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Österreich hat größere Sorgen als Faymanns Prozente

Es ist irgendwie lächerlich, dass seit Monaten die Stimmprozente für Werner Faymann beim SPÖ-Parteitag zum zentralen Thema des Landes hochgejubelt worden waren. Von den Medien, von allen SPÖ-Granden und vor allem von Faymann selbst.

Die SPÖ-Parteitagsdelegierten waren deshalb seit Wochen einer geradezu totalitären Propaganda ausgesetzt. Deren Motto: Jeder aufrechte Genosse müsse für Faymann stimmen, sonst ist er höchstpersönlich am Untergang der Partei schuld. Ein signifikanter Teil der Delegierten hat diesem Druck aber dennoch widersprochen. Und signalisiert: Der Mann ist zwei Schuhnummern zu klein, um unser Parteiobmann zu sein. Diesen Mann wollen wir nicht.

Es spricht jedenfalls für die Zivilcourage der Delegierten, dass sie so wie beim letzten Mal in relativ großer Zahl gegen die von Parteiapparat ausgegeben Devise gestimmt haben. Das zeigt demokratischen Geist und Bürgerstolz.

In der Tat entsprechen 84 Prozent zweifellos eher dem Geist der Demokratie als ein 99-Prozent-Wahlergebnis. Dieser Prozentsatz wäre also eigentlich ganz normal und bei jeder anderen Abstimmung auch ein klarer Erfolg. Den ein etwas souveränerer Mann auch als solchen gefeiert hätte.

Aber Faymann und seine Spießgesellen sind halt nicht souverän. Sie sehen ihre Partei offenbar nur noch als stramm durchorganisierte Bejubelungsmaschine für die da oben und nicht als Platz freier demokratischer Meinung. Das ist ein Trend, den man übrigens auch bei fast allen anderen Parteien beobachten kann.

An dieser Entwicklung haben ganz stark viele Medien mitschuld. Sie sehen in Prozentpunkten halt einen Parameter, den sie verstehen. Das ist für sie so wie ein Skirennen. Alles andere an der Politik ist halt etwas komplizierter. Und daher für die Medien weniger sexy.

Vor allem aber ist an dieser Prozentsatz-Neurose Faymann selber schuld. Statt das Wahlergebnis von 83 Prozent beim letzten Mal mit einem gelassenen Achselzucken wegzustecken, ist er seither offensichtlich traumatisiert. Er hat gerade deshalb in keiner einzigen Frage mutig Stellung bezogen, wo ihm eventuell auch einmal ein bisschen Gegenwind in manchen Partei-Ecken entgegenwehen könnte. Er hat sich wie ein verbissener Vorzugsschüler nur noch für seine Noten interesssiert. Er hat sich seit Monaten weder um Regierung noch Österreich noch Europa noch die krachenden Staatsfinanzen noch sonst irgendein Problem gekümmert. Sondern ist nur noch herumgetourt und hat in peinlicher Weise um Stimmen gebettelt.

Erst dadurch wird das neuerlich schlechte Wahlergebnis jetzt zu einem riesigen Problem für den Mann an der SPÖ-Spitze. Erst dadurch hat die Prozent-Affäre die Allgemeinheit zur Überzeugung gebracht, dass wirklich der falsche Mann an der Spitze der Regierung steht.

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