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Warum will die Industriellenvereinigung das Bildungssystem zerstören?

Steckt da nur Ahnungslosigkeit in Hinblick auf Schulen, Familien und Erziehung dahinter? Sicherlich (Warum auch sollten Industrielle mehr von Bildung verstehen als Lehrer und Pädagogen?) Aber diese Antwort ist absolut nicht ausreichend, um das Einschwenken der IV auf rotgrüne Zwangssysteme zu erklären. Denn diese stehen ja in jeder Hinsicht total im Widerspruch zu einer leistungsorientierten, freien und liberalen Wettbewerbsgesellschaft, für die bisher die Industriellenvereinigung gestanden ist.

Die wirkliche Erklärung, warum die IV im totalen Widerspruch zu ihrer bisherigen Rolle als Hort liberalen und unternehmerischen Denkens seit einiger Zeit linke Bildungs-Phrasen nachbetet, liegt in der Mitgliederstruktur. Die IV hat in den letzten Jahren viele neue Mitglieder aus dem Kreis sozialdemokratischer Unternehmen – bis hin zur ÖBB! – aufnehmen können. Das hat die Kassen einer auf freiwilliger Mitgliedschaft beruhenden Vereinigung gut gefüllt. Im Gegensatz zu früher jammert die IV daher auch nicht mehr über Mitgliedschaftssorgen.

Nur sollte niemand glauben, dass ÖBB&Co aus plötzlicher Liebe zur liberalen Marktwirtschaft beigetreten sind. Vielmehr haben die neuen linken Mitglieder ganz gezielt und strategisch verlangt, nun selbst einen ideologischen Bereich führend zu übernehmen, wo sie die Politik der IV in ihrem Sinne diktieren können. Das hilft der SPÖ noch viel mehr als plumpe Kronenzeitungsinserate für Werner Faymann auf ÖBB-Kosten.

Der von den linken Unternehmen verlangte Bereich war die Bildung. Daher hat die IV auch  die Hauptträger-Rakete für das – dann an den Wahlurnen jämmerlich gescheiterte – „Bildungsvolksbegehren“ des Altsozialisten Hannes Androsch gebildet. Und ihr neuestes Bildungskonzept ist ja nur die nahtlose Wiederholung dieses Androsch-Begehrens.

Der Bildungsbereich ist keineswegs ein problemfreies Feld. Über ihn muss man tatsächlich ständig nachdenken. Dabei kommen immer mehr Pädagogen und Wissenschaftler zu dem Ergebnis, dass vor allem

  • das ständige leistungsfeindliche Herumreformieren der letzten Jahrzehnte,
  • das Nichtreagieren auf die Zuwanderung Hunderttausender Menschen mit Drittweltprägung
  • und der rapide wachsende Anteil einer antiaufklärerischen Religion

die zentralen Hauptprobleme geworden sind.

Die IV-Bildungskonzepte jedoch gehen kein einziges dieser Probleme an.

Dass gerade jetzt schon wieder ein solches Konzept vorgelegt worden ist, hängt mit dem neuen ÖVP-Obmann zusammen. Während die ÖVP die letzten Wahlen noch mit der Garantie „keine Gesamtschule“ absolviert hat, was auch ihren vielfach erwarteten Absturz verhindert hat, ist ja Reinhold Mitterlehner offensichtlich bereit, alle Wahlversprechen seiner Partei zu müllen. Auch und gerade im Schulbereich gilt das als wahrscheinlich. Mitterlehner hat sich da bisher überhaupt noch nicht kundig gemacht; daher erhoffen sich finanzstarke Einflüsterer ein leichtes Spiel.

In einigen zentralen Punkten sei in der Folge aufgezeigt, warum gerade eine ursprünglich klassische liberale Vereinigung mit der jetzigen Bildungspolitik der IV frontal die eigenen Prinzipien verletzt hat:

  1. Wenn ausgerechnet die IV massiv für Ideen ins Feld zieht, die eine Verstaatlichung der Kinder vorsehen (Zwangs-Ganztagsschule), dann ist das ein Bruch mit dem absoluten Grundprinzip jedes liberalen Denkens. Das da heißt: möglichst wenig Staat.
  2. Würde die IV jene Prinzipien im Bildungswesen anwenden, die sie sonst vertritt, dann würde sie für noch viel mehr Vielfalt und Wettbewerb zwischen den Schulen kämpfen und nicht für einen achtjährigen Einheitsbrei einer Zwangsgesamtschule.
  3. Wenn ausgerechnet die IV ein Konzept vorlegt, das dramatische Mehrkosten auslöst (Schule ab 5, Ganztagsbetreuung, Gesamtschulen), dann wird sie nie mehr mit Glaubwürdigkeit gegen eine weitere Erhöhung der Steuerlast auftreten können.
  4. Wenn die IV Bildung seriös behandeln würde, würde sie wenigstens eine Evaluierung der bisherigen Gesamtschulen abwarten. Aber das wollen die linken Ideologen nicht, weil die Evaluierung ganz böse ausfallen dürfte. Und daher will die mitgliedergierige IV auch nicht.
  5. Wenn die IV allen Ernstes Österreich mit Finnland vergleicht, ohne den hierzulande neunmal so hohen Anteil von Schülern einer fremden Muttersprache zu erwähnen, dann verletzt sie damit selbst die minimalsten intellektuellen Erfordernisse jeder seriös sein wollenden Diskussion.
  6. Wenn die IV international wirklich vergleichen würde, hätte sie sehen müssen, dass etwa in Deutschland die Bundesländer ohne Gesamtschule (vor allem im Süden) dramatisch bessere Bildungsergebnisse haben als die Länder mit Gesamtschulen. Auch die Schweizer Erfahrung spricht genau in die gleiche Richtung.
  7. Wenn die IV nur ein bisschen internationale Ahnung hätte, dann würde sie sehen, wie in vielen Gesamtschulländern die wohlhabenden Familien in Gegenden ziehen, wo es gute Schulen gibt (oder ihre Kinder in sauteure Privatschulen schicken). Die Armen müssen hingegen dort bleiben, wo die Schulen schlecht sind. Ist eine solche soziale Segregation, die insbesondere in den USA und Großbritannien dramatisch sichtbar ist, insgeheim sogar beabsichtigt? Aber wenn die schlichten Menschen aus der IV auch das nicht wissen, dann zahle ich ihnen gerne ein Ticket nach Amerika.
  8. Wenn die IV intellektuell redlich wäre, würde sie nie Sätze sagen wie: „Wollen wir uns wirklich anmaßen, abschließend zu beurteilen, welches Potenzial in Zehnjährigen steckt?“ Dann wahr ist, dass im gegenwärtigen Schulsystem nie jemand „abschließend“ beurteilt wird, dass viele Menschen erst mit 14 oder 18 oder noch später in eine ganz andere Bildungskarriere umsteigen. Und ebenso wahr ist aber auch die Erkenntnis fast aller Pädagogen, dass man schon bei Drei- bis Vierjährigen mit hoher Treffsicherheit sehr exakte Bildungsprognosen abgeben kann.
  9. Wenn die IV nur ein bisschen auf das hören würde, was auch zahllose internationale Schulexperten sagen, dann würde sie das Ergebnis kennen, wenn man Kinder acht Jahre über einen Kamm schert: Die Begabten fühlen sich unterfordert und verlieren vielfach jede Lust auf Schule; die Bildungsfernen fühlen sich überfordert und schalten ebenfalls innerlich ab.
  10. Wenn der IV wirklich etwas an der Zukunft Österreichs im internationalen Hochleistungswettbewerb gelegen wäre, dann würde sie mit aller Kraft für mehr und bessere Hochbegabten-Schulen kämpfen.
  11. Wenn die IV eine echte Verbesserung für die Schulen will, dann würde sie den Lehrern mehr Mittel in die Hand geben gegen Kinder, die alle anderen stören, die jede Kooperation verweigern, die oft ganze Klassen terrorisieren.
  12. Wenn der IV die vielen Kinder mit fremder Muttersprache ein Anliegen sind, dann würde sie für Vorbereitungsklassen kämpfen, in denen diese Kinder wirklich gut Deutsch lernen müssen, bevor sie in normale Klassen gehen dürfen. Denn dann wüsste sie, dass sonst jeder Unterricht in diesen normalen Klassen verpufft. Ohne vorherige(!!) Konzentration auf die deutsche Sprache (und mehr disziplinäre Möglichkeiten für die Lehrer) werden bildungsferne Kinder auch nach zehn oder fünfzehn Jahren Gesamtschule nicht Lesen, Schreiben, Rechnen und Grüßen können – was die Wirtschaft zu Recht bei Lehrlingen moniert. Sondern sie werden als Berufswunsch „AMS“ angeben, so wie sie heute schon in deutschen Gesamtschulen auf die Frage nach ihrer Zukunft massenweise „Hartz IV“ sagen.
  13. Wenn die IV schon jemals die Worte Leistung und Qualifikation gehört hätte, dann würde sie vor allem für eines kämpfen: für die Wiedereinführung von Aufnahmsprüfungen. Für Gymnasien. Für jede andere Schule, die das will und braucht. Und insbesondere für Universitäten. Den Nutzen zeigt ja etwa das Medizinstudium, wo es seit Einführung der Aufnahmsprüfungen eine dramatisch geringere Dropout-Rate gibt.
  14. Wenn sich die IV wirklich mit der Bildung befasst hätte, dann wüsste sie, dass Österreichs Schüler nach der Volksschule (=Gesamtschule!) bei internationalen Vergleichen viel schlechter abschneiden als dann mit 14 oder 15, also nach einer differenzierten Schule.
  15. Wenn sich die IV wirklich mit Bildung befasst hätte, dann würde sie vor allem dem deplorablen Zustand und der massenweisen Geldverbrennung an Österreichs Universitäten den Kampf ansagen. Diese fallen bei jedem internationalen Ranking noch weiter zurück. Diese sind vor allem in etlichen geistes- und gesellschafts„wissenschaft“lichen Studienrichtungen katastrophal unterklassig.

Die allerminimalsten charakterlichen Erfordernisse sind –, nein: wären jedoch verletzt, wenn hinter dem jetzigen bildungspolitischen Kurs wirklich jener Zynismus stehen sollte, den viele vermuten. Der Mittelstand solle – so unterstellen viele der IV – seine Kinder ruhig acht Jahre mit den vielen total bildungsfernen Zuwanderern aus der Türkei und Afrika in Gesamtschulen zusammenstecken. Dort mögen die bildungsorientierten Mittelstandskinder ein bisschen abfärbend wirken und den Zuwandererkindern beim Lesen- und Schreibenlernen helfen, auch wenn dabei ihre eigene Bildung unter die Räder kommt. Die Industriellen jedoch können es sich allemal leisten, ihre eigenen Kinder in teure Privatschulen zu schicken. Am besten gleich in der Schweiz, damit man das hiesige Gesamtschulelend dann von hoher moralischer Warte ohne Kontaminierung der eigenen Kinder beobachten kann.

Nein, diese Haltung wäre so widerlich, dass ich sie noch immer nicht glauben kann.

 

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