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Noch steht Mitterlehner – die Österreicher liegen schon

Reinhold Mitterlehner hat jetzt ein ÖVP-Steuerkonzept ohne komplett neue Steuern vorgelegt. Auch in der Schuldebatte scheint er doch noch zur Erkenntnis gekommen zu sein, dass eine Zwangsgesamtschule die größte Wählervertreibungsaktion in der (einschlägig durchaus reichhaltigen) Geschichte der Volkspartei wäre. Das macht trotz des kinderverachtenden Einknickens der ÖVP gegen die Schwulen-Lobby beim Fortpflanzungsgesetz erstmals seit Mitterlehners Amtsantritt ein wenig Hoffnung. Jedoch: Auch das ÖVP-Konzept fordert in Wahrheit massive Steuererhöhungen. Und vor allem ist es absurd, nach der Vorlage des mörderischen SPÖ-Steuer-„Konzepts“ noch zu sagen, dass eine Einigung mit dieser SPÖ möglich sei.

Denn das SPÖ-„Konzept“ ist das weitaus Radikalste und Linkste, was die österreichischen Sozialdemokraten seit dem zweiten Weltkrieg verlangt haben. Es ist eine Rückkehr zum unseligen Austromarxismus der Zwischenkriegszeit. Dazu kommt die unfassbare Tatsache, dass die SPÖ nach Jahren des Steuererhöhungs-Getrommels erst in dieser Woche überhaupt erstmals ein „Konzept“ dafür vorgelegt hat, was sie sich eigentlich vorstellt. Dieses Konzept füllt aber gerade eine ganze Seite. Bei sehr großen Zeilenabständen.

Das ist formal wie inhaltlich extrem unseriös. Vor allem aber ist dieses SPÖ-Konzept in der Substanz ein ungeheuerlicher Raubzug auf die Österreicher, der den ganzen Mittelstand trifft. Bei seiner Realisierung wird dieser Raubzug künftig jeden Besitzer einer Durchschnittsintelligenz davon abhalten, in Österreich noch zu investieren.

Denn fast alle Österreicher (bis auf die ÖGB-Funktionäre, an deren Überlebensfäden freilich Werner Faymann hängt) fürchten: Diese Steuer wird eines Tages auch sie treffen. So wie es vor wenigen Jahren noch total unvorstellbar schien, dass die Mehrheit der Österreicher heute schon längst Schilling-Millionäre sind, so werden sie verblüffend bald auch in Euro Millionär sein. Ohne dass es ihnen besser ginge.

Man schaue sich nur die Entwicklung der öffentlichen Gebühren (in der Gemeinde Wien mit 33 Prozent Erhöhung) oder der Grundstückspreise an: Diese sind zuletzt jedes Jahr(!) um acht Prozent gestiegen. Jedes Einfamilienhaus wird daher in wenigen Jahren – zusammen mit Spargroschen, Familienschmuck und Auto – sehr bald den Wert von einer Million übersteigen. Und ab dann sind jedes Jahrzehnt fünf Prozent des übersteigenden Betrags an den Staat abzuliefern (bei größeren Vermögen sogar zehn). Und in jedem weiteren Jahrzehnt weitere fünf oder zehn Prozent. Das ist totale Gleichmacherei wie einst im Kommunismus.

Aber das genügt der sozialistischen Gier noch lange nicht: Erbschaften und Schenkungen über dieser Grenze sollen nach dem Willen der SPÖ zusätzlich mit 25 bis 35 Prozent besteuert werden. Auch ohne Todesfall alle 30 Jahre automatisch. Wer da nicht von einem Raubzug und der größten Diebstahlsaktion der Geschichte seit der Enteignung der Habsburger spricht, muss blind oder rechenunfähig sein.

Selbst, wer glaubt, dass er nie so viel Vermögen haben wird, dass er nie solche Erbschaften hinterlassen wird können, weiß oder spürt zumindest: Dieses Konzept wäre der endgültige Todesstoß für die österreichische Wirtschaft. Viele Unternehmen müssen dann nämlich beim Tod des Eigentümers zugesperrt werden, weil niemand die Erbschaftssteuer finanzieren kann. Und schon vorher wird niemand mehr bereit sein, in österreichische Unternehmen Geld hineinzustecken. Ohne Unternehmen gibt es aber weder Jobs noch Steuer- und Sozialversicherungseinnahmen. Noch ÖGB-Beiträge.

Das alles passiert zu einem Zeitpunkt, da das Land auch schon ohne diesen neuerlichen Raubzug in eine kräftige Depression stürzt! Es ist zwar klar, dass ein Werner Faymann das alles nicht versteht. Aber besonders erschütternd ist, dass – etwa ganz im Gegensatz zur deutschen SPD – auch sonst in den SPÖ-Gremien niemand mehr mit wirtschaftlichem Grundverstand sitzt, oder sich zu äußern wagt.

Angesichts eines solchen Konzepts muss ein ÖVP-Obmann von allen guten Geistern verlassen sein, wenn er dennoch dazu sagt: „Wir sehen noch Spielraum“; und man sei für eine „verhandlungsorientierte Vorgehensweise“. In Wahrheit dürfte ein ÖVP-Obmann auf das SPÖ-Konzept auch nicht mit der legitimen, aber vom wesentlichen Kern ablenkenden Frage reagieren, ob die 30 Jahre des Erbschaftssteuersteuer-Äquivalents der SPÖ denn am Ende sogar rückwirkend gelten sollen (nur mit dieser Verfassungswidrigkeit kann man nämlich den von der SPÖ errechneten Betrag zumindest annähernd aus den Bürgern herauspressen).

Nach der Vorlage dieses SPÖ-Papiers darf ein ÖVP-Obmann vielmehr nur eines sagen: Nein. Punkt. Aus. Da gibt’s nichts zu verhandeln. Davon steht auch nichts im Koalitionsabkommen.

Dieses SPÖ-Papier macht rückwirkend auch klar, wie recht Michael Spindelegger hatte, der keine Steuersenkung versprechen wollte, solange es keinen Konsens über entsprechende Einsparungen OHNE Steuererhöhungen gibt. Und wie doppelt recht er hatte, als er von „Populisten“ in der eigenen Partei sprach, die sehr wohl eine unfinanzierte Steuersenkung verlangten.

Diese ÖVP-Populisten haben eine solche Steuererhöhung nach Spindeleggers Abgang sofort parteioffiziell versprochen. Und nun wollen sie sogar über dieses sozialistische Enteignungspapier „verhandeln“. Ein selbstbewusster ÖVP-Obmann hätte zu diesem „Nein. Punkt. Aus.“ höchstens noch den Satz hinzugefügt: „Wenn die SPÖ dieser Raubzugs-Pläne wegen die Koalition killen will, dann soll sie es tun; wir lassen uns nicht erpressen.“

Auch die ÖVP holt sich die Hälfte bei den Steuerzahlern

Aber wie schaut nun das ÖVP-eigene Papier aus? Hier fehlen jedenfalls alle Pläne für Vermögens-, Erbschafts- und Schenkungssteuern. Das ist lobenswert. Denn es zeigt, dass die ÖVP noch nicht ganz umgefallen ist.

Auch dass die ÖVP – ähnlich wie die SPÖ – eine der offenen fünf Milliarden Euro durch Bekämpfung von Steuer- und Sozialbetrug hereinbringen will (die SPÖ will freilich nur Steuer-, bezeichnenderweise aber nicht Sozialbetrug bekämpfen!), klingt ebenfalls positiv.

Nur fragt man sich da schon: Hat am Ende die Regierung bisher tatenlos einem Steuerbetrug zugeschaut? Versteckt sich nicht hinter dem Plan, eine zusätzliche Milliarde hereinzubringen, zwangsläufig eine ungeheure Welle von Schikanen gegen die Steuerzahler? Geht das alles ohne eine Flut von neuen Gesetzen zur Demütigung der Steuerzahler? Will man neue Heerscharen von Steuerbeamten anstellen, um die Realwirtschaft noch mehr zu schikanieren und lahmzulegen (wie es ja schon bei der Finanzwirtschaft „geglückt“ ist)? Warum glaubt die ÖVP, dass man jetzt in der EU mit dem betrugsverhindernden Reverse-Charge-Modell bei der Mehrwertsteuer durchdringen will, mit dem einst Karl-Heinz Grasser gescheitert ist?

Man zweifelt. Nein, eigentlich ist man sicher.

Noch deutlicher wird der halb-sozialistische Charakter des ÖVP-Papiers aber bei einem weiteren Punkt: Beide Parteien fordern die „Streichung von Steuerausnahmen“ (in der Höhe von 0,83 beziehungsweise 0,9 Milliarden). Eine solche Streichung ist jedoch nichts anderes als eine reine und glatte Steuererhöhung. Denn diese „Ausnahmen“ sind alles eindeutig im Gesetz festgehaltene Regelungen, denen zufolge man aus bestimmten objektiven Gründen weniger Steuer zahlen muss.

ÖVP will Sozialversicherung erhöhen

Besonders infam – weil total versteckt! – ist die ÖVP-Forderung nach einer Anhebung der Höchstbeitragsgrundlage für Kranken- und Pensionsversicherung. Diese Forderung verbirgt die ÖVP in aller Chuzpe auf einer Powerpoint-Seite, welche die Überschrift trägt: „Entlastung durch die Reform“! Im Kleingeschriebenen steht aber dann darunter das genaue Gegenteil einer Entlastung: „Gegenfinanzierung über Anhebung der HBGL“. Offenbar kalkulieren die schwarzen „Strategen“ damit, dass Bürger und Journalisten nichts mit der Abkürzung „HBGL“ anfangen können.

Diese Punkte zusammen heißen aber: Auch die ÖVP will 40 Prozent des Umfangs der der versprochenen Einkommensteuer-Senkung durch höhere Steuern und Abgaben, also bei den Einnahmen holen! Wenn man die „Selbstfinanzierung“ berücksichtigt – das sind erhoffte höhere Steuereinnahmen als Folge der Einkommensteuersenkung – dann sind es sogar fast 50 Prozent! Und wenn ein Steuerzahler gegen diese neuen Belastungen aufmuckt, wird ihm halt verachtungsvoll das Wort „Betrüger!“ entgegengeschleudert.

Erwartet sich die ÖVP dafür wirklich Lob?

Aber selbst von ihrem halb-sozialistischen Konzept will die ÖVP offensichtlich Abstriche machen und über das Konzept der SPÖ noch verhandeln! Als Endergebnis wird man dann unweigerlich eine ganz-sozialistische „Reform“ haben.

Rechnung auf Kosten der Landeshauptleute

Lob verdient die ÖVP lediglich für die Ankündigung von zwei Milliarden „Einsparungen“. Aber auch da bleibt es bloß bei einer den Bürgern sympathischen Überschrift. Konkretes fehlt.

Was sagen etwa die Landeshauptleute dazu, dass sich die ÖVP etwa beim Finanzausgleich 0,9 Milliarden an Einsparungen erhofft? Sie schweigen. Solange nicht zumindest die ÖVP-eigenen Provinzkaiser öffentlich ihre Bereitschaft zu diesem Verzicht verkünden, fehlt dieser Ziffer absolut jede Glaubwürdigkeit. Dabei ist es angesichts der nach wie vor extremen Ausgabenfreudigkeit der Bundesländer an sich ja unbestreitbar, dass in den Bundesländern viel einzusparen wäre.

Ebenso sind die 0,6 Milliarden, welche die ÖVP in der Verwaltung einsparen will, vorerst nur eine Ziffer auf dem Papier. Da ja praktisch alle Minister (beider Parteien!) dringend nach mehr Geld rufen, ist es erstaunlich, dass man da einfach „Einsparungen“ ankündigt, ohne diese genau zu konkretisieren.

Auf welche bisher ökologisch, sozial, sicherheitsmäßig offenbar unverzichtbar gewesenen Projekte, Behörden, Vorschriften, Regeln wird man künftig verzichten? Wo sind die Gesetzesentwürfe, die das im Detail zeigen? Bei der „Verwaltung“ ist zwar in der Tat vieles verzichtbar. Man muss jedoch den Mut haben, die Dinge endlich beim Namen zu nennen und auch sich mit der jeweils hinter einer Regelung stehenden Lobby anzulegen. Ohne solche Konkretisierungen bleibt alles Einsparungs-Gerede leeres Gewäsch.

Die wirklich substanziellen Einsparungen – vom AMS bis zum Pensionssystem – sind auch für die ÖVP nur zusätzliche Eventualitäten für eine fernere Zukunft.

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