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Die Kirche lässt (erfreut) staunen

Die katholische Bischofssynode ist durchaus nicht so schlimm ausgegangen, wie es am Anfang von vielen befürchtet worden ist. Der neue Papst hatte ja vor zwei Jahren eine blinde Schiffsreise der Weltkirche in den Nebel angeordnet. Die Nebel haben sich zuletzt aber langsam gelichtet. Und da zeigte sich, dass es den kollektiven Bemühungen einer globalen Gemeinschaft gelungen ist, das Schiff auf Kurs zu halten.

Gewiss: Jetzt werden sich etliche kirchenferne Medien und linkskatholische Möchtegern-Intellektuelle aufregen, dass die Kirche nicht dem Diktat des Zeitgeists folgend die totale Beliebigkeit ausgerufen hat. Insgeheim sind auch manche Bischöfe, besonders im deutschsprachigen Raum, über das Ergebnis der Synode enttäuscht (selbst wenn sie jetzt nach außen Zufriedenheit mimen). Etliche Amtskatholiken haben ja den Eindruck vermittelt, erst dann zufrieden zu sein, wenn es feierliche Segnungen, ja letztlich wohl auch sakramentale Eheschließungen für schwule und jede sonstige Form von Beziehungen gibt.

Praktisch alle diesbezüglichen Dummheiten sind jedoch – wenn auch nach hartem Kampf – von der Synode abgelehnt worden. Italienische Informationen klingen durchaus plausibel, dass dabei der „pensionierte“ Papst hinter den Kulissen den unbedachten Ungestüm seines Nachfolgers wieder richtig kanalisieren hat können.

Das heißt aber nicht, dass alles beim alten geblieben wäre. Denn die Kirche gibt zugleich auch ein deutliches Signal, dass religiöse Gebote und kirchenrechtliche Normen immer ein Gegengewicht in der – ja zutiefst christlichen – Barmherzigkeit und in Verständnis und Hilfe für jeden einzelnen haben müssen. Dass dogmatisch-intolerante Verhärtung, welcher der Buchstabe wichtiger ist als der Mensch, niemals christlich sein kann.

Es scheint ein fast perfekter Kompromiss geglückt – trotz der vielen Intrigen und Aggressionen, die da in den letzten Monaten das Bild der Kirche geprägt haben.

Auf der einen Seite wird das Ideal der klassischen Vater-Mutter-Kinder-Familie hochgehalten. Ihr Wert wird sogar massiv unterstrichen. Das ist doppelt wichtig in einer Zeit, da sogar einige sich christlich nennende Parteien und von ihnen geführte Familienministerien den Wert der klassischen Familie relativiert haben, obwohl viele Meinungsumfragen zeigen, dass die Menschen selbst sich nach kaum etwas so sehr sehnen wie nach der klassischen Familie (nur noch die Wertschätzung für „Heimat“ kommt dieser Sehnsucht gleich). Es steht der Kirche daher nicht nur von den biblischen Eckpfeilern ihres Glaubens her, sondern auch im Sinne einer erfolgreichen Öffentlichkeitsarbeit gut an, sich dem Zeitgeist der Linken und der 68er Revolution mutig entgegenzustellen, welcher die Familie ja noch immer gerne öffentlich lächerlich macht.

Auf der anderen Seite ist durch die Synode fast die gesamte intolerante Härte entfernt worden, mit der viele kirchliche Amtsträger lange Zeit jene Menschen behandelt haben, die in der einen oder anderen Weise am Ideal in Sachen Treue, Sexualität und Familie gescheitert sind. Das ist ja letztlich die ganz große Mehrheit der Menschheit. Die unchristliche Härte der letzten Jahrhunderte in diesen Bereichen hat nicht nur zu viel Heuchelei, sondern auch zu vielen menschlichen Tragödien geführt.

Die Sehnsucht nach einem Ideal ist eben das eine, die Realität das andere.

So grotesk es übrigens klingt: Gerade die dogmatische Rigidität der islamischen Renaissance in den letzten Jahrzehnten dürfte ja auch den christlichen Kirchenführern klargemacht haben, dass die meisten Menschen etwas ganz anderes als Zielvorgabe wollen als ein „Anything goes“.

Und jetzt die Roma

Irgendwie ist es faszinierend, wie der neue Papst sich nur Stunden nach Durchquerung des Minenfelds Familie, Scheidung, Homosexualität gleich in die nächste Gefahrenzone begibt, der man normalerweise in weitem Bogen ausweicht, und vor der alle Spin-Doctoren heftig warnen. Das ist das Thema Roma samt allen anderen Gruppen, die fälschlicherweise unter diese derzeit politisch korrekte Bezeichnung subsumiert werden.

Zum Stichwort Roma ist es ja neuerdings nicht nur bei zivilgesellschaftlicher Todesstrafe verboten, das Wort „Zigeuner“ zu verwenden. Es darf in diesem Bereich laut der Political-Correctness-Diktatur auch immer nur ein einziges Erklärungsmuster verwendet werden: Alle Probleme, die die Zigeuner in Europa haben, sind einzig und allein Folge der Diskriminierung durch alle anderen.

Nicht so der Papst. Der kritisiert zwar ebenfalls deutlich „Vorurteile und gegenseitiges Misstrauen, das oft die Basis von Diskriminierung, Rassismus und Xenophobie ist“. Aber er sagte zugleich Dinge, die fast von niemandem laut ausgesprochen werden, der nicht der medialen Mainstream-Verdammnis anheimfallen will, Und das noch dazu bei einer großen Messe für Tausende Roma (sie sind ja fast alle katholisch):

  • Er wies sie auf ihre Eigenverantwortung hin: „Ihr seid selbst Protagonisten Eurer Gegenwart und Zukunft. Wie alle Bürger könnt ihr zum Wohlstand und Fortschritt der Gesellschaft beitragen, indem ihr die Gesetze respektiert, eure Pflichten erfüllt und euch durch die Emanzipation der neuen Generationen integriert.“ (wer hätte gedacht, dass dieser Papst plötzlich bei einem so klassisch ordnungsliberalen Gedanken landen wird!)
  • Er rief sie auf, der Öffentlichkeit keine Gelegenheit geben, „über euch schlecht zu reden“ und „Falschheiten, Betrügereien und Streit“ zu vermeiden. (also ist offensichtlich nicht nur immer die Öffentlichkeit schuld)
  • Insbesondere appellierte er an die Roma, ihre Kinder in die Schule zu schicken. „Es ist bekannt, dass die unzulängliche Schulausbildung vieler eurer Jugendlichen die wichtigste Hürde zum Zugang zur Berufswelt ist. Eure Kinder haben das Recht, in die Schule zu gehen. Ihr dürft ihnen das nicht verbieten.“ (der Papst spricht damit ganz gezielt eine Verhaltensweise an, die in der Tat die Wurzel vieler Probleme bildet)

Eindrucksvoll mutig, dieser Papst. Ja, sogar besonders eindrucksvoll, wenn man sein Verhalten mit dem der gesamten heutigen politischen Klasse vergleicht, die nirgendwo Mut und Ringen um Ehrlichkeit schafft. Und die daher auch zum Thema Roma nie über ein paar heuchlerische Phrasen hinauskommt.

PS: Wie toll wäre es, wenn dieser Papst jetzt auch noch zu einem besseren Verständnis von Freiheit, Wirtschaft und Markt käme, wozu ihm bisher herzlich wenig eingefallen ist – außer ein paar marxistischen Ahnungslosigkeiten. Ebenso toll wäre es, wenn sich viele Bischöfe nicht vor den Karren der je durchaus nicht uneingennützigen Klima-Alarmisten spannen ließen. Weder zu Wirtschaft noch zu Klima hat die Kirche einen besonderen Auftrag oder besonderes Wissen. Ebensowenig wie einst zu Astronomie und Physik.

 

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