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Nur ein freier Mietzins schafft freie Wohnungen

Was hat Venezuela oder die ehemalige DDR mit dem Wohnbau in Wien zu tun? Da wie dort beweist sich ein ehernes ökonomisches Gesetz: Dort wo populistische Politiker und nicht der Markt Preise festsetzen, scheitern sie; mittelfristig werden die Waren knapp, ob das nun Güter des täglichen Bedarfs in der DDR oder Venezuela sind oder Wohnungen in Wien.

Es ist irgendwie erstaunlich. Diese Gesetzmäßigkeit hat sich schon hunderte Male bewiesen, aber dennoch wird immer wieder nach „Preisregelung!“ gerufen, kaum dass irgendwer gestiegene Preise konstatiert. Solche Rufe ertönen an Wirtshaustischen, in Boulevard-Medien und bei populistischen Politikern.

Natürlich hätte es jeder Konsument lieber, wenn er etwas billiger bekommt. Aber noch wichtiger ist jedem Konsumenten, dass er überhaupt das Gewünschte bekommt. Das hängt aber untrennbar mit den Preisen zusammen.

Steigende Preise, so unangenehm sie in den Ohren der Käufer auch sind, transportieren nämlich ein ganz zentrales Signal an potenzielle Produzenten: Es ist notwendig und sinnvoll, eine bestimmte Ware zu produzieren, beziehungsweise mehr davon zu produzieren, denn es gibt damit etwas zu verdienen.

Werden die Preise hingegen unter das Marktniveau hinunterlimitiert, dann wird kein zusätzlicher Produzent motiviert, dann geben zunehmend die noch aktiven Hersteller auf. Und schon gar nicht bekommen sie Lust, die Qualität einer Ware zu steigern. Das alles trifft genauso für die landwirtschaftliche Produktion von mehr oder besseren Lebensmitteln wie etwa auch für die industrielle Herstellung von Drogeriewaren zu.

Wer in diesen Jubiläumstagen Reportagen über das Leben in der einstigen DDR und anderen realsozialistischen Ländern liest, der bekommt hautnah vermittelt, wie sehr die Planwirtschaft sogar bei simplen Dingen wie Strumpfhosen oder Bananen versagt hat. Der bekommt in Erinnerung gerufen, dass man damals mindestens 10 bis 15 Jahre auf ein klappriges Trabant- oder Wartburg-Auto warten musste. Der erfährt, wie parallel zu dieser nichtfunktionierenden Planwirtschaft fast für jedes Gut ein illegaler Schwarzmarkt geblüht hat, der durch geschmuggelte Devisen und Korruption der Nomenklatura in Gang gesetzt worden ist.

Wer im heutigen sozialistischen Venezuela lebt, der muss selbst um ein Stück Seife kämpfen und der ist mit 14 Jahren Haft bedroht, wenn er diese Seife – oder irgendwelche anderen Konsumartikel – ins Ausland bringt. Ja selbst Benzin gibt es nicht mehr ausreichend, obwohl Venezuela eigentlich eines der ölreichsten Länder der Welt ist. Aber niemand hat seit Jahren in die Erneuerung der verrostenden Ölförderanlagen des Landes investiert. Auch der Staat hat dort längst keine Devisen mehr dafür, weil er alles Geld für populistische Wahlgeschenke ausgegeben hat. In der nächsten Stufe droht das früher so wohlhabende Land nun deshalb total in einem Sumpf aus Kriminalität und Gesetzlosigkeit zu versinken.

Bis auf diese letzte Stufe fühlt man sich angesichts der in Wien tobenden Mietendiskussion haargenau an solche Staaten erinnert.

Die Fakten: In Wien werden in den letzten Jahren alljährlich um 2000 bis 3000 Wohnungen zu wenig für den steigenden Bedarf gebaut. Der Hauptgründe der zu rasch steigenden Nachfrage gibt es viele:

  • Weil trotz des großen Geburtendefizits die Einwohnerzahl steigt.
  • Weil trotz der Arbeitslosigkeit (die in Wien weitaus am höchsten ist!) junge Menschen aus den Bundesländern in großer Zahl zuziehen.
  • Weil die Universitätsstadt Wien heute Zehntausende deutsche Studenten zum unlimitierten Gratisstudium anlockt (da hier ja auch nicht die Hürde des in Deutschland üblichen Numerus clausus besteht).
  • Weil in Wien die großzügige Grundsicherung weit freigiebiger zuerkannt wird als im Rest der Republik.
  • Weil die Zuwanderer aus ganz Mitteleuropa, aus dem Balkan und der Türkei vor allem in Wien Andockstationen vorfinden.
  • Weil in Wien in Relation mehr Asylwerber untergebracht werden als in den meisten anderen Bundesländern.
  • Weil in vielen – sehr billigen – Gemeindewohnungen, die eigentlich für soziale Notfälle dasein sollten, heute reich gewordene Aufsteiger leben, die selbst auch im Fall eines Nationalratsbezugs ihre günstige Gemeindewohnung behalten.
  • Weil Wien für viele reiche Russen das nächstgelegene Ziel ist (oder war?), um ihr nicht immer ganz sauberes Fluchtgeld in Betongold anzulegen.
  • Weil in Wien noch immer große Altbauwohnungen zu einem absurd niedrigen Mieterschutz-Zins bewohnt werden, obwohl sich die dort lebenden Hofratswitwen oft in einer viermal kleineren Wohnung wohler fühlen würden, die sie sich aber nicht leisten können.

Das Auseinanderklaffen von Bedarf und Wohnungsangebot hat also viele Ursachen. Von denen wird aber keine einzige bekämpft (was bei einigen durchaus möglich wäre). Statt der Ursachen ist jedoch den Symptomen der Kampf angesagt worden.

Die SPÖ hat dabei nun allen Ernstes einen total planwirtschaftlichen Entwurf für ein Universal-Mietrecht vorgelegt. Sie will die Festlegung eines österreichweit gültigen Mietzinses, zu dem es lediglich einige lage- und ausstattungsbedingte Zu- und Abschläge gibt.

Ein absolut absurdes Projekt. Es gleicht total den grandios gescheiterten Fünfjahresplänen im einstigen Ostblock. Es zeigt den ganzen Hochmut und die Selbstüberschätzung von Machthabern, die glauben, die Marktmechanismen ausschalten und durch die eigene Plan-Bürokratie ersetzen zu können.

Mit absoluter Sicherheit führt das zur einzig möglichen Alternative: Entweder die künstlich festgesetzten Mieten sind – etwa für bestimmte Lagen – zu hoch; dann kassieren die Vermieter einen überflüssigen Gewinn (wenn die Wohnungen nicht überhaupt unvermietet bleiben). Oder aber die Mietzinse sind zu niedrig. Dann wird die Knappheit an Wohnungen dadurch noch viel größer. Dann investiert auch niemand mehr in die Qualität; diese bedeutet bei bestehenden Mietshäusern vor allem die Notwendigkeit von Renovierungen (wobei auch Ästhetik eigentlich eine Dimension sein sollte).

Vor allem aber wird niemand mehr Geld in den Neubau von Wohnungen investieren. Denn die sozialistischen Planer wollen auch jeden neugebauten Wohnraum nach 20 Jahren derselben starren Mietzinsgrenze unterwerfen, sodass sich kein Neubau mehr rentiert (Nur Bauten der öffentlichen Hand – Bahnhöfe, Fußballstadien, Wirtschaftsuniversitäten – sind ja nach wenigen Jahren schon wieder abrissreif; Wohnbauten werden länger genutzt).

Wenn kein privates Geld mehr in den Wohnbau fließt, dann bleibt nur noch das Geld der Gemeinde. Die aber hat viel zuwenig davon – sonst könnte sie ja jetzt schon genügend Wohnraum herstellen lassen.

Das Teuflische: Planwirtschaftliches Denken klingt oberflächlich immer als Weg zu einer bequemen Lösung gesellschaftlicher Probleme. Seine katastrophalen Folgen werden hingegen vielfach erst später sichtbar. Bisweilen ist es überhaupt erst eine junge Generation, die dann die nicht mehr reparierbaren Folgen dieses Denkens tragen muss. Die dann etwa in Wien keine Wohnungen mehr findet - so wie es einst im ganzen Ostblock für junge Familien (wenn sie nicht Parteibonzen in der Familie gehabt haben) keine Chance auf eine eigene Wohnung gegeben hat. Und die bestehenden Mietshäuser sind von Jahr zu Jahr verfallen - dafür bei minimalen Mieten.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

 

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