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Die Akademikerflut

Viele Menschen meinen, im Bildungssystem würde sich nichts verändern. Ein völliger Unsinn. Die Frage ist nur: In welche Richtung sind die Veränderungen gegangen? Ist etwa die dramatische Erhöhung der Akademikerquote unbedingt eine positive Veränderung? Damit wäre ja eine zentrale Forderung von linken „Experten“ wie Androsch, Salcher oder Schilcher schon erfüllt. Und es müsste positive Auswirkungen geben.

Die OECD-Statistik zeigt einen dramatischen Zuwachs der jungen Menschen, die einen tertiären Abschluss (im Insider-Slang der Bildungsbürokraten: „Isced 5A“) erworben haben. 1995 waren das in Österreich nur 10 Prozent. 2012 sind es hingegen 39 Prozent!

Ist Österreich dadurch wirklich gescheiter, klüger, effizienter geworden? Oder gar vier Mal so viel? Natürlich nicht. Das wäre nur dann der Fall, wenn jeder Abschluss damals und heute gleich viel wert, gleich anfordernd wäre. Oder noch viel anspruchsvoller. Was ja angesichts einer immer vielfältiger, immer komplizierter werdenden Welt und Technik eigentlich nötig wäre.

Aber in Wahrheit hat man von der Volksschule bis zu den Universitäten alles nur immer einfacher und leichter gemacht. Blauäugig glauben viele, dass eine Erhöhung irgendwelcher Abschlussquoten schon an sich ein Wert, eine Verbesserung wäre. Das ist sie aber nicht. Denn in Wirklichkeit sind heute fast alle Abschlüsse leichter geworden. Gleichzeitig aber ist das Bildungssystem, in dem die jungen Menschen so viele Jahre länger stecken, dementsprechend teurer geworden.

Mit all den vielen populistisch motivierten „Entrümpelungen“, der Beseitigung von Noten, Hürden und angeblichen Diskriminierungen ist auch für jene jungen Menschen der Abschluss entwertet worden, die an sich leistungswillig und fähig sind. Natürlich gibt es auch heute noch durchaus Studien und Studienrichtungen, die anspruchsvoll, leistungsbezogen und auf der Höhe globaler Entwicklungen sind. Nur: Der wirkliche Wert eines Diploms ist für potenzielle Arbeitgeber zunehmend schwerer erkennbar geworden. Ein paar akademisch klingende Buchstaben, die sich immer mehr Menschen vor oder hinter den Namen stellen können, bedeuten an sich heute gar nichts mehr.

Ja, ganz im Gegenteil: Österreich hat heute sogar eine höhere Arbeitslosigkeit bei jungen Akademikern als bei Absolventen mittlerer Abschlüsse.

Man kann den Qualitätsverfall freilich nicht den Universitäten allein in die Schuhe schieben. Dort sind zwar in den Jahren der Drittelparität (bis 2002) viele unfähige Menschen zu Professuren gekommen. Aber der Hauptfehler liegt sicher in der Politik. Diese hat keine sinnvollen Leistungs-Maßstäbe gefunden, wie das Steuergeld auf einzelne Unis aufgeteilt wird. Diese ist sehr froh, in den Unis einen Parkplatz für zehntausende arbeitslose Jugendliche zu haben. Daher werden – vor allem von der SPÖ – alle Zugangsbeschränkungen bekämpft.

Es klingt ja auch viel besser zu sagen, dass jemand studiere, als zuzugeben, dass er arbeitslos ist. Dass die Unis längst ein riesiger Arbeitslosen-Parkplatz sind, zeigt etwa die Tatsache, dass nur 50 Prozent der rund 300.000 Studenten prüfungsaktiv sind. Dabei ist die Definition von „prüfungsaktiv“ ohnedies sehr weitgefasst, wie der frühere Universitäten-Chef Christoph Badelt unlängst bei einer WKO-Veranstaltung kritisch analysiert hat.

Dazu kommt die rapide Zunahme von Senior-Studenten. So positiv es subjektiv auch ist, in der Pension noch ein interessantes Gratisstudium absolvieren zu können, so wenig ist das doch eine Verbesserung der künftigen Produktivität einer Gesellschaft. Mit dieser wird aber immer der steigende Geldbedarf der Unis begründet. Und an den Unis selbst werden dadurch überdies die Betreuungs-Relationen Studenten-Professoren nur noch weiter verschlechtert.

Gleichzeitig haben wir einen dramatisch wachsenden Engpass bei den Facharbeitern. Klar: Wenn ein 15-Jähriger zehn weitere Jahre problemlos und noch dazu gesellschaftlich angesehen in geheizten Klassenzimmern sitzen kann, dann werden das viele trotz aller Perspektivenarmut mancher Studien als angenehmer vorziehen. Die Alternative hieße ja, sich in irgendeiner Lehre eventuell auch die Finger schmutzig zu machen.

Dieser Prozess wird weitergehen. Zumindest solange, da es keine Aufnahmeprüfungen sowohl vor jedem Studium wie vor jedem Gymnasium und anderen Schulen gibt. Solange die Qualität einzelner Abschlüsse von niemandem objektiv überprüft wird. Und solange die EU weiter auf hohe Akademikerquoten drängt statt darauf, dass jede Ausbildung hochqualitativ und anspruchsvoll ist.

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