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Wir brauchen mehr Ungleichheit

Wie schrecklich ist doch diese Ungleichheit! Dass nicht alle Matura und Hochschulabschluss haben. Dass nicht alle gleich viel verdienen und gleich reich sind. Dass nicht alle gleich gesund sind und gleich lang leben.

Fast täglich finden sich in Medien „Studien“, die das alles mit empörtem Unterton bejammern. Heuer hat sich sogar das Forum Alpbach in breiter Front diesen Klagen angeschlossen (freilich ist Alpbach längst auf eine provinzielle und hoch subventionierte Veranstaltung von Altpolitikern herabgesunken, welche die einstige internationale Bedeutung längst an andere Begegnungsorte wie Davos oder München verloren hat).

In Wahrheit haben wir heute nicht zu viel Ungleichheit, sondern zu viel Gleichheit. Wenn der Weg zum Universitätsabschluss auf allen Etappen immer leichter wird, wird Jugendlichen die wichtige Lehre vorenthalten, dass man sich anstrengen muss, um Bildung und Aufstieg zu schaffen. Wenn eine üppige Grundsicherung und viele andere Leistungen bis hin zur ORF-Gebührenfreiheit allen, die sich im Wohlfahrtsdschungel auskennen, ein sicheres Auskommen garantieren, dann werden sich immer weniger im Beruf wirklich engagieren. Den gleichen Effekt erzielen die steigenden Besteuerungen im oberen Einkommensbereich. Vom erhöhten Grenzsteuersatz bis zur Besteuerung von Grunderwerb, Börse- und Immobilienaktivitäten.

Gewiss: Nur eine kleine Minderheit ist wirklich reich. Aber gerade durch den Wunsch, selbst reich zu werden, werden sehr viele Menschen zu Leistungen angetrieben. Daher ist eine Gesellschaft in Summe weit besser dran – und jeder Einzelne sowieso –, wenn sie es möglich macht, durch Arbeit, durch Investitionen reich zu werden, als wenn die Menschen ihrer Reichtums-Sehnsucht nur noch durch Glücksspiele aller Art frönen können.

Auch bei der Gesundheit ist das so. Gewiss sind manche Therapien sehr teuer. Aber der allergrößte Teil der Lebenserwartung hängt überhaupt nicht vom Geld ab, sondern neben den Genen von einer gesunden Lebensweise. Bewegung, Nichtrauchen, Zurückhaltung bei Essen und Alkohol, Verzicht auf Drogen aller Art: Alle wichtigen Prinzipien sind weder ein Geheimnis noch teuer. Sie brauchen nur eines: Selbstdisziplin. Und wenn Statistiken zeigen, dass gut verdienende Menschen deutlich länger leben, dann liegt genau in der Selbstdisziplin die Ursache und nicht im Reichtum. Man ist – meist – deshalb reich und gesund, weil man sowohl bei den Gesundheitsfaktoren wie auch in Beruf und Ausbildung zum Sieg über den inneren Schweinehund imstande war. Und: Weil man nicht auf jene Rattenfänger gehört hat, die ständig trompeten, dass für die eigene finanzielle und gesundheitliche Lage immer der Staat verantwortlich wäre.

Der Staat sollte in Wahrheit nur für eines sorgen: für Chancengleichheit beim Reichwerden. Und die war bis vor wenigen Jahren in Österreich auch weitestgehend der Fall. Sonst wären nicht die drei am Jahresbeginn laut Forbes reichsten Österreicher durchwegs Männer, die einst sehr bescheiden begonnen haben: als Kaffee-Vertreter, als Fleischhauer, als Barpianist.

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

 

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