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Mit Gerd Bacher ist der wohl wichtigste, aber auch immer wieder am wildesten angefeindete Medienmacher Österreichs abgetreten. Er war ein Mann mit einem – wohl zu Recht – großen Ego. Er war ein Mann mit starken Visionen und erstaunlicher Umsetzungsstärke. Er war vor allem ein Mann des totalen Kontrastes zu den heutigen Zwergen, Parteilakaien und einäugigen Ideologen insbesondere im öffentlichen Rundfunk.
Gerd Bacher war der einzige Mann, der eine Zeitlang wirklich die Unabhängigkeit des öffentlichen Rundfunks lebte (höchstens Gerhard Zeiler könnte man noch bei gewisser Toleranz in diese Kategorie einordnen). Nur durch Bacher konnte einst der Befreiungsschlag für Rundfunk und Fernsehen, also eine weitestmögliche journalistische Unabhängigkeit, echter Pluralismus und gelebte Qualitätsorientierung wirklich Realität werden, den das große Rundfunkvolksbegehren der unabhängigen Zeitungen verlangt und den dann der (zu Unrecht selten dafür gerühmte) Bundeskanzler Josef Klaus nach seinem Wahlsieg ermöglicht hatte.
Dass dann gerade Klaus zum Opfer der großen ORF-Blüte der ersten Bacher-Jahre geworden ist, weil sein Gegenspieler Bruno Kreisky viel geschickter auf der Klaviatur eines unabhängigen Rundfunks zu spielen vermochte, ist eine der vielen dialektischen Wendungen und Widersprüchlichkeiten, die das Leben Bachers geprägt haben. Eine andere solche Wendung ist die Tatsache, dass aus dem einstigen Boulevard-Journalisten Bacher der Vater der größten Qualitätsentwicklung im ORF geworden ist. Oder die erstaunliche Wendung, wie aus dem begeisterten jugendlichen Soldaten in Hitlers kriminellem Krieg dann Bacher als Erfinder und Ermöglicher der Portisch-Serien Österreich I und II wohl der wichtigste Vater einer rot-weiß-roten Identitätsbildung geworden ist.
Ähnlich Widersprüchliches hat sich auch mehrmals zwischen Bacher und Kreisky abgespielt. Zuerst war Bachers ORF die wichtigste Hilfe für Kreiskys Machtergreifung; dann aber setzte Kreisky alles daran, um Bacher aus dem ORF hinauszubringen. Was ihm auch – befristet – gelang. Dann aber gab es wieder ein signifikantes Arrangement zwischen diesen beiden Alpha-Tieren.
Womit wir bei der größten Widersprüchlichkeit in Bachers Leben geworden sind. Denn trotz seines anfangs großen und erfolgreichen Einsatzes für die Unabhängigkeit des ORF, ging Bacher später dann eine Reihe – nun sagen wir: nicht ganz sauberer und transparenter Deals mit der Macht ein. Ohne diese unerfreulichen Kompromisse wäre es Bacher freilich im real existierenden Österreich nicht geglückt, fünf Mal Generalintendant des ORF zu werden.
Aber dennoch war auch Bachers Kompromiss-ORF noch immer um Eckhäuser relevanter, objektiver und unabhängiger als der heutige stramme Linksfunk. Aber auch an dieser Entwicklung nach ihm ist Bacher nicht unschuldig: Er hatte es tatenlos hingenommen, dass sich vor allem die politischen Redaktionen des ORF fast nur noch mit sozialistischen, trotzkistischen, maoistischen Angehörigen der 68er Generation gefüllt hatten. Er fühlte sich in seiner parteiunabhängigen Bürgerlichkeit und auch Intelligenz den Linken aber locker gewachsen (auch mit Hilfe eines Alfons Dalma oder des von seiner Partei emanzipierten Helmut Zilk).
Was er aber übersehen hatte: Nach seinem Abgang war dann plötzlich überhaupt niemand da, der noch ein Gegenwicht zu den Linken gebildet hätte. Und die letzten Bürgerlichen in der ORF-Spitze waren entweder auf rein kaufmännische Abstellgleise abgeschoben, waren schwach (wie Monika Lindner) oder dicke Alliierte der Linken (wie Gerhard Weis).
Was sonst noch zu Bacher zu sagen ist: Er war ein sehr lebenslustiger Mensch, ein brillanter Redner, hat jedoch nie Bücher geschrieben. Der lange Atem war seine Sache nicht. Vor allem aber war er in seinen Urteilen über andere Menschen immer sehr radikal. Entweder er fand jemanden „her-vor-ra-gend“ oder als „Ka-ta-stro-phe“. Lauwarme oder einerseits-andererseits-Urteile waren nie seine Sache.
PS.: Persönlich war ich mit Bacher nur ein Jahr beruflich verknüpft. Da war er als „Presse“-Herausgeber ein entscheidender Mitkämpfer für Rettung und Qualität des Blattes, das damals in einer argen Krise war (anfangs war ich übrigens sehr gegen seine Berufung, weil ich diese als Geldverschwendung eines ohnedies defizitären Unternehmens ansah. Und weil ich zusammen mit einigen Kollegen zu recht argwöhnte, dass Bacher seine „Presse“-Zeit primär dazu benutzen würde, um eine neuerliche ORF-Kandidatur vorzubereiten).
PPS.: Noch eine zweite Episode machte mich später dankbar gegenüber Bacher, auch wenn ich mich kurzfristig sehr über ihn ärgerte: Eine Reihe von ORF-Redaktionsleitern wollte mich damals zum Fernsehen holen – bis das dann an einem Veto Bachers scheiterte. Nie werde ich erfahren, was dafür die Beweggründe waren. Er kannte mich damals kaum, war ich doch 24 Jahre jünger (Eine Bevorzugung eines Konkurrenten konnte jedenfalls nicht sein Motiv gewesen sein, denn der schon im Amtsblatt der „Wiener Zeitung“ für mich ausgeschriebene Posten wurde dann erst ein dreiviertel Jahr später besetzt). Später war ich dann sehr froh, nie in dem Intriganten-, Eitelkeits- und (nun) Ideologiestadel ORF gelandet zu sein.