Die Logik des Wifo
03. Februar 2015 02:46
| Autor: Andreas Unterberger
Lesezeit: 3:00
Immer wieder erstaunlich, welche Ratschläge sogenannte Wirtschaftsforscher abgeben.
Ein paar Schmankerl:
- Im Fernsehen trat der Wifo-Chef auf und empfahl im Kampf gegen die rasch steigende Arbeitslosigkeit eine Lohnsteuersenkung. Nichts gegen Steuersenkungen, aber die Logik des Wirtschaftsforschungsinstituts ist enden wollend. Denn sie sagt im Kern: Wenn den Arbeitnehmern vom Staat weniger Lohnsteuer abgenommen wird, dann werden mehr von ihnen angestellt. In Wahrheit wird jedoch dadurch kein einziger Angestellter für Arbeitgeber auch nur um einen Euro billiger.
- Der gleiche Herr Aiginger will das Beschäftigen eines Arbeitnehmers in bestimmten Fällen sogar noch teurer machen als bisher. Er fordert nämlich – ganz zufällig ganz auf der Linie seiner Auftraggeber aus der Arbeiterkammer –, dass die Einkommen gleicher werden müssten. Dass bedeutet einerseits eine Erhöhung der niedrigen Einkommen; das wiederum bedeutet, dass es noch teurer für einen Arbeitgeber wird, wenig qualifizierte Mitarbeiter für einfache Arbeiten anzustellen; aber gerade in diesem Sektor gibt es viele Arbeitslose.
Der Aiginger-Plan hat aber auch am anderen Ende der Einkommensliste negative Folgen: Denn er bedeutet ja auch, dass Spitzenverdiener weniger Geld bekommen sollen. Das wiederum hat zur Folge, dass Leistungsträger noch mehr abgeschreckt werden als schon jetzt, da sie in Österreich die fast weltweit höchste Einkommensteuerbelastung tragen. Viele werden ihre Leistungsbereitschaft reduzieren. Viele werden sich in der Schweiz, in Deutschland, in Amerika um einen Job umschauen. Wo Spitzenverdiener (schon jetzt!) nicht nur brutto, sondern vor allem auch netto deutlich mehr verdienen.
Aiginger ignoriert übrigens auch, dass laut dem Gini-Index die Einkommensverteilung in Österreich im weltweiten Vergleich jetzt schon sehr „gleich“ ist. Und dass sie zuletzt noch gleicher geworden ist. Etwas ungleicher sind hierzulande die Einkommen nur dann, wenn man sie vor dem Zugriff von Steuern und Abgaben vergleicht.
- Natürlich plädiert der Mann auch für die Neueinführung eines „Minimums“ an Erbschaftssteuer. Gewiss wird auch das die österreichische Wirtschaft gewaltig ankurbeln.
- Ähnlich köstlich war ein paar Tage davor ein Herr Scheiblecker vom gleichen Wifo. Der riet der Regierung „derzeit von einem Sparpaket“ ab. Wenige Sätze weiter wünschte er sich, „dass bei Ausgaben gespart wird“. Das gibt’s wirklich nur beim Wifo und in keinem anderen Etablissement: Man ist fürs Sparen, aber gegen ein Sparpaket. Tolle Logik.
- Wenige Tage davor hat dasselbe Wifo immerhin zugeben müssen, dass das Budgetdefizit auch langfristig weit höher ausfallen wird, als von ihm und der Regierung immer prophezeit worden ist. Und dass sich der fürs kommende Jahr versprochene Budgetausgleich – den die Deutschen schon im Vorjahr erzielt hatten! – im Nebel auflöst.
Eine eher späte Ehrlichkeit. Denn seriöse Ökonomen hatten das schon lange prophezeit. Aber die Regierungspropaganda ließ es halt nicht zu. Das erinnert mich übrigens an einen Satz meines einstigen Ökonomieprofessors Erich Streissler: Dieser sagte einmal in seinem gepflegten Zynismus: „Wundern Sie sich nicht: Am Ende sind die Konjunkturzahlen immer um mindestens einen Prozentpunkt schlechter als vorher vom Wifo prophezeit."
Österreichische Wirtschaftsforscher halt. Und das IHS, das zweitgrößte einschlägige Institut, wird jetzt auch von der SPÖ übernommen. Da werden wohl die Ratschläge auf ein ähnliches Niveau absinken.
PS.: An die Logik des neuen griechischen Finanzministers Yanis Varoufakis kommen diese Institute allerdings noch nicht heran. Dieser hat nun nach dem De-facto-Scheitern der griechischen Schuldenschnitts-Forderungen eine neue Idee: Die griechischen Anleihen sollen in solche mit unbegrenzter Laufzeit umgewandelt werden. Also auf deutsch nie zurückgezahlt werden (und die Zinsen sind eh schon minimal). Bitte: Ich möchte auch ein paar solche Kredite haben, die man nie zurückzahlen muss. Genial.
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