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Zehn griechische Lehren: erfreulich bis schmerzend

Griechenland kostet die Europäer weit über 400 Milliarden Euro, selbst wenn man die bilateralen, multilateralen, IWF, EZB-, EMS-, EFSF-, IWF-, ELA- oder Target-Schulden Griechenlands und die Haftungen anderer Staaten für dieses Land sehr vorsichtig zusammenrechnet. Das ist Faktum, egal wie sich die täglich wechselnde Lage rund um den Ägäis-Staat weiterdreht. Egal, wie sich die Griechen bei der Volksabstimmung entscheiden (sollte diese stattfinden). Egal, ob die Forderungen noch auf dem Papier bestehen bleiben oder gleich abgeschrieben werden. Das griechische Drama lässt uns aber auch eine ganze Reihe zum Teil sehr erstaunlicher Lehren ziehen.

Zum ersten: Europa ist konsequent geblieben. Zumindest vorerst. Selbst viele Experten haben das der EU nicht mehr zugetraut. Dafür ist den Herren Schäuble, Dijsselbloem &Co Respekt zu zollen. Das hat man nach den vielen Vertragsbrüchen und Fehlern am Altar der Europarhetorik (im Stile Helmut Kohls) und der Wohlfahrtsstaat-Illusionen (im Stile der Sozialdemokratie) während der letzten Jahre kaum noch erhoffen dürfen. Dieses Lob ist umso lauter auszusprechen, als es derzeit vor allem gilt, ein Einknicken im letzten Moment zu verhindern, das ja zumindest theoretisch noch immer möglich ist. Insbesondere der aus Frankreich stammende EU-Kommissar Moscovici strebt ein solches Nachgeben noch immer an (Das ist exakt der Mann, der schon bei den Sanktionen gegen Österreich eine sehr unrühmliche Rolle gespielt hat).

Zum zweiten: Griechenland hat genau das getan, was von Werner Faymann angefangen bis zum Papst alle ahnungslosen wie linken Meinungsverbreiter ständig gefordert haben. Es hat der Politik, dem Wunschdenken, der Emotion und dem Schmäh den „Primat über die Ökonomie“ gegeben. Die „Erfolge“ liegen nun auf dem Tisch. Ganz abgesehen davon: Athen hat ja nur die griechische Politik über die böse Ökonomie gestellt; und es hat übersehen, dass die Politik – genauer: die Meinung der großen Bevölkerungsmehrheit – in den anderen 18 Euro-Staaten ganz anderes will und ganz andere Interessen hat.

Zum dritten: Griechenland lügt, wenn es sagt, dass die Hilfe während der letzten fünf Jahre nicht Griechenland, sondern nur der Rettung der ausländischen Banken gegolten habe. Die Berechnungen des deutschen Spitzenökonomen Hans-Werner Sinn zeigen, dass nur ein Drittel der Gelder den deutschen, französischen, österreichischen (usw.) Banken genützt hat. Ein Drittel rettete hingegen die griechischen Banken und ein Drittel direkt den griechischen Staat.

Zum vierten: Diese Berechnung zeigt auch, dass es viel billiger gewesen wäre, wenn das Ausland schon ab Mai 2010 nur seine eigenen Banken gerettet hätte (wobei natürlich zuerst deren Aktionäre und Manager bluten hätten müssen). Richtig ist an der damals postulierten „Alternativlosigkeit“ (Angela Merkel) der Rettungspolitik ja nur eines: Ein Übergreifen des griechischen Kollapses auf nichtgriechische Banken und damit auf deren Millionen Kunden von kleinen Sparern bis zu arbeitsplatzwichtigen Unternehmen war in der Tat eine dramatische Gefahr. Aber man hätte eben diese Gefahr direkt abwenden müssen und sich nicht heillos ins griechische Chaos verstricken dürfen.

Zum fünften: Der Kollaps von Griechenland zeigt dramatisch, wie absurd die sogenannten Basel-Abkommen sind. Diese behandeln nach wie vor Schulden von Staaten als ausfallsicher! Dadurch können die Staaten sich und ihre Mega-Defizite weiterhin viel billiger als jedes noch so gesunde Unternehmen durch Kredite finanzieren.

Zum sechsten: Europa muss alles tun, um ein Übergreifen der Krise auf Italien und andere Länder zu verhindern. Diese Gefahr ist durchaus nicht auszuschließen. Aber es sollte das nur so lang tun, wie Italien&Co seriöse Programme zur Sanierung beschließen UND umsetzen. Genau das wollen in Italien und Spanien ja linke, aber auch rechte Populisten verhindern. Sobald ein Land nicht mehr die Sanierung fortsetzt, darf es für dieses Land keinesfalls neue fünf Jahre lang eine Wiederholung des griechischen Alptraums geben.

Zum siebenten: Das nunmehrige Konsequentbleiben gegenüber Griechenland und der hohlen ideologischen Präpotenz seiner Regierung machen erstmals wieder Hoffnung für Europa und den Euro. Man scheint langsam doch zu begreifen, dass man die Konsequenzen eines Fehlers immer möglichst dort eintreten lassen sollte, wo er begangen worden ist. Und nicht als angeblich „sozial“ oder „solidarisch“ bei ganz anderen Menschen. Nur so kann die Zahl künftiger Fehler reduziert werden.

Zum achten: Ausnahmsweise formuliere ich etwas, was ich normalerweise unterlasse, weil es ein wenig eitel klingt. Auch wenn es mich immer wieder juckt. Das ist der Satz: Ich habe es schon von Anfang an gesagt. Aber es ist halt wirklich in diesen fünf Jahren erstaunlich präzise das eingetreten, was ich damals schon befürchtet habe, und warum ich die Griechenland-„Rettung“ in diesem und Dutzenden anderen Beiträgen ständig heftig kritisiert habe (Das heißt aber ganz sicher nicht, dass ich mich nicht oft geirrt hätte).

Zum neunten sollte man sich einer alten Lehre wieder bewusst werden. Das ist die Lehre, dass Gold und Sachwerte – auch Aktien sind Sachwerte! – für die persönliche Absicherung besser sind als ein allzu einseitiges Verlassen auf den Stand eines Kontos. Dieses Wissen ist jetzt wohl für lange im Hirn jedes Europäers eingemeißelt. Wir dürfen daher auch keiner Regierung, keiner EU den kleinsten Gedanken daran erlauben, das Bargeld zu verbieten.

Die zehnte Lehre ist für Österreich die bedrückendste: Irgendwann kommt immer die Stunde der Wahrheit. Auch für die Alpenrepublik, die seit einigen Monaten glaubt, die Haftungen eines Bundeslands einfach mit einem Federstrich für irrelevant erklären zu können. Zwar kann sich der Bund selbst dank dem fortgesetzten Gelddrucken der EZB vorerst weiter günstig finanzieren. Aber sonst kann kaum noch eine österreichische Institution, eine Bank, ein Bundesland, eine Gemeinde, Anleihen im Ausland aufnehmen. So wie Griechenland das auch nicht mehr kann. Doppelt alarmiert, dass die italienische Mutter der größten österreichischen Bank nunmehr so ins Schleudern geraten ist, dass der Handel mit ihren Aktien zeitweise ausgesetzt werden musste. Gläubiger lassen sich zwar eine Zeitlang beschimpfen und für blöd verkaufen, aber nie für immer. Die Hypo/Heta-Dramatik wird die Österreicher wohl noch deutlich teurer kommen als das in Griechenland versenkte Geld. Dazu kommt auch noch ein absurdes Steuerpaket, das ja mit Sicherheit in einem hohen Ausmaß defiziterhöhend sein wird. Auch wenn die österreichische Regierung wieder einmal anderes behauptet.

 

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