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Hoch die Justiz!

Solange es solche Richter gibt, ist dieses Land doch noch nicht verloren. Trotz der mafiösen Zustände in manchen Behörden und Parteien. (mit nachträglicher Ergänzung)

"Es tut mir leid, und das sage ich sonst nie, was Sie in den vergangenen zwei Jahren über sich ergehen lassen haben müssen." Solch ungewöhnliche Worte sprach eine Wiener Strafrichterin zum angeklagten Ex-Präsidenten des Obersten Gerichtshofs, Johann Rzeszut. Und sprach ihn (noch nicht rechtskräftig) frei.

Damit ist nun zum zweitenmal ein pensionierter Gerichtspräsident freigesprochen worden. Letztlich sind beide vor allem deshalb vor Gericht gezerrt worden, weil sie es gewagt hatten, deutliche Kritik an der Staatsanwaltschaft Wien und deren Tun und vor allem Nichtstun in der Causa Kampusch zu üben. Alleine diese Tatsache und erst recht die jetzige Formulierung einer unabhängigen Richterin müssten endlich und dringend Justizminister Brandstetter aus seiner Behäbigkeit wachrütteln und zu energischem Vorgehen gegen diese StA Wien veranlassen. Und da jeder Fisch am Kopf zu stinken beginnt, ist eigentlich auch völlig klar, was genau zu tun ist.

Denn alles, was diese Staatsanwaltschaft jetzt Rzeszut zum Verbrechen zu machen versucht hatte, war der Umstand, dass er über die Zahl der Telefonate mit einem Kriminalbeamten falsch ausgesagt haben soll. Dieser hatte auf eigene Faust einen DNA-Test von einer eventuellen Kampusch-Tochter einzuholen versucht (die Existenz dieser Tochter ist einer der vielen nie geklärten Aspekte der Kampusch-Affäre, wobei aber die mutmaßliche Involvierung von mehreren Tätern in die Entführung und Festhaltung Kampuschs der eigentliche Hauptvorwurf ist).

Wegen dieses „Kapitalverbrechens“ des Versuchs eines nicht genehmigten DNA-Tests hat diese Staatsanwaltschaft Wien zwei Jahre lang ein Verfahren auch gegen Rzeszut geführt. Sie hatte nicht weniger als 70 Erhebungsschritte (etwa Verhöre) gesetzt. Und sie hatte sogar das Instrument Rufdatenerfassung eingesetzt, das eigentlich nur zur Verfolgung von Terroristen und anderen Schwerstkriminellen geschaffen worden war (solche Missbräuche haben dann prompt zum Verbot der – an sich im Krieg gegen den Terror durchaus notwendigen – Rufdatenerfassung geführt).

Und zugleich der Aliyev-Skandal

Das ist dieselbe Staatsanwaltschaft, die sich sonst in vielen Verfahren durch unerträgliche Untätigkeit auszeichnet. Die es offenbar nicht einmal interessiert, dass ein Wiener SPÖ-Anwalt unter massivem Verdacht des österreichischen Verfassungsschutzes steht, für den kasachischen Geheimdienst zu arbeiten.

Das ist dieselbe Staatsanwaltschaft, die jetzt nur unter massivstem Druck der Öffentlichkeit eine zweite, intensivere Untersuchung des angeblichen Selbstmordes des kasachischen Dissidenten Aliyev durchgeführt hat. Was dann plötzlich zum Zusammenbruch der ursprünglich von der StA verbreiteten These eines Selbstmords geführt hat. Denn im Blut Aliyevs waren Betäubungsmittel zu finden!

Damit ist wohl so gut wie sicher, dass Aliyev ermordet worden ist. Damit ist wohl endgültig bewiesen, dass da rund um die mittelasiatische Diktatur Kasachstan, rund um einige Politiker, aber eben leider auch Teile der Justiz eine schwerst kriminelle Seilschaft am Werk ist, die auch vor Entführungen und Morden nicht zurückschreckt. Gleichzeitig tauchen jetzt auch intensive Spuren einer riesigen Parteifinanzierung in dreistelliger Millionendimension (zugunsten der SPÖ) auf.

Es überrascht zwar nicht, dass das bestimmte Staatsanwälte nicht gerade intensiv aufdecken wollen. Es überrascht aber, dass der Justizminister weiter untätig ist.

Aber dennoch: Solange es solche mutige Richter gibt, die zu keinerlei Kumpanei mit den Staatsanwälten bereit sind, ist das alles noch kein Grund zur endgültigen Verzweiflung.

Man erinnere sich nur: Auch ein anderes gigantisches Verbrechen im Dunstkreis der SPÖ, der Lucona-Massenmord, ist letztlich nur durch einen einsamen, aber mutigen und charakterstarken Untersuchungsrichter aufgedeckt worden. Auch damals hat die halbe SPÖ jahrelang alles getan, damit die Sache vertuscht wird. Und auch ein prominenter Raiffeisenboss hat ihr dabei zu helfen versucht.

PS.: Auch die FPÖ hat keinen Grund zur Freude: Denn viele der problematischen Personalmaßnahmen in der Staatsanwaltschaft gehen auf ihren einstigen Justizminister Böhmdorfer zurück.

Nachträgliche Ergänzung: Wenige Stunden nach diesem Bericht hat Justizminister Brandstetter nun erfreulicherweise doch gehandelt: Er hat eine unabhängige und externe "Beratungskommission" zum Fall Aliyev eingesetzt. Freilich: Die eigentliche Kompetenz ist bei der Staatsanwaltschaft Wien geblieben. Aber diese Kommission ist halt ein Versuch des Justizministers, der StA doch zumindest ein wenig besser auf die Finger zu schauen, ohne aber gleich große Kompetenzdiskussionen auszulösen. Freilich: Auch im Fall Kampusch hat es eine Zeitlang eine solche Kommission gegeben. Sie konnte sich aber nie vom Gängelband der Staatsanwaltschaft lösen. Bei Verteidigung ihres Territoriums agieren dort offensichtlich Profis.

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