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Franz Voves war der sympathischste aller Landeshauptleute. Er hat Volkstümlichkeit mit verantwortungsbewusster Weisheit zu verbinden gewusst. Ja, es war Weisheit, mit der Voves und sein Partner Hermann Schützenhöfer etliche unbedingt notwendige Reformen durchgezogen haben. Ja, es war Weisheit, auch wenn dies eine in der Politik sehr unübliche Tugend geworden ist. Die steirische Wahl hat auch nicht Voves verloren, oder sein nunmehriger Nachfolge Schützenhöfer. Das war ganz eindeutig die katastrophale Politik auf Bundesebene. Dennoch hat Voves paradoxerweise höchstpersönlich den Amtsverlust verschuldet.
Sein Verschulden bestand in der Ankündigung vor der Wahl zurückzutreten, wenn er weniger als 30 Prozent der Stimmen bekommen sollte. Dieses – im Vertrauen auf Umfragen verkündete – Ziel hat er um ein paar Zehntelprozent verfehlt. Voves hat unmittelbar nach der Wahl sicher noch nicht damit gerechnet, dass sich praktisch sämtliche Kommentare zur steirischen Wahl nur noch auf diesen einen Sager konzentriert haben. Diese Tatsache hätte für ihn einen Verbleib im Amt extrem schwierig gemacht. Das hat Voves zweifellos nach einer ersten Ich-bleibe-dennoch-Trotzreaktion zur Einsicht gebracht, dass jetzt ein Abgang in Ehren die weitaus beste Option wäre.
Gleichzeitig ist in der SPÖ weit und breit kein geeigneter Nachfolger vorhanden. Zusätzlich musste die Partei natürlich sehr ernsthaft fürchten, dass die ÖVP nach dem burgenländischen Wechsel zur FPÖ wenig Skrupel haben würde, sich nun ihrerseits in der Steiermark der FPÖ zuzuwenden, wenn die SPÖ nun einen anderen Landeshauptmann-Kandidaten präsentierte. Freilich wäre Schwarz-Blau mit Schützenhöfer schwierig geworden. Hat er sich doch im Gegensatz zum Rest der steirischen Schwarzen stets gegen eine Koalition mit der FPÖ ausgesprochen.
Damit ist die steirische Entwicklung viel logischer, als es auf den ersten überraschten Blick schien.
Die zweite zentrale Frage: Ist es undemokratisch, dass die bei der Wahl nur zweitstärkste Partei jetzt den Landeshauptmann stellt? Ganz sicher nicht, solange es eine demokratische Mehrheit dafür gibt. Es hat ja auch schon die drittstärkste Partei legitimerweise den Mann an der Spitze gestellt.
Es ist aber auch Unsinn, wenn die FPÖ jetzt sagt, es wäre undemokratisch, dass sie von der Regierungsbildung ausgeschlossen wird. Das ist es sicher nicht. Eine demokratische Mehrheit in einem Landtag oder Parlament ist ja nie davon abhängig, ob sich diese Mehrheit gegenüber den letzten Wahlen vergrößert oder verkleinert hat. Mehrheit ist Mehrheit.
Ganz abgesehen davon, dass die FPÖ ja nur der größte Dazu-Gewinner war, aber Gewinner, also Nummer eins, war und ist immer noch die SPÖ. Es wird ja auch bei einem Wettlauf nicht der Drittplatzierte zum Sieger erklärt, nur weil er den Rückstand zum Ersten im Vergleich zum letzten Rennen deutlich vermindert hat.
Ebenso ist es demokratisch ok und fair, dass in der langjährigen steirischen „Reformpartnerschaft“ auch einmal die fast gleichstarke kleinere Partei den Posten an der Spitze besetzt. Es muss ja nicht so sein, dass zwar alle Lasten von beiden Koalitionspartnern sehr gleichmäßig getragen werden, dass aber alle Spitzenämter nur an die marginal größere Partei gehen.
Eine ganz andere Frage ist es freilich, ob sich Rot und Schwarz mit der schier ewigen Verpartnerung etwas Gutes tun. Ob sie nicht genau dadurch den steirischen Freiheitlichen beim nächsten Mal zu einem noch größeren Dazu-Gewinn verhelfen. Wähler verstehen unter Wahl nämlich seltsamerweise das Recht, jemanden – aus welchem Grund immer – abwählen zu können. Wenn sich SPÖ und ÖVP gleichsam zu einer Einheitspartei verschmolzen haben, dann ist es fast zwingend, dass der Dritte davon profitiert, weil er die einzige Möglichkeit ist, die Machthaber abzuwählen.
An der Bestellung von Schützenhöfer ist also nichts Skandalöses. Aber es ist auch alles andere als weitblickend, dass die ÖVP so jubelt. Denn Schützenhöfer wird mit der Nach-Voves-SPÖ lange nicht so gut kooperieren können wie mit Voves. Bei der SPÖ sind jetzt viel zu viele Revanche-Rechnungen mit der ÖVP offen. Sie wird wohl sehr bald zur zänkischen Opposition im Partnerbett werden. Der emotionale Kitt ist jedenfalls mit dem Abgang von Voves verloren gegangen.
Vor allem wird es die ÖVP schwer haben, in zwei oder drei Jahren die Machtübergabe an einen Schützenhöfer-Nachfolger zu bewerkstelligen (gleichgültig, ob der Lopatka oder Drexler heißen soll). Die SPÖ wird mit Sicherheit sagen: Das war nicht ausgemacht. So wie die ÖVP-Zusage nur für Voves selbst gegolten hat, so gibt es die SPÖ-Stimmen auch nur für Schützenhöfer.
Auf Bundesebene ist die Entwicklung sicher ein Grund zur Freude für das Mitterlehner-Team. Erstmals kann da eine Art Erfolg eingefahren werden – wenn auch nicht an der Wahlurne.
Für die Faymann-SPÖ ist das Ganze hingegen desaströs. Binnen weniger Tage ist nun gleich in zwei Bundesländern die Bildung einer neuen Landesregierung ganz gegen den Willen der Bundespartei ausgefallen. Das hat es in der ganzen Nachkriegsgeschichte bisher nie auch nur annähernd gegeben. Bei keiner Partei.
Das ist ein Schwächezeichen, das – zusammen mit den Wahlergebnissen – Werner Faymann eigentlich nicht überleben kann. Er konnte da wie dort ja nicht einmal so tun, dass er eigentlich ja eh mit allem einverstanden und der Drahtzieher hinter den Kulissen wäre.
Gegen Faymann in seiner jetzigen Lage wirkt selbst ein Papiertiger wie ein furchteinflößendes Ungeheuer. Lediglich die Bundes-ÖVP nimmt ihn aus ziemlich rätselhaften Gründen noch immer ernst.
Faymann hält wirklich nur noch eines politisch am Leben: die bevorstehende Wiener Wahl. Vor dieser geht sich ein Chefwechsel nicht mehr aus. Vor allem, weil auch kein Nachfolger in den Löchern steht.
Nach der Wiener Wahl wird Faymann Geschichte sein – es sei denn, die SPÖ kann sich halten. Wahrscheinlicher als ein solcher SPÖ-Erfolg in Wien ist aber wohl, dass am Wahltag der große Komet einschlägt.