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Europa braucht dringend Wachstum. Darüber besteht Einigkeit. Es weiß nur keine Regierung, wie das zu erzielen ist. Noch mehr Schulden geht nicht mehr. Man sucht verzweifelt andere Strategien. Da bieten sich eigentlich (fast) nur Privatisierungen an. Sie sind neben Deregulierungen eine der ganz wenigen noch vorhandenen Möglichkeiten einer Wachstums-Strategie.
Wie dringend Europa Wachstum braucht, wurde jetzt bei einem Kongress in Brüssel klar. Dort präsentierte Wolfgang Schüssel, der Präsident des Thintanks „United Europe“, erschreckende Zahlen: Im letzten Dezennium hatte Europa nur ein Wachstum von 11 Prozent, Südkorea hingegen von 58 und die USA von 25 Prozent.
Der Ökonom Christian Helmenstein vom Forschungsinstitut „Economia“ hat erstmals errechnet, was Privatisierungen da bringen könnten. In Europa gibt es 263 Unternehmen (mit über 100 Millionen Umsatz), deren Privatisierung über mehr als 500 Milliarden Euro bringen würde. Dabei hat er die Bereiche Gesundheit, Erziehung und Immobilien ausgeklammert. Dass rund ein Drittel dieser Unternehmen in Frankreich daheim ist, überrascht wenig. Mehr überrascht, dass die Franzosen dennoch kein Problem mit privatisierten Wasserwerken haben – während diese ja hierzulande als Teufelswerk dargestellt werden, das die Menschen verdursten lässt.
Der Hauptgrund, warum Ökonomen so sehr für Privatisierung eintreten, liegt gar nicht in den Einnahmen aus dem Verkauf. Die Staatsschulden sind nämlich heute so aufgebläht, dass mit den Verkaufseinnahmen (welche Helmenstein vor allem in den Breitbandausbau stecken will) nicht einmal mehr fünf Prozent der Staatsschulden abgedeckt werden könnten.
Viel wichtiger für künftiges Wachstum sind die Folgen einer von kluger Regulierung der betroffenen Branchen begleiteten Privatisierung:
Ob Europa, wie Schüssel hofft, aber wirklich Privatisierungen zu einem „Schlüsselelement einer neuen Wachstumsagenda“ macht? Man zweifelt. Viel wahrscheinlicher ist, dass die Politik jeden Privatisierung-Euro nicht in Schuldenabbau oder Infrastrukturaufbau steckt, sondern in weiteren Konsum, also in das bodenlose Fass des Wohlfahrtsstaats. Und noch viel wahrscheinlicher ist, dass es gar nicht zu Privatisierungen kommt. Eine ganze Armada von Profiteuren der Staatswirtschaft ist ja Tag und Nacht unterwegs, um Privatisierungen zu denunzieren. Obwohl sich diese in der Vergangenheit zu 95 Prozent als nachhaltig erfolgreich erwiesen haben.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.