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Jetzt wird es wirklich spannend: Die Schlacht ums Wiener Rathaus wird alles an Brutalität in den Schatten stellen, was Österreich in den letzten Jahren bei Wahlkämpfen erlebt hat. Den Startschuss für diese Schlacht hat die steirische und burgenländische Landtagswahl geliefert. Sowohl für die SPÖ wie auch für die Freiheitlichen, die beiden Hauptprotagonisten in diesem Kampf, geht’s dabei um viel mehr als bei jeder anderen Landtagswahl.
Für die SPÖ ist seit hundert Jahren der Wiener Bürgermeister die viel wichtigere Funktion als der Bundeskanzler. Vom Rathaus aus hat die Partei den dichtesten Filz weben können, den es irgendwo in Österreich gibt.
Umgekehrt reizt H.C.Strache das Wiener Rathaus viel mehr, als es das Bundeskanzleramt tut. Denn auch er weiß, als Verantwortungsträger auf Bundesebene kann man in den nächsten Jahren nur verlieren. Die wirtschaftspolitische Situation ist viel zu dramatisch, als dass man dort punkten könnte. Im Rathaus ist das anders: Dort könnte man große Summen alleine dadurch bewegen, dass man die Subventionen kappt, die derzeit das ganze linke Österreich nähren.
Gleichzeitig ist die neugotische Burg an der Wiener Ringstraße viel brüchiger, als der stolze Bau aus der einstigen großen Epoche der Wiener Liberalen von außen ahnen ließe. Das hat dieser Tage eine Randbemerkung des Meinungsforschers Bachmayer – der ja viele nicht veröffentlichte Umfragen kennt – klar gemacht: Die Popularität von Bürgermeister Michael Häupl in Wien ist deutlich niedriger als die des steirischen Landeshauptmanns Franz Voves in seinem Bundesland. Dabei hat dieser Voves gerade die vernichtendste Niederlage seines Lebens erlitten und der steirischen SPÖ nur noch 29 Prozent der Stimmen gebracht.
Vor diesem Hintergrund ist es nur noch skurril, dass die Wiener SPÖ davon schwadroniert, im Herbst die absolute Mehrheit erringen zu wollen. Denn zur schwindenden Beliebtheit Häupls kommt die Tatsache, dass das Thema Asylanten-Tsunami in Wien noch viel spürbarer ist als im Rest Österreichs. Der Anteil von Afrikanern und Asiaten ist in Wien viel größer als in jedem anderen Bundesland. Zugleich haben die Wiener den Eindruck, dass sich die Gemeinde Wien Asylwerbern gegenüber immer besonders hilfreich gezeigt hat.
Aber auch das zweite zentrale Wahlkampfthema der Freiheitlichen hat in Wien viel mehr Zugkraft als anderswo: die Arbeitslosigkeit. Ist diese doch in Bundeshauptstadt viel größer als in den anderen Bundesländern.
Auch jene beiden gesellschaftspolitischen Themenbereiche, welche die Wiener Stadtregierung in letzter Zeit – zur Ablenkung von den zentralen Fragen Arbeitslosigkeit und Überfremdung – besonders in den Vordergrund gerückt hat, lenken keinen Wählerstrom auf die Mühlen der SPÖ: Das ist einerseits das feministische Gendern (von der Sprachverhunzung bis zum Quotenzwang) und andererseits die massive Schwulenpropaganda rund um den Song Contest. Zwar ist es Rot und Grün gelungen, für diese beiden Themen viele Medien zu gewinnen – aber eben nicht die Wähler. Es sind oft Kleinigkeiten, die in diesem Zusammenhang die Empörung zum Überlaufen bringen, wie zuletzt die Ersetzung vieler traditioneller Fußgängerampeln durch Ampeln mit schwulen Pärchen. Auch wenn das nicht gerade die Hauptursache des explodierenden Defizits ist, so sieht jeder Wiener gerade an solchen Details sehr anschaulich, wie verschwenderisch das Rathaus mit Steuergeld zu fragwürdigen Zwecken umgeht.
Und schließlich bringt auch in Wien – so wie in der Steiermark und dem Burgenland – die Bundespolitik eine massive Unterstützung für die FPÖ. Daran kann sich mit Garantie bis zum Herbst nichts ändern. Zum einen bläst bei Landtagswahlen ohnedies fast immer ein ungünstiger Wind für die jeweilige Bundesregierung. Zum anderen haben die Österreicher in fast allen politischen Fragen den Eindruck, dass die Regierung versagt, falsch oder gar nicht agiert.
Es gibt jedoch zwei Aspekte, die der Wiener SPÖ doch noch Überlebens-Chancen geben. Der eine ist die geschickte Inszenierung einer scheinbaren Entfremdung zwischen Rot und Grün. Die beiden Parteien, die vier Jahre sehr innig waren, decken durch ihr Auseinanderrücken bei der Wahl ein deutlich größeres politisches Spektrum ab. Das war ziemlich sicher durchaus so intendiert.
In Wien hat man damit jedenfalls den steirischen Fehler vermieden, eine Koalition mit einer Liebesheirat zu verwechseln. Rot und Schwarz hatten in ihrer steirischen Innigkeit vergessen, dass Demokratie immer Alternative bedeuten muss. Wenn sich hingegen zwei Parteien alternativlos aneinanderketten, dann sucht der Wähler automatisch die Abwechslung oder den Frust-Abbau anderswo. In Wien hingegen stellt sich für Linke nach dem jüngsten Streit die Vassilakou-Partei durchaus wieder als Alternative zur SPÖ dar, die sich unverfroren Abgeordnete kauft; und die Wiener SPÖ wiederum hofft dadurch, einen Teil jener Wähler behalten zu können, die ob der von den Grünen dominierten Verkehrspolitik empört sind.
Der zweite Aspekt: Selbst wenn die Häupl-Partei dramatisch verlieren sollte, selbst wenn es nicht einmal zu einer Mehrheit für Rot und Grün zusammen reichen sollte, stehen Hilfszüge bereit. Denn sowohl die ÖVP wie auch die Neos signalisieren mit jeder Faser, dass sie gerne ins Bett der roten Macht schlüpfen wollen.
Bei den Neos ist es zwar ungewiss, ob sie den Einzug in den Wiener Gemeinderat schaffen. Aber sie haben jedenfalls in Wien bessere Aussichten als im Rest der Nation. Wien ist in hohem Ausmaß eine Studentenstadt; und bei den ÖH-Wahlen hat der dortige Ableger der Neos recht gut reüssiert. Überdies haben die Neos in Wien die beste Spitzenkandidatin, die sie bisher irgendwo in eine Wahl geschickt haben. Sie wirkt vor allem im Vergleich zum esoterisch verblasenen Bundes-Chef der Neos recht vernünftig und geerdet.
Aber auch die Wiener ÖVP will am liebsten mit Häupl zusammengehen. Das wird ihr zwar so wie schon bei der letzten Wahl eine überaus herbe Niederlage bescheren. Aber das liegt auf dem Kurs der Bundes-ÖVP, die sich offensichtlich bewusst zu einer reinen Wirtschaftspartei zurückentwickeln will. Sie übersieht dabei: Mit einer klugen Wirtschaftspolitik kann man zwar gut regieren – könnte man zumindest. Aber als reine Wirtschaftspartei sind nur in seltenen Ausnahmefällen – etwa mit einem tollen Spitzenkandidaten – mehr als zehn Prozent der Wähler zu gewinnen. In Wien fehlen der ÖVP die bäuerlichen Wähler, die in anderen Bundesländern ihr Rückgrat sind. Und auf die wertkonservativen, bürgerlichen, traditionell-christlich geprägten Wähler glaubt sie in einer Art Todestrieb zunehmend verzichten zu können. Obwohl diese immer das größte Wählerreservoir der ÖVP gebildet hatten.
Die Wiener SPÖ muss also alles in allem keineswegs ihre Zukunftshoffnungen fahren lassen: Sie wird auch bei der erwartbaren Mega-Schlappe unter mehreren potenzielle Partnern wählen können, die bereit sind, sie weiter an der Macht zu halten.
Die FPÖ hingegen wird sich wohl schwer tun, am Abend nach ihrem nun fast sicheren Triumph in der Schlacht um Wien auch nur einen einzigen Partner zu finden. Es sei denn, sie kommt auf über 40 Prozent. Was aber recht unwahrscheinlich erscheint.
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.