Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
„Die stärkste Kraft: Zusammenhalt“. Was mag hinter diesem seltsamen und bei längerem Nachsinnen total inhaltsfrei erscheinenden Spruch eigentlich stehen, den uns da SPÖ-Chef Werner Faymann seit einigen Tagen auf den Plakatwänden präsentiert?
Es ist ja eher nicht zu glauben, dass sich Faymann plötzlich einstiger intensiver Vorbereitungen auf seine (bisher geheimgehaltene) Matura entsonnen hat und uns in einer Art Sommervolkshochschule ein zentrales Prinzip der Atomphysik und der Kernkraftwerke vermitteln will. In Wahrheit liegt diesem Plakatspruch nur eine einzige Motivation zugrunde, nämlich die Angst Faymanns. Das Plakat bedeutet im Klartext den Appell: „Genossen, halt ma zsamm, lassts mi lebn! Und zwar auch nach den Landtagswahlen im Oktober!“
Auch in der SPÖ ahnt man ja schon, dass ihr im Oktober dramatische Niederlagen bevorstehen. Dann werden freilich auch Durchhalte-Plakate nichts mehr nutzen. Nach diesen Wahlen wird trotz aller flehentlichen Plakatbitten der parteiinterne Ruf nach der Ablöse eines in allen wichtigen Fragen versagenden Parteichefs wohl überlaut werden.
Wobei Genossen ja an sich durchaus viele Katastrophen verzeihen. Die einer explodierenden Arbeitslosigkeit, einer seit Faymanns Amtsantritt im internationalen Vergleich dramatisch absackenden Wirtschaft, einer beschämenden Untätigkeit gegenüber dem Tsunami der Völkerwanderung nach Europa zu Land und zur See, oder seiner wirren Akzente in der Griechenlandpleite.
Es gibt nur eines, was die Partei ihrem Parteichef nicht verzeiht: den rapiden Verlust sozialistischer Macht. Der aber findet (mit Ausnahme des Sonderfalls Kärnten) bei allen Wahlen statt, seit Faymann Parteichef ist. Und der wird sich auch in der weitaus wichtigsten, weil bestechungsgeldmächtigsten Hochburg, dem Wiener Rathaus, fortsetzen.
Da hilft auch die nackte Verzweiflung eines plakatierten „Zusammenhalten!“-Appells nichts mehr. Durchhalteappelle sind ja von Kriegen bis zur Politik immer die vorletzte Etappe vor dem bitteren Ende.
In der Diktion des Faymann-Plakats findet sich auf der SPÖ-Homepage auch folgender Satz: „Denn eines ist klar: Die Asyl-Frage kann nur durch Solidarität und Zusammenhalt gelöst werden – denn Zusammenhalt ist die stärkste Kraft!“
Wie bitte? Was heißt denn nun das wieder? Will man zeigen, dass in der Faymann-Partei nur noch mit großem Pathos Phrasen gedroschen werden, auch wenn sie total leer sind? Oder fordert die SPÖ damit "Solidarität und Zusammenhalt" mit einsickernden Islamisten und IS-Terroristen? Oder lobt sie umgekehrt das, was sich heute als Manifestation von „Zusammenhalt“ in unzähligen österreichischen Orten abspielt? Der Zusammenhalt der Bevölkerung lautet ja: „Wir halten zusammen, wir wollen hier kein Asylwerberquartier!“
So genau weiß man in der SPÖ schon lange nicht mehr, was man eigentlich sagen will.
Bezeichnend ist übrigens auch, dass Faymann dieses Plakat ausgerechnet mit dem Gewerkschaftsboss Katzian präsentiert hat (der zugleich auch skurrilerweise mit Plakaten für den Fußballklub Austria wirbt, wo er ebenfalls Boss ist. Und wo es ebenfalls Niederlagen gibt). Die Gewerkschaft ist aber Faymanns letzter Seidenfaden eines Machterhalts.
Sein zweiter Seidenfaden, die Wiener SPÖ, wird ihn hingegen nicht mehr halten, nachdem sie im Oktober so viel Gemeinderäte verloren haben wird wie noch nie. Wenn sich Michael Häupl nach dem Wahldebakel – und nach Versorgung seiner neuen Ehefrau im Wiener Krankenanstalten-Imperium KAV – rasch ins gemütlichere Leben verabschiedet haben wird, dann wird niemand in der Wiener SPÖ motiviert sein, ausgerechnet jenen Mann zu perpetuieren, den man für den wahren Schuldigen hält.
Auch die bestochenen Medien werden angesichts ihres rapiden Bedeutungsverlusts – dieser ist ablesbar an den beständig sinkenden Seher- und Leserquoten – Faymann nicht mehr retten können. Und vielleicht auch nicht mehr wollen, wenn die Bestechungsgelder angesichts leerer Kassen dünner werden. Auch wirken die früheren Taktiken des Boulevards nicht mehr, als man mit letztklassigen Storys über Pubertätsprobleme der Gusenbauer-Tochter Faymann den Weg freischießen konnte. Der Boulevard kann zwar vielleicht noch immer Menschen kaputt machen. Aber er kann sie längst nicht mehr retten. Das ist ja viel schwieriger.
Eine Passage im deutschen „Spiegel“ hat vor ein paar Tagen erschreckend deutlich gezeigt, mit welcher Verachtung heute auch im Ausland über Faymann geredet wird. In dem Magazin beschreibt Heinrich August Winkler, Deutschlands prominentester Historiker, die zwei in der EU zum Thema Griechenland zusammenprallenden Fronten. Und diese Positionen beschreibt er so: „die der Hartwährungsländer, zu denen Deutschland, die Niederlande, Irland, Finnland, die baltischen Staaten, die Slowakei, Slowenien und normalerweise, wenn nicht gerade Bundeskanzler Werner Faymann anders zu reden beliebt, auch Österreich gehören, und die historischen Weichwährungsländer mit Frankreich und Italien an der Spitze.“
Abfälliger geht’s nimmer. Jeder Staat wird da in seiner Position ernst genommen. Nur Österreich nicht. Aus der Passage „normalerweise, wenn nicht gerade Bundeskanzler Werner Faymann anders zu reden beliebt,“ trieft kübelweise Hohn. Oder gar unterschwellig die rhetorische Andeutung, was das Gegenteil zu „normal“ ist.
Es lohnt sich aus all diesen Gründen wohl nicht mehr, lange über Faymann selbst nachzudenken. Viel spannender ist, welchen Weg die SPÖ nach ihm gehen wird. Denn die bisherige (bis auf den gehorsamen Transport aller ÖGB-Forderungen) dominierende Richtungs- und Meinungslosigkeit wird dann nicht mehr ausreichen. Es wird wohl eine Richtungsentscheidung geben müssen.
Dabei werden auf der einen Seite die – vielleicht schon etwas voreilig von Menschen wie Franz Vranitzky ins Spiel gebrachten – Namen Christian Kern und Gerhard Zeiler stehen. Beide stehen als Manager recht angesehen da. Beide hatten einst klassische Aktentaschen-nachtragende Parteifunktionen. Beide scheinen also zugleich in der Wolle gefärbte Genossen zu sein. Aber vor allem spricht für sie: Sie dürften geistig im 21. Jahrhundert angekommen sein. Sie scheinen nicht wie der linke Flügel zu glauben, durch ständiges Absondern von Phrasen aus dem 19. Jahrhundert einen sinnvollen Beitrag zur Lösung auch nur eines Problems leisten zu können.
Jedoch sind unter sozialistischen Kadern europaweit die utopistischen, genderistischen und schwulistischen Ideologen derzeit dominierend. Sie wollen lieber an irgendeiner Theorie festklammern, als Wahlen zu gewinnen. Was sie nicht können, da ja bei den Wählern ihre Positionen extrem unpopulär sind. Ob diese nun bedeuten: „Wir retten Griechenland bis zum letzten Euro“, oder „Schuldenmachen ist geil“, oder „Alle Grenzen auf für alle Immigranten“.
Wird sich auch in der SPÖ ein ähnlicher Durchmarsch der linken Ideologen abspielen? Sie haben sich jedenfalls bereits vor dem Sommer zu organisieren begonnen. Sie haben sich zwar noch nicht festgelegt, welchen Parteichef-Kandidaten sie unterstützen werden. Aber weder ein Kern noch ein Zeiler können ihnen genehm sein. Vielleicht holen sie einen Varoufakis aus einem Wolkenkuckucks-Hörsaal, der mit linken Sprüchen die Parteiherzen zu wärmen versteht. Zumindest bis zu den nächsten Niederlagen.