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Die schon jetzt auf dem schmerzenden Rücken der Patienten tobende Schlacht zwischen Rathaus und Wiener Ärztekammer eskaliert immer mehr. Es ist zwar im Grund „nur“ ein klassischer Arbeitskampf zwischen Arbeitgebern und Arbeitnehmern. Jedoch sind die Fronten verkehrt: In diesem Krieg fungiert die SPÖ als Arbeitgeber – und zwar viel brutaler, als es die österreichischen Unternehmer in den letzten Jahren versucht haben.
Die Rathaus-SPÖ gibt sich so, wie es der sozialistischen Geschichtsschreibung zufolge der Manchester-Liberalismus getan hat. Erstaunlicherweise wird sie dabei auch von der Gemeindeangestellten-Gewerkschaft unterstützt. Das erstaunt aber deutlich weniger, sobald man sich in Erinnerung ruft, dass diese Gewerkschaft immer schon eine gehorsame Außenstelle der Rathaus-SPÖ gewesen ist und noch nie die Interessen der Ärzte vertreten hat (auch nicht die der angestellten).
Die Wiener Gesundheitsstadträtin Wehsely kündigt nun als Eskalation des Krieges öffentlich an, die Ärztekammer als Vertretung der Ärzte einfach auszuschalten. Sie will die Kammer aus Gremien wie einer schon fixiert gewesenen „Monitoringkommission“ einfach hinauswerfen. Wehsely: „Ich kann nicht einer Vertretungsgruppe eine Rolle zukommen lassen, die das gemeinsam erzielte Ergebnis ablehnt.“
Der Anlass: Die Ärzte beziehungsweise die Ärztekammer haben Verhandlungsergebnisse abgelehnt, die zuvor von einigen Funktionären mit der Gemeinde vorverhandelt worden waren. Was freilich auch bei Kollektivvertragsrunden immer wieder passiert, also bei Arbeitskonflikten ganz normal ist.
Daher ist die Reaktion Wehselys ungeheuerlich. Sie agiert so, wie wenn die Wirtschaftskammer als Arbeitgebervertreter die Gewerkschaft aus allen gemeinsamen Gremien hinauswerfen würde, weil bei einer Urabstimmung ein Verhandlungsergebnis abgelehnt worden ist. Wie wenn die Unternehmer dekretieren würden, dass die Gewerkschaftsvertreter nicht mehr in Aufsichtsräten sitzen dürften.
Man stelle sich vor, wie SPÖ und Gewerkschaft reagieren würden, wenn Österreichs handzahme Wirtschafts-Exponenten plötzlich so vorgingen. Da stünde die Republik wohl in Flammen. Und parteinahe „Experten“ würden in ORF-Sondersendungen den Untergang von Rechtsstaat und Demokratie verkünden. Aber im – sich offensichtlich immer mehr von Rechtsstaat und Demokratie entfernenden – Wiener Rathaus glaubt man, sich das leisten zu können. Obwohl man damit am Fundament der Sozialpartnerschaft rüttelt, welche die SPÖ selbst (zusammen mit der ÖVP) vor kurzem sogar in der Verfassung verankert hat.
Die Wiener SPÖ hat jetzt jedenfalls binnen weniger Wochen sowohl Ärzten wie Lehrern offen den Krieg erklärt. Diese Gruppen werden als potentielle Wähler aufgegeben. Die Partei setzt nur noch auf „Krankenschwestern und Feuerwehrleute“. Diese Zielgruppen-Definition hat jedenfalls erst vor kurzem der Bundesparteichef der SPÖ kundgetan. Das sind nicht mehr sehr viele potentielle SPÖ-Wähler. Das heißt auf Deutsch: Rückzug mit den letzten treuen Bataillonen in die Wagenburg.
Wer im eigentlichen Gehalts- und Honorarstreit rund um die Spitäler recht behält, ist den Patienten völlig egal. Natürlich schauen die Ärzte auf ihre finanziellen Interessen. Natürlich wollen sie als Folge einer angeordneten (nicht erkämpften) Reduktion der gesetzlichen Arbeitszeiten nicht weniger verdienen. Natürlich haben sie recht, wenn sie nicht hinnehmen wollen, dass in den Gemeindespitälern gleichzeitig mit der Reduktion der Arbeitszeit skurrilerweise auch noch Hunderte Ärzte-Arbeitsplätze abgebaut werden sollen. Natürlich führt das zu gewaltigem Zusatzstress – und vor allem zu einer viel gehetzteren Zuwendungszeit für die Patienten.
Aber umgekehrt hat auch die Gemeinde im Prinzip völlig recht, wenn sie Angst hat vor den explodierenden Kosten des Gesundheitssystems. Wenn sie da zu bremsen versucht. Nur muss sie sich dabei schon dreierlei vorhalten lassen:
Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.