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Die EU unternimmt zwar absolut nichts Wirksames dagegen, dass neuerdings Millionen Drittwelt-Angehörige nach Belieben unkontrolliert und ungehindert nach Europa marschieren. Aber dafür sorgt sie durch ihren Gerichtshof dafür, dass fast alle europäischen Klein- und Mittelunternehmen schwer geschädigt und in totale Unsicherheit gestürzt werden. Und dass überdies der Kampf gegen den Terror – wo Europa bisher massiv von den amerikanischen Geheimdienst-Erkenntnissen profitiert hat – schwer behindert wird. Eine tolle Leistung.
Viele Österreicher bejubeln jedoch das Urteil, das ein österreichischer Jungjurist gegen die irische Datenschutzbehörde durchgesetzt hat. Sie haben freilich das Urteil nicht durchschaut und glauben, dass es dabei nur um den lässigen Umgang von Facebook mit privaten Daten gegangen wäre, die dumme Menschen freiwillig dem Internet preisgegeben haben. In Wahrheit verbietet der EuGH aber sämtlichen europäischen Unternehmen – seien sie noch so klein – und damit auch ihren Kunden ohne Übergangsfrist, irgendwie übers Internet zu arbeiten, wenn dabei Daten in die USA gelangen. Das trifft bei weitem nicht nur Facebook, Google und Twitter, sondern auch fast alle Cloud-Dienste, wie Dropbox und vieles andere heute eigentlich Unverzichtbare mehr.
Im Grunde müssten jetzt Hunderttausende europäische Unternehmen den Stecker ziehen. Das trifft vor allem die kleinen und mittelgroßen Unternehmer, die in vielen Bereichen gar keine Alternative zu den amerikanischen Internet-Diensten (zu deren Bedingungen) haben. Die Großen können sich da eher helfen.
Wenn das Urteil voll umgesetzt wird, wird das daher der europäischen Konjunktur einen (zusätzlichen) kräftigen Dämpfer erteilen. Nun meinen Rechtsanwälte, dass wahrscheinlich die Judikatur nicht gleich alle bestrafen werde. Aber niemand weiß, wie lange diese urteils-widrige Duldungsfrist sein wird und was dann kommen wird.
Die einzige Branche, die auch langfristig über die Folgen des EuGH-Entscheids jubeln kann, sind die Rechtsanwälte selbst. Sie werden jetzt von der verunsicherten Wirtschaft gestürmt, die hofft, mit komplizierten Einzelverträgen und Standardvertragsklauseln der Rechtswidrigkeit zu entgehen. Das Allermindeste, was jetzt alle Firmen mit irgendeiner elektronischen US-Connection (also fast alle) versuchen werden: mit ihren Partnern in Übersee eine komplizierte Verschlüsselung aller Internet-Daten zu vereinbaren. Was freilich teuer ist und den elektronischen Verkehr noch viel langsamer machen wird.
Aber vorerst jubeln noch alle: Jetzt haben wir‘s den Amerikanern aber gezeigt! Und viele glauben auch, dass dieses Urteil der europäischen Software-Industrie gewaltig helfen werde, die bisher ein kümmerliches Bonsai-Dasein fristet. Europa war ja nur beim Aufstellen juristischer Fallstricke gut. Bei der Innovation war es viel weniger erfolgreich – auch als Folge viel zu hoher Steuern und einer unerträglichen Überregulierung durch Staaten und Union. Selbst die paar erfolgreichen Europäer (Nokia, SAP) sind heute nicht mehr erfolgreich – oder übersiedeln gerade über den Atlantik.
Es ist eine absolute Illusion zu glauben, dass Europa im Windschatten dieses in Wahrheit sehr protektionistischen Urteils jetzt eine blühende IT-Industrie bekommen wird. Das geht nicht über Nacht. Es ist auch eine Illusion zu glauben, dass die USA jetzt einem großen neuen „Safe-Harbour“-Vertrag zustimmen werden, der den amerikanischen Geheimdiensten den pauschalen Zugriff auf Internet-Daten verbietet (das aber war genau der wichtigste Punkt, den der EuGH zum Anlass seines harschen Urteils genommen hat). Wer die Stimmung in Amerika – insbesondere am Beginn eines einjährigen Wahlkampfs – kennt, der kann geradezu ausschließen, dass die USA auch nur der geringsten Kastrierung der Möglichkeiten ihrer Geheimdienste zustimmen werden.
Die größte Illusion ist aber der von EU und vielen Kommentatoren gehegte Glaube: Selbst wenn es der Wirtschaft schadet, werde durch das Urteil zumindest der Datenschutz erhöht. Das ist ebenso naiv wie die Hoffnung, dass Amerika jetzt einknicken werde. Denn die amerikanischen Dienste (genauso wie die russischen oder chinesischen) spionieren längst nicht mehr nur auf eigenem Boden. Sie können das weltweit. Und sie können auch jede noch so komplizierte Verschlüsselung durchbrechen, wenn auch zu hohen Kosten.
Das einzige, was das EuGH-Urteil in Wirklichkeit bewirken wird: Die USA werden nicht mehr so wie bisher ihre Erkenntnisse über drohende Anschläge und dergleichen mit den Europäern teilen. Sie werden statt dessen noch mehr als bisher Europa den Rücken zukehren – und sich noch mehr dem Pazifik zuwenden.
Das zeigt sich an einem bezeichnenden Indiz: Während der Widerstand der Links- und Rechtspopulisten aus Europa das große europäisch-amerikanische Handelsabkommen TTIP de facto schon umgebracht hat, haben die USA fast zur gleichen Stunde des EuGH-Urteils mit allen Pazifik-Anrainerstaaten ein ganz ähnlich geartetes Handelsabkommen fixiert. Dieses Abkommen erfasst 40 Prozent des Welthandels. Dabei ist China noch gar nicht dabei. Was aber wahrscheinlich auch noch kommen wird, bevor Europa aus seiner grün-populistischen Traumwelt erwacht.
Gute Nacht Europa. Das ist für die ohnedies schon darniederliegende europäische Wirtschaft ein weiterer schwerer Schaden. Aber Europa kann sich trösten: Es hat dafür die ausgefeiltesten Datenschutznormen. Diese haben nur einen Nachteil: Daten, die irgendwo ins Netz gestellt werden, sind gar nicht mehr wirklich schützbar, auch wenn sie nie nach Amerika fließen.
Aber wahrscheinlich bin ich in Europa der einzige, der sich mehr vor einer weiteren Erhöhung der islamistischen und terroristischen Gefahren fürchtet, als davor, dass irgendjemand meine Daten mitliest. Ich glaube nicht einmal weisen Menschen wie Michael Häupl, wenn er versichert, dass die Zehntausend unkontrolliert Hereingekommenen keine Gefahr darstellen würden.
PS: Skurriles Detail am Rande: Der Jungjurist, der jetzt europaweit nach dem Motto „Allein gegen Facebook“ als Held bejubelt wird, setzte sich nach seinem Gerichtserfolg ins Fernsehen und verkündete, dass er weiter Facebook und Twitter nutzen will. „Aber es soll privat sein.“ Lieb. Das ist ungefähr so, wie wenn ich nackt durch die Kärntnerstraße laufe, aber verlange, dass es niemand sehen soll.