Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Kann man Menschen einfach nach Quoten aufteilen? Verhalten sich die Osteuropäer in der EU unfair – oder tun das etwa Deutschland&Co?
Die EU ist in diesen Wochen mit existenziellen Fragen konfrontiert, die alle bisherigen Herausforderungen weit in den Schatten stellen (einschließlich der noch in keiner Weise bewältigten Doppelkrise Euro+Griechenland, die ja nur bis zu den griechischen Wahlen eingefroren war).
Es wird immer wahrscheinlicher, dass die EU bei den neuen Herausforderungen dramatisch scheitert. Dabei muss man sie diesmal in Schutz nehmen gegen den Vorwurf, die EU-Institutionen in Brüssel seien schuld an den Ursachen der Völkerwanderungskrise gewesen (einzelne EU-Länder wie Deutschland, Frankreich, Großbritannien sind es freilich sehr wohl). Die EU hat vor den unsinnigen Beschlüssen der letzten Tage nur einen einzigen Fehler gemacht: Sie hat sich im Frühjahr das Verschulden an den Schiffs-Untergängen im Mittelmeehr anhängen lassen. Das hat dann einen EU-Marineeinsatz ausgelöst hat, das hat dann den Flüchtlingsstrom weiter verstärkt und das Geschäft der Schlepper ertragreicher gemacht.
Wir haben es aber primär mit einem multiplen Versagen mehrerer europäischer Staaten zu tun, zu dem auf europäischer Ebene auch noch katastrophale Urteile der beiden Gerichtshöfe in Straßburg und Luxemburg zu zählen sind, die das Tor für die unkontrollierte Immigration nach Europa immer weiter geöffnet haben.
Deutschland und Österreich versuchen nun durch eine per Mehrheitsdiktat angeordnete Quotenlösung, einen Teil der auf ihr Territorium strömenden Flüchtlingsmassen auch auf andere EU-Länder umzuladen. Beides ist aber kaum mehr als eben ein netter Versuch.
Die dabei irgendwie immer mitschwimmende Vorstellung, dass die EU-Kommission eine absolutistische Überregierung mit generellem Durchgriffsrecht wäre, ist grotesk und entspricht in keiner Weise den Verträgen oder dem Willen der meisten Europäer.
Die Quoten-Anordrung Richtung Osteuropa ist in den letzten Wochen daher auch immer nur mit völlig vagen und nie definierten Begriffen wie „Europäische Werte“ und „Solidarität“ begründet worden. Diese Begriffe klingen nett, sind aber inhaltsleer. Es gibt auch keine moralische Verpflichtung, obwohl das in deutschen und österreichischen Medien und Politik-Aussagen ständig suggeriert worden ist.
Die (leider im Westen kaum verbreitete) Argumente der Osteuropäer gegen Quoten - sie werden auch von jenen Ostländern vorgebracht, die letztlich zähneknirschend der Erpressung nachgegeben haben, dass die Nato sonst auf ihren Schutz vergessen würde - umfassen gleich eine Reihe von starken Punkten:
Soweit so überzeugend. Nur: Alle diese osteuropäischen Länder sind auch Empfänger von substanziellen Geldern aus der EU. Der Wiener Regierungschef Faymann und etliche andere haben deshalb, die Osteuropäer einfach vor die Alternative gestellt: Entweder ihr akzeptiert die Quote, oder es gibt kein EU-Geld mehr.
Das war nackte Erpressung. Wäre die Drohung wirklich realisiert worden, dann wäre das mit Sicherheit das Ende der EU. Zwar findet hinter Polstertüren der Union des öfteren etwas statt, was auf Erpressung hinausläuft. Für Österreich ist dieses Vorpreschen Faymanns – ebenso wie sein ungeheuerlicher Holocaust-Vorwurf an Ungarn – ohnedies eine außenpolitische Katastrophe. Denn damit ist unglaublich viel Porzellan in der gesamten für Österreich so wichtigen Nachbarschafts-Region zerschlagen worden. Das einzige erkennbare Motiv, warum Faymann das öffentlich getan hat, waren ein paar Wahlkampf-Schlagzeilen im Boulevard.
Eine echte Erpressung der Osteuropäer wäre noch aus einem anderen Grund undenkbar: Sie würde total gegen sämtliche EU-Verträge verstoßen. Auf die europäischen Strukturmittel gibt es einen klaren Rechtsanspruch.
Außerdem: Auch Griechenland und Italien bekommen viele EU-Milliarden. Dabei sind es diese beiden Länder, die am eklatantesten EU-Recht verletzen. Sie registrieren rechtswidrig nicht die Hunderttausenden Migranten bei der Einreise in die EU, sondern schieben sie vielmehr rasch Richtung Norden weiter.
Kein Osteuropäer versteht, warum ihnen gedroht wird, während diese eklatante Rechtsverletzung der beiden Südländer hingegen nicht einmal Kritik auslöst. Geschweige denn eine öffentliche Erpressung.
Aber selbst wenn die wochenlang von vielen Politikern zwischen Wien und Paris als Wunderdroge angepriesene Quote schließlich nicht nur beschlossen, sondern auch verwirklicht würde: Die Aufteilung von 120.000 oder 160.000 Flüchtlingen auf andere EU-Staaten löst überhaupt kein Problem, wenn man sich bewusst macht, dass allein nach Deutschland heuer eine Million kommen wird, wie selbst SPD-Chef Gabriel schon zugegeben hat.
Das enthüllt endgültig den Charakter der Quotenbeschlüsse: Sie sind genauso wie das ständige Ungarn-Bashing ein reines Ablenkungsmanöver, um von den vielen Fehlern vor allem der deutschen und österreichischen – aber auch etlicher anderer – Regierungen abzulenken.
Ich schreibe regelmäßig Beiträge für das unabhängige Internet-Portal eu-infothek.com.