd, sich vorzustellen, dass Griechenland mehr als 3000 Inseln mit einem undurchdringlichen Stacheldraht einzäunen kann. Ganz abgesehen davon, dass dann der Tourismus kaputt wäre, Griechenlands einzige funktionierende Industrie.

Unter dem Verlangen „Schutz der EU-Außengrenzen“ verbirgt sich neuerdings auch die absurde Vorstellung, dass die griechische Marine in der Ägäis so dicht Patrouille fährt, dass jedes Schlepperboot abgefangen würde. Das ist völlig unmöglich, selbst wenn die griechische Marine diese Patrouillen jetzt gemeinsam mit den – überdies bei den Griechen noch immer verhassten – türkischen Streitkräften unternehmen würde.

Die zentrale Frage bleibt auch nach einem Jahr europäischer Hilfslosigkeit unbeantwortet: Was macht man mit den Menschen, die auf einem aufgebrachten Schlepperboot waren? Was macht man mit jenen, die es trotz allem unbemerkt auf den Boden irgendeiner griechischen Insel schaffen? Was macht man mit jenen, die dann auf irgendeinem neuen Weg nach Europa kommen, den die Schlepper mit ihrer Kreativität und viel Geld für die nächste Völkerwanderungswelle finden werden?

In Wahrheit steht Europa nach wie vor völlig unbeantworteten Fragen gegenüber. Die einzige Antwort, die funktionieren dürfte, ist nach wie vor das australische Modell, das dieses Tagebuch seit Beginn des Jahres empfiehlt. Dieses Modell braucht keine Zäune rund um jede Insel, es braucht keine militärische Aufrüstung in der Ägäis. Sondern es braucht nur die konsequente und ausnahmslos Rückführung aller irgendwo in Griechenland, irgendwo in Italien, irgendwo in Europa aufgegriffenen Menschen in große menschenrechtlich akzeptable Lager mit allen medizinischen und schulischen Einrichtungen. Aber ohne Weiterreise-Möglichkeiten.

Dorthin müssten alle Asylwerber und alle illegalen Immigranten aus ganz Europa auch gegen ihren Willen gebracht werden. Genau das ist es freilich, wovor sich die verweichlichten und romantischen Regierungen vor allem Deutschlands und Österreichs so fürchten. Sie hoffen noch immer, es gäbe irgendeine Lösung oder zumindest eine spürbare Reduktion des Völkerwanderungsproblems, ohne dass es dabei zu lautstarken Szenen und zu (kontrollierter) Gewaltanwendung gegen jene „Flüchtlinge“ kommt, die nicht freiwillig in ein solches Lager wollen. Natürlich würden solche Rückführungen eine Zeitlang in allen Linksaußenmedien von ORF bis Falter groß dramatisiert werden. Aber die überwiegende Mehrheit der Bürger würde das nach den Schrecknissen des heurigen Jahres und angesichts der noch viel übleren Zukunfts-Perspektiven akzeptieren und begrüßen.

Alle historische Erfahrung lehrt: Wenn dieses Vorgehen einmal ein paar Wochen durchgehalten wird, dann wird sich die Lage sehr bald beruhigen. Dann würden die europäischen Regierungen wieder ein großes Stück ihrer Autorität zurückgewinnen. Dann würde sich von Syrien bis Afghanistan und Pakistan sehr bald herumsprechen: Der Weg ins vermeintliche Schlaraffenland ist zu. Es macht keinen Sinn mehr, nach Europa aufzubrechen.

Die Aspekte einer australischen Lösung

Alle wesentlichen Fragen zu diesem einzigen funktionierenden Modell sind in diesem Blog schon besprochen worden. Ihr Kern:

Wo?

Diese Lager sollten auf einigen griechischen Inseln errichtet werden, die Europa den Griechen gegen den Nachlass eines Teils der Schulden Athens abkauft. Ein weiteres Lager sollte in Nordafrika in Libyen errichtet werden. Dort allerdings müsste es auch militärisch gegen das dortige Chaos gesichert werden.

Wer zahlt?

Das kann nur eine Gemeinschaftsleistung der Europäer sein, die aber dadurch finanzierbar wird, dass der noch viel teurere weitere Immigrationsstrom und die durch ihn von Schweden bis Österreich ausgelösten Integrationskosten gestoppt würden.

Sonstige Kosten?

Selbstverständlich müsste Europa auch verstärkt für das aufkommen, was schon lange seine Schuldigkeit gewesen wäre: nämlich für eine ordentliche Finanzierung der Flüchtlingslager in der Türkei, im Libanon und in Jordanien.

Gibt es dann noch Asylverfahren?

Selbstverständlich. Aber eben nur in genauer Auslegung der Flüchtlingskonvention. Asyl dürfen nur jene bekommen, die eine politisch/religiös/rassische Verfolgung nachweisen können.

Aber zumindest Deutschland braucht doch Einwanderer?

Es wird natürlich immer möglich sein, dass ein Land Menschen zur Einreise und zur Übernahme eines Arbeits- oder Ausbildungsplatzes einlädt. Was wohl nur bei jenen erfolgen wird, die gebraucht werden.

Was ist mit den abgelehnten Asylwerbern?

Die erhalten einen Gratisrücktransport in ihre Heimat, sowie nach Möglichkeit ein Start- und Rückkehrgeld zum Aufbau einer neuen Existenz. Allerdings darf das nicht so viel sein, dass dadurch weitere Massen zur „Flucht“ nach Europa verleitet würden.

Ist das alles nicht inhuman?

Das ist allemal humaner als ungeordnete Massenmigration in Regionen, welche die Menschen gar nicht wollen. Das ist humaner als all das, was alle anderen Regionen der Welt bei Massenflucht- und Migrations-Strömen tun.

Sind dann alle humanitären NGOs und Initiativen überflüssig?

Gewiss nicht. Denn erstens wird es ja weiter Asylberechtigte geben, die zu betreuen sind. Und zweitens sollte in geordneten Bahnen eine Initiative durchaus das Recht bekommen, darüber hinaus humanitäre Aufnahmen zu organisieren. Das aber muss immer bedeuten, dass die Initiative, die NGO, die Pfarre die komplette Haftung und die Kosten für den hereingeholten Asiaten/Afrikaner und all seine Familienangehörigen übernimmt und finanziert. Also von der Wohnung über die Verpflegung bis zur Ausbildung. Das darf nicht mehr heißen, dass irgendein Verein einen Tag lang auf gut spielt und dann der Allgemeinheit die Kosten auflädt.

"Die sollen die Drecksarbeit machen"

Vor allem aber ist dieses Modell ehrlicher und humaner als die derzeit in der EU dominierende Idee, dass Griechen und Türken die Drecksarbeit für die Europäer machen sollen. Europa will dadurch seine Hände in Unschuld waschen, macht sich aber noch viel schuldiger.

Neuerdings hat die Türkei zwar an ihrer Ostküste erstmals ein paar tausend „Flüchtlinge“ von einem Übersetzen nach Griechenland abgehalten. Aber das ist nicht einmal eine Teillösung. Denn es ist sehr wahrscheinlich, dass das nur eine vorübergehende Maßnahme ist; dass Korruption den – halt künftig wieder teurer werdenden – Schleppern wieder neue Wege öffnen wird; und vor allem dass das nur eine Folge der neuen türkisch-russischen Spannungen ist. Seit dem Abschuss eines russischen Flugzeugs und seit den wilden Drohungen aus Moskau ist Ankara zweifellos interessiert, sich mit den EU-Europäern ein wenig besser zu stellen. Vor allem auch, weil die viel Geld abliefern und plötzlich wieder vom türkischen EU-Beitritt reden.

Langfristig ist aber eine solche „türkische Lösung“ mit Sicherheit keine Lösung.

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