Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Nur ein großes Europa könne längerfristig seine wirtschaftliche Bedeutung bewahren: So begründete Wifo-Chef Aiginger dieser Tage ein Plädoyer, warum Griechenland unbedingt beim Euro bleiben solle. Alles andere hält er für „weltpolitisch völligen Unsinn“. Eine seltsame Logik.
Zum ersten ist erstaunlich, dass ein Wirtschaftsforscher zu rein politischen Argumenten greift: offenbar kann er anders sein Festhalten an der ewigen Griechenland-Hilfe gar nicht mehr begründen. Zum zweiten gleicht der schlichte Glaube an Größe den Gesinnungen des 19. Jahrhunderts und der Zeit vor den beiden Weltkriegen. Damals haben viele gemeint, Größe sei entscheidend, nur sie mache wohlhabend. Heute glaubt man das hingegen nur noch in Wifo und EZB.
Heute sollten aber auch Wirtschaftsforscher wissen, dass das ein völlig falsches Denken war. Heute liegen in allen globalen Wohlstands-Statistiken immer kleine Länder an der Spitze: die Schweiz, Singapur, Liechtenstein, Norwegen. In der EU ist das winzige Luxemburg am reichsten und in Ostasien ist es Hongkong und nicht etwa die riesige Volksrepublik. Auf der anderen Seite befindet sich Russland, das territorial größte Land der Welt mit seinen riesigen Rohstoffschätzen, in steilem Abstieg von einem auch davor bescheidenen Prokopf-Niveau. Und Österreich selbst steht – gerade der 100-jährige Rückblick macht das bewusst – absolut wie relativ heute viel besser da als einst die große Monarchie. Lediglich das kulturelle und wissenschaftliche Niveau war im damaligen Wien höher als heute.
Diese Erkenntnis ist freilich alles andere als eine Absage an einen Binnenmarkt. Je größer dieser ist, je weniger Zoll- und andere bürokratische Schranken die Wirtschaft behindern, umso besser für Konsumenten wie Produzenten. Deswegen wären auch die Handelsabkommen mit den USA und Kanada für alle Seiten so wichtig. Deswegen hat in den letzten sechs Jahrzehnten jeder Schritt hin zu einem globalisierten Weltmarkt so positive Wirkungen für die Menschheit gehabt.
Am allermeisten haben immer die Kleinen vom Weltmarkt profitiert. Übrigens auch Österreich. Kleine Länder brauchen offene Grenzen, den freien Zugang zum globalisierten Handel. Sie brauchen aber keine Größe.
Denn Größendenken schafft in vielerlei Hinsicht auch gewaltige Probleme. Selbst das riesige Russland fürchtet sich, wenn es nicht sein „nahes Umfeld“ unter halbkolonialer Kontrolle halten kann. Viele EU-Richtlinien passen überhaupt nicht für die ganze Union; Wasserknappheit ist ein süd-, aber kein mittel- und nordeuropäisches Problem; die Haltung zu Leistung, Arbeit und Lebensfreude wiederum wird zwischen Deutschland und Griechenland immer eine total andere sein – um nur zwei von hunderten Beispielen zu nennen.
Daher sollten auch Wirtschaftsforscher begreifen: Bei Handel, Kommunikation, Kultur- und Reiseaustausch ist jeder Schritt Richtung Globalisierung (nicht nur Europäisierung) gut. Bei vielem anderen bewährt sich die Subsidiarität viel besser, die möglichst kleine Einheit, die regionale Anpassung, die Nähe von Herrschern und Beherrschten.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.