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Manche halten das ja für nachahmenswert, was da das EU-Parlament bei den Kommissions-Kandidaten tut. In Wahrheit ist es aber höchst problematisch, um nicht zu sagen mies. In vielerlei Hinsicht.
Es wird einem zum Beispiel fast übel, wenn man erkennt, wie sehr das EU-Parlament de facto von einer nie offen eingestandenen Packel-Koalition aus linken Christdemokraten und Sozialisten beherrscht wird, wobei die Grünen als Dauersouffleure fungieren (denen viele Korrespondenten nach dem Mund schreiben). Dabei sind die Christdemokraten etwa in Großbritannien gar nicht zur Wahl gestanden.
Macht nichts. Es gilt das uralte Parteien-Motto: Greifst du meine Leute an, dann räche ich mich an deinen. Der Waffenstillstand hat gehalten. Und zum Ausgleich zeigt man dann seine Möchtegern-Stärke halt umso heftiger gegenüber Kommissions-Kandidaten anderer politischer Herkunft.
Noch widerlicher ist eine andere jetzt offenkundig gewordene, aber ebenfalls nie wirklich zugegebene Tatsache: Es schadet nicht nur, wenn man von einer anderen politischen Gruppierung kommt, sondern noch viel mehr, wenn man aus einem kleinen Land kommt.
Daher wurde jetzt die linksliberale Slowenin Alenka Bratusek eiskalt abgeschossen, während die zehnmal üblere Besetzung des Wirtschaftsressorts durch den als Defizitmacher und Sünder wider alle Stabilitätsvereinbarungen berüchtigt gewordenen französischen Sozialisten Moscovici durchgewinkt wird. Moscovici ist links, kommt von einer der beiden großen Fraktionen und aus einem großen Land. Das genügt. Das sind drei Gründe, die skandalöseste Besetzung dieser Kommission nicht anzugreifen. Ob sich die EU-Abgeordneten dabei eigentlich noch in den Spiegel schauen können?
Die linke Parlaments- und Medienmafia wollte auch noch drei Konservative abschießen, hat es aber nicht geschafft. Vor allem gegen den ungarischen Kandidaten wurde wild gehetzt. Ihn hat offenbar trotz der Kleinheit Ungarns und trotz des Hasses der Linken gegen sein Land am Ende doch die Zugehörigkeit zur größten EU-Fraktion (nämlich der Europäischen Volkspartei) gerettet. Und an den konservativen Briten Hill wagte man sich letztlich doch nicht heran, obwohl die Linken schon die Messer geschliffen hatten. Denn dann wäre mit tausendprozentiger Sicherheit der EU-Austritt der solcherart provozierten Briten festgestanden. Daran will man doch nicht schuld sein.
Kandidaten kleiner Länder, wie etwa der Österreicher Hahn, tun gut daran, einer der beiden großen Fraktionen anzugehören und der anderen hinter den Kulissen jeden Wunsch zu erfüllen. Und vor allem tun sie gut daran, ein möglichst nichtssagendes Profil zu haben. Und das hat Hahn. Durch interessante inhaltliche Inputs ist er ja seit seiner Zugehörigkeit zur Kommission noch nie aufgefallen.
Was sollten jene Europäer aus den jüngsten Vorgängen lernen, die geglaubt hatten, durch Wahlabstinenz oder Stimmabgabe für Skurril-Parteien die EU zu bestrafen? Erstens, dass sich niemand in der EU bestraft fühlt; dort ignoriert man die Nichtwähler. Und zweitens, dass jetzt die Großfraktionen mehr denn je schalten und walten, wie sie wollen.
Auch die viel zahlreicher gewordenen europaskeptischen Abgeordneten im EU-Parlament haben sich bei der Kommissionswahl als völlig bedeutungslos erwiesen. Es zeigt sich: Wenn man gegen alles und jedes zu sein scheint, kann man am Ende überhaupt nirgendwo mehr mitreden. Dann wiegt man politisch viel weniger, als man eigentlich am Wahlabend gewesen ist.
Der Ärger über die Vorgänge im EU-Parlament heißt nicht, dass Frau Bratusek eine gute Wahl wäre. Ganz im Gegenteil: Die Art, wie sie zur slowenischen Kandidatin geworden ist – nämlich durch Selbstnominierung –, war ziemlich widerlich. Aber das war nicht wichtig. Wichtig war nur, dass das EU-Parlament in seiner Profilierungsgier wie die alten Götter ein maßgeschneidertes Menschenopfer bekommen hat.
PS.: Noch eine Erkenntnis ist erstaunlich: Wenn die Machtspiele der großen Fraktionen und großen Länder toben, ist plötzlich die feministische Hysterie des Sommers vergessen, dass es viele weibliche Kommissare geben müsse. Dann schießt man auch eine Frau eiskalt ab, selbst auf das Risiko hin, dass dann ein Mann nachkommen könnte.