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Studieren macht arbeitslos

Hunderte Male haben es Politiker behauptet. Und wir alle haben es nachgebetet: Studieren erhöht die Chancen auf dem Arbeitsmarkt. Das ist aber in Österreich seit einiger Zeit eine Unwahrheit.

Denn ein Blick in die Statistiken der EU (Eurostat) zeigt Erstaunliches. Die Arbeitslosenquote der 25- bis 29-Jährigen weist bei jenen mit „tertiärem Abschluss“ (also auf Deutsch: einem Uni-Abschluss) für das Vorjahr eine Arbeitslosenquote von 6,4 Prozent auf. Bei jenen mit „Sekundär-II-Abschluss oder postsekundärem Abschluss“ liegt er hingegen bei signifikant niedrigeren 5,5 Prozent. Das sind etwa Maturanten von AHS und BHS, Handelsschüler, Lehr-Absolventen, Krankenschwestern; also bis auf die (mangels anderer Optionen überwiegend an die Unis wechselnden) AHS-Absolventen lauter Jugendliche mit gezielt berufsorientierten Ausbildungen.

Das besonders Dramatische an diesem Zahlen ist nicht nur, dass sie ein verbreitetes Weltbild zum Einsturz bringen, sondern auch, dass Österreich damit ziemlich alleine dasteht. Lediglich in Italien ist es auch so, dass mit einem Uni-Diplom die Berufschancen schlechter sind als nach einem Sekundär-II-Abschluss.

Gewiss: Diese Zahlen beziehen sich auf die Jahre unmittelbar nach dem Studium. Später gibt es schon noch die relativ niedrigen Akademiker-Arbeitslosenzahlen.

Das zeigt freilich: Erst nach Jahren der erfolglosen Job-Suche kommen manche Uni-Absolventen im Arbeitsmarkt unter. Also wenn sie es dann deutlich billiger geben, wenn sie nicht mehr auf eine studienadäquate Beschäftigung hoffen, sondern wenn sie ein oder zwei Stufen tiefer in die Konkurrenz um die knapp gewordenen freien Arbeitsplätze einsteigen. Wenn sie dann beispielsweise nicht mehr hoffen, als Archäologe (nach einem gewiss spannenden Studium) einen Job zu finden, sondern bereit sind, den einst „nur“ aus Handelsschulen kommenden Sekretärinnen Konkurrenz zu machen. Oder wenn sie dann als Politologe eben Taxifahren.

Viel von dieser postakademischen Arbeitslosigkeit wird – etwa aus familiärem Schamgefühl – getarnt. Man bezeichnet sich nicht als arbeitslos, sondern studiert halt ewig weiter, man beginnt Master- oder Doktorats-Studien, ganz neue Studienrichtungen, man macht da oder dort bei einem befristeten Projekt ohne fixe (oder gar gute) Anstellung mit.

Eine bemitleidenswerte Generation. Sie wird an den Unis in zukunftsarme Studien gelenkt oder gehalten. Viele Professoren und Assistenten sagen ihnen dort: „Ihr werdet schon was finden“ – und verschweigen, dass sie selbst aus Eigeninteresse an hohen Studentenzahlen interessiert sind.

Aber auch die Qualität mancher Studien und Professoren ist erbärmlich. Unlängst sagte mir ein frustrierter Absolvent: „Außer peniblem Gendern mit unzähligen Binnen-I und Schrägstrich-Formulierungen habe ich an der Uni nichts wirklich gelernt. Und auch das musste ich im wirklichen Leben rasch wieder verlernen, um mich verständlich zu machen.“ Immer wieder kommt mir da auch das Entsetzen einer AHS-Direktorin in den Sinn, die bei einer jungen und an sich sehr netten Kollegin nach ein paar Monaten Unterricht entdeckt hat, dass diese nicht Französisch kann. Obwohl sie das laut Diplom studiert hatte.

Viele junge Menschen werden aber auch durch falsche Ratschläge vor Studienantritt in die Irre und künftige Arbeitslosigkeit geleitet. Wie oft haben etwa AHS-Professoren ratsuchenden Maturanten geraten: „Studier ruhig, was dir Spaß macht, was dich interessiert.“ Dieser Rat erweist sich in Zeiten einer immer schlechter werdenden Wirtschaftslage als ein teuflischer.  

PS: Um keinen falschen Eindruck zu erwecken und auch die positiven Fakten zu nennen: Insgesamt sind ist in allen Ländern außer in der Schweiz und Deutschland die diversen Messzahlen für Arbeitslosigkeit durchwegs viel höher als in Österreich. Das kann dann doch wieder einigermaßen beruhigen.

 

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