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Die Wiener Wahl läuft scheinbar ganz auf das Duell Häupl-Strache hinaus. Beide Männer sind freilich im Grund populistische Volkstribunen, die freche Sprüche der harten Sacharbeit vorziehen. Wien braucht aber in seiner vielfältigen Krise einen ganz anderen Typus von Stadtoberhaupt. Daher haben einige verantwortungsbewusste Persönlichkeiten hinter den Kulissen schon die Suche nach Alternativen begonnen. Und sind dabei durchaus fündig geworden.
Zwar wird die gegenwärtige Asylanten-Völkerwanderung ganz massiv die Wahlentscheidung dominieren. Aber ebenso klar ist, dass diese Bedrohung nur auf nationaler, europäischer und internationaler Ebene gelöst werden kann, während der Wiener Bürgermeister in den nächsten Jahren primär ganz andere – aber ebenso gewaltige – Probleme zu lösen hat. Die Herausforderungen in Wien sind für die Stadt sogar die größten und schwierigsten seit den unmittelbaren Nachkriegsjahren.
Das machen schon einige kurze Stichworte über den Zustand Wiens bewusst:
Das alles aufzuräumen wird eine Herkulesarbeit. Viele Wiener trauen diese weder Strache zu (der ja keinerlei Erfahrung in Regierungs- und Administrations-Tätigkeiten hat) noch Häupl (der ja selbst der Hauptschuldige daran ist, dass Wien so dasteht, wie es dasteht). Aber auch unter den übrigen Parteien in Wien drängt sich keinerlei Persönlichkeit auf, die das Gefühl vermittelt, das bewältigen zu können.
Sollte auch die nächste Stadtregierung eine linke sein, dann kann man unter der SPÖ-Politikerriege eigentlich nur bei einem einzigen mit gewissem Grund hoffen, dass er das Bürgermeisteramt halbwegs meistern könnte. Das ist der Wohnbaustadtrat Michael Ludwig. Er hat sich auf die Sacharbeit konzentriert und dabei den Kopf zumindest immer über Wasser behalten. Und er bildet damit vor allem einen positiven Gegensatz zur restlichen Wiener Stadtratsriege, die sich ideologisch ganz links und primär durch radikal feministische Sprüche, Schwulenfestivals, singende Kanaldeckel, Vertreibung des Weihnachtsfests aus Kindergärten und Montage von Ampelpärchen profiliert hat.
Ludwig hingegen hat etwas gewagt, was von Charakter zeugt: Er hat mehrmals erkenntlich eine andere Meinung gehabt als Häupl. Er hat es insbesondere offen als unsinnig und ineffizient kritisiert, durch die Wiederaufnahme des Gemeindebaubaus den Wohnbaubedarf decken zu wollen. Dass Häupl jetzt im Wahlkampf dennoch wieder Gemeindebauten bauen lässt, beweist nur, dass Häupl SPÖ-intern mächtiger ist – was ohnedies niemand bezweifelt hat –, aber ganz sicher nicht, dass Ludwig mit seiner ursprünglichen Skepsis unrecht gehabt hat.
Und noch etwas lässt Ludwig als relativ besten SPÖ-Bürgermeister erscheinen: Unter ihm gibt es aus dem Wohnbaubereich deutlich weniger Indizien für Korruption als unter seinem Vorgänger (der derzeit am Ballhausplatz den Bundeskanzler gibt).
Auch auf bürgerlicher Seite wird zunehmend über einen neuen Namen spekuliert. Dabei taucht immer öfter der des Rechnungshofpräsidenten Josef Moser auf. Dieser hat den Rechnungshof im letzten Jahrzehnt in dessen beste Periode geführt. Der Rechnungshof hat sich von einer formaljuristischen Erbsenzähler-Anstalt früherer Perioden zu einer Institution gewandelt, welche die besten Vorschläge für eine grundlegende Reform des zuletzt total in die Verschuldung und Verschwendungssucht gekippten Landes erarbeitet hat. Moser ist damit für viele Bürger und Steuerzahler zur letzten Hoffnung auf eine Rückkehr der Vernunft geworden. Seine Kritik hat nicht in Schimpfen oder bloßer Kritik bestanden wie bei Strache, sondern in sehr konkreten Änderungsvorschlägen.
Mosers größtes Handicap ist seine Kärntner Herkunft. Aber vielleicht ist das heute gar kein Nachteil mehr in Wien (ganz abgesehen davon, dass ja auch Häupl nicht in Wien geboren und aufgewachsen ist). Mosers – wie auch Ludwigs – nüchterne Art steht in auffallendem Kontrast zur Selbstinszenierung Häupls als Fiaker-artiger und Alkohol-liebender Lebensgenießer und Arbeitsverächter. Immer mehr Wiener spüren, dass angesichts der vielfältigen Fehlentwicklungen die Zeiten für solche Selbstinszenierungen vorbei sind.
Moser war einst jahrelang Klubdirektor der FPÖ gewesen, der auch in jener Funktion von vielen Seiten gute Rezensionen erhalten hat. Er hat damit zugleich noch einen Rest-Stallgeruch der FPÖ, die ja beim Zustandekommen einer nichtlinken Stadtregierung eine Schlüsselrolle hätte. Moser wäre zugleich für die ÖVP als Bürgermeister viel leichter akzeptabel als Strache; und (wenn die ÖVP bei Sinnen ist) auch als Häupl. Und Moser könnte möglicherweise sogar von den – derzeit noch ganz als Mehrheitsbeschaffer für die SPÖ und als militante Strache-Hasser antretenden – Neos akzeptiert werden.
Würde aber Strache überhaupt selbst zugunsten einer Moser-Lösung auf seine Rathaus-Ambitionen verzichten? Oder sieht er das Schicksal Jörg Haiders als abschreckendes Beispiel an, der 2000 durch einen persönlichen Verzicht zugunsten von Susanne Riess-Passer und Rückzug nach Kärnten seinen Abstieg eingeleitet hat?
Andererseits hätte Strache ja im Gegensatz zu Haider 2000 auch bei einem Verzicht in Wien weiter die dominierende Rolle auf Bundesebene. Dort liegt ja die FPÖ bei Meinungsumfragen schon sehr deutlich voran, während es in Wien ja nur ein Kopf-an-Kopf geben dürfte. Zugleich weiß auch Strache, dass das Wiener Rathaus mit der von dort aus erfolgenden Verteilung gewaltiger Bestechungsgelder in gesamtösterreichischer Sicht für die SPÖ die weitaus wichtigste Festung ihrer Macht ist.
Strache wird damit nach der Wahl, wenn es nicht doch noch einmal eine rotgrüne Mehrheit gibt, vor der schwierigsten Entscheidung seines Lebens stehen: zwischen seinen persönlichen Ambitionen und den strategischen Interessen seiner Partei.
Moser selbst würde für diese Perspektive wohl zur Verfügung stehen, auch wenn er vorerst mit keiner Silbe Ambitionen kundtut. Aber er steht ja im Rechnungshof, der der Regierung immer wieder unangenehm geworden ist, vor der Ablöse durch den SPÖ-nahen Sektionschef Steger. Unter dem dann die Rechnungshofberichte für die SPÖ zweifellos viel angenehmer werden.
Die SPÖ ist übrigens nicht nur im Rechnungshof, sondern auch an anderen Fronten personalpolitisch sehr offensiv. Sie will offenbar noch möglichst viele Weichen mit langfristiger Wirkung stellen. So plant sie etwa, die ÖVP-nahe Salzburger Festspielpräsidentin Rabl-Stadler durch die Ex-Unterrichtsministerin Claudia Schmied zu ersetzen. Das empört zwar in Salzburg viele, stört aber den für beinharte Personalpolitik bekannten Kulturminister Ostermayer nicht weiter.
Ein weiteres Beispiel der hemmungslosen SPÖ-Personalpolitik wird ja derzeit in Wien realisiert: Dort wird gerade in der Wirtschaftsuniversität eine feministische Rektorin ohne jede volks- oder betriebswirtschaftliche Qualifikation inthronisiert. Chefin des dafür verantwortlichen Stiftungsrats ist eine SPÖ-Beamtin des Rathauses, die mit einer Arbeiterkammer-Beamtin und dem Nationalbank-Gouverneur Nowotny die Mehrheit hat . . .
PS: Nichts bekannt ist über einen zumindest bescheidenen Widerstand der Mitterlehner-ÖVP gegen die rote Umfärbung der Republik, obwohl dieser ja nicht gerade die Wahltrends widerspiegelt.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.