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Es ist recht rational, dass Ursula Stenzel jetzt gemeinsam mit der FPÖ antritt.
Nachdem ihr die Volkspartei den Sessel vor die Tür gesetzt hat, ist das ihre einzige Möglichkeit, wieder Bezirksvorsteherin zu werden. Denn eine ebenfalls erwogene eigenständige Kandidatur auf einer eigenen Liste hätte wohl bedeutet, dass der erste Bezirk Wiens – der kleinste, aber in vielerlei Hinsicht wichtigste und eine traditionelle bürgerliche Hochburg – einen roten oder grünen Bezirksvorsteher bekommen hätte. Die „schwarzen“ Stimmen – 38 Prozent beim letzten Mal – hätten sich irgendwie zwischen ihr und ihrer (nunmehrigen Ex-)Partei aufgeteilt, was den linken Parteien im ersten Bezirk eine seriöse Chance gegeben hätte, relative Nummer eins zu werden und damit den Vorsteher zu stellen. Zusammen mit der FPÖ hat die umtriebige und auch noch aus ihren früheren Jobs extrem gut bekannte Stenzel hingegen nun eine seriöse Hoffnung, die Nase vorn zu behalten, obwohl die FPÖ im ersten Bezirk beim letzten Mal nur zehn Prozent errungen hatte.
Durch die Person Stenzel und durch den damit verbundenen Appell an die älteren Wähler hat die FPÖ jedenfalls zusätzliche Dynamik auf ihren Mühlen, die ohnedies schon durch etliche andere Faktoren heftig in Drehung sind – ohne dass sich die FPÖ irgendwie anstrengen hätte müssen. Ursachen ihres bevorstehenden Durchmarschs sind neben dem Asyl-Thema und der Wirtschaftslage vor allem der – recht logische – Zorn und das Ohnmachtsgefühl der Wähler angesichts eines anscheinend ewigen rot-schwarzen Machtkartells, das jetzt auch durch grün und pink abgesichert wird.
Zugleich zeigt Stenzels „eigenständige“ FPÖ-Kandidatur, dass zwischen ÖVP und FPÖ kein Platz für eine weitere Partei ist. Dabei hat es hinter den Kulissen ja zuletzt etliche Anläufe gegeben, eine solche Gruppierung zu bilden, die sowohl die Fehler der ÖVP wie auch jene der FPÖ vermeidet, aber klar liberalkonservativ ist.
Stenzel kann bei ihrem Parteiwechsel nicht einmal der Vorwurf gemacht werden, die FPÖ bisher verfemt zu haben. War sie doch schon vor Jahren als einzige Schwarze demonstrativ auch zu FPÖ-Veranstaltungen gegangen.
Die Wiener ÖVP freilich wird sich eingestehen müssen, dass sie einen schweren Fehler gemacht hat, Stenzel kein attraktives Alternativangebot gemacht zu haben, wenn sie schon den – durchaus talentierten – Markus Figl im ersten Bezirk auf den Schild gehoben hat. Allzu deutlich hat sie damit die Haltung signalisiert: „Weg mit den Alten ins Altersheim!“ Die gleiche Botschaft hat ja auch die Verbannung der Seniorenvertreterin Korosec auf hintere Listenplätze ausgestrahlt, ebenso die Anfüllung der ÖVP-Liste mit Kandidaten, die nur durch ihr junges Alter auffallen.
Die Herren Kurz und Juraczka haben dabei nur übersehen, dass die älteren Mitbürger als Wähler durchaus noch vorhanden sind. Die beiden Wiener ÖVP-Chefs haben sich jedoch fatalerweise primär im Kinderkreuzzug-Wettbewerb mit den Neos gewähnt. Ein ziemlicher Denkfehler.
Die Älteren lassen sich längst nicht mehr widerstandslos beiseiteschieben. Gleichzeitig wird ihre Zahl durch das Älterwerden der Babyboomergeneration immer größer. Sie fühlen sich aber längst nicht so alt wie früher Menschen des gleichen Alters. Aus den Reihen dieser Generation starten ja manche überhaupt erst die politische Karriere oder wollen US-Präsident oder Labour-Chef oder österreichischer Bundespräsident werden.