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Der Nationalrat hat ein neues Salzamt geschaffen: Es nennt sich „Petitionen und Bürgerinitiativen“. Eindrucksvoll ist dabei nur der unverdrossene Glaube von einigen Bürgern: Sie haben nicht weniger als 105 solche Initiativen im Parlament eingebracht. Sie glauben also offenbar noch immer an die Schmähs der Parlamentarier, die Bürger hätten mit diesen Instrumenten eine echte demokratische Mitsprache bekommen.
So wie einst nach Einführung des Instruments Volksbegehren sehen auch jetzt wieder Zehntausende Menschen den Weg offen, wie sie mitbestimmen könnten. Sie tun mir leid. Ihr Idealismus wird natürlich ins Leere gehen. Das Petitionenamt wird sich ebenfalls als Salzamt erweisen.
Es wird freilich nicht mehr so lange dauern wie bei den Volksbegehren, bis die Bürger das üble Spiel durchschauen, und bis dann auch die Petitionen ebenso tot sind, wie es heute schon das Instrument Volksbegehren ist. Aber vielleicht ist dann auch das parlamentarische System tot. Denn das Misstrauen der Menschen gegenüber der repräsentativen Demokratie ist schon in den letzten Jahren dramatisch gewachsen. Der Zorn der Menschen wird aber noch weiter wachsen, wenn sich neuerlich zeigt, dass die politische Klasse weiterhin nicht bereit ist, die Macht mit irgendjemandem zu teilen.
Man mache sich nur bewusst, dass sich die Politik oft nicht einmal innerhalb einer Fraktion einigen kann, geschweige denn innerhalb dieser Koalition. Das macht eine – gleichsam zusätzliche – Einigung mit den Bürgern noch viel unwahrscheinlicher. Man wird ihre Petitionen halt nur ewig von einem Ausschuss zum anderen weiterschieben. Und dann vergessen.
Dazu kommt, dass etliche Petitionen reine Wunschbriefe ans leider nicht vorhandene Christkind sind: Denn – beispielsweise – die Elektrifizierung einer Bahnlinie im Südburgenland zu fordern, schafft ja noch nicht das dafür notwendige Geld herbei.
Gerade solche Witz-Petitionen machen klar: Will man wirklich die Demokratie retten, führt kein Weg an einer echten Direkten Demokratie vorbei, bei der Volksabstimmungen von den Bürgern erzwungen werden können. Alles andere als obligatorische Referenden sind reine Ablenkungs- und Beschwichtigungsversuche, die nur die Entmündigung der Bürger perpetuieren sollten. Wer bei einer Volksabstimmung verliert, weiß wenigstens, woran er ist. Beim parlamentarischen Zutodestreicheln fühlt sich der Bürger nur noch gefrotzelt.
Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass das EU-Parlament fast die gleichen Tricks praktiziert. Europaweit hat schon die Ernüchterung eingesetzt: Trotz vieler Millionen Unterschriften hat das EU-Parlament aus vielen Ländern kommende Petitionen einfach im Müll entsorgt. Zur Verbitterung etwa von europäischen Familien- und Lebensschutz-Initiativen, die zuvor Zehntausende Arbeitsstunden in das Sammeln von Petitions-Unterschriften investiert und Europas größte Petition initiiert hatten. Die aber dennoch gegen die Präpotenz - in diesem Fall linksideologischer Politiker (rot-grün-pink) - keine Chance hatten.
Zurück zum Wiener Parlament: Dieses nimmt nicht nur die Bürger nicht ernst, sondern auch sich selbst nicht. Das zeigen gleich zwei neue Beispiele. Das eine ist die „Parlamentarische Bundesheerkommission“. Diese verfasst jedes Jahr einen Bericht – jedoch sind diese Berichte seit vollen fünf Jahren nicht einmal in einem Ausschuss, geschweige denn im Plenum behandelt worden! Angesichts der Lage des Heeres ist das vielleicht für die Koalition auch ganz richtig, gar nicht darüber zu reden.
Das hat der Neos-Mann Vavrik jetzt enthüllt. Der mir an sich völlig unbekannte Mann ist anscheinend auch der einzige Neos-Abgeordnete, dem man zuhören kann, weil er deutsch redet und nicht genderisch.
Ebenfalls provozierend ist die neue gesetzliche Regelung der Beamtenentlohnung. Diese Novelle ist binnen einer Woche von der Regierung beschlossen, im Ausschuss „debattiert“ und dann im Plenum abgesegnet worden. Ohne jede Begutachtung! Eine 40-seitige Materie! „Husch Pfusch“ und „Verhöhnung des Parlamentarismus“ sind für dieses Vorgehen geradezu noch freundliche Bezeichnungen. Aber Koalitionsabgeordnete nicken heutzutage offenbar wirklich alles ab, auch ihr eigenes Todesurteil.
Kein Wunder, dass diese Vorgangsweise postwendend bereits den ersten Streik (der immer schon sehr streiklustigen Richter und Staatsanwälte) ausgelöst hat. Die Gewerkschaft behauptet, durch die Novelle würden manche Beamte Tausende Euro Lebensverdienstsumme verlieren. Die Regierung wiederum – in Person einer Frau Steßl – redet nur herum und stellt gleich wieder die nächste Novelle in Aussicht. Kein Mensch weiß angesichts dieses Schludrigkeit geradezu herbeizwingenden Tempos vorerst wirklich, wer recht hat.
Die Novelle ist jedenfalls die Reaktion auf ein schon vor Monaten gefälltes Urteil des Europäischen Gerichtshofs. Dieser hat sich dabei neuerlich und neuerlich überflüssigerweise in nationale Themen wie Österreichs Beamtenentlohnung eingemischt.
Dabei war diese eine problemarme Zone. Aber (europäische wie österreichische) Höchstrichter schaffen ja in letzter Zeit ständig auch dort riesige Probleme, wo es keine echten gegeben hat. Diese nie gewählten und im total abgeschirmten Raum werkenden Höchstrichter entwickeln zunehmend einen krankhaften Einmischungs- und Allwissenheitswahn. Und sie hebeln dadurch zunehmend die Demokratie aus. Dafür haben sie sich halt eine Zeitlang daran erfreuen können, wie die Macht schmeckt.
Was die Sache besonders absurd macht: Schon vor zwei Monaten wusste ein auf Arbeitsrecht spezialisierter Rechtsanwalt, dass durch dieses EuGH-Urteil eine Milliarden-Bedrohung auf die Staatsfinanzen zukomme. Und dass die Regierung dringend handeln müsste, um diesen Schaden abzuwenden.
Sie hat aber zwei Monate geschlafen, um dann binnen weniger Tage ein riesiges Gesetz durchzupeitschen. Das ohne die notwendige Begutachtung sicher wieder viele Fehler enthält, was weitere Blitz-Novellen notwendig machen wird.