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Wozu zahlen wir neunmal einen Vizepräsidenten?

Natürlich war es eine Provokation, als die FPÖ einen blutjungen Studenten als Stadtschulrats-Vizepräsidenten aufgestellt hat. Aber gesetzlich steht das Nominierungsrecht für diesen Posten der FPÖ eindeutig zu. Was die Wiener SPÖ jedoch ignoriert. Womit sie zeigt, wieviel brutaler es in Wien zugeht als auf Bundesebene. Denn in der Bundesregierung durfte ja einst ein ebenfalls blutjunger Student sehr wohl als Staatssekretär einziehen. Hinter diesem stand anfangs einzig sein Parteichef Michael Spindelegger, der sich dem (heute längst vergessenen) Widerstand fast aller Medien entgegengestellt hat.

Dieses Njet durch die Wiener SPÖ ist erfolgt, obwohl Staatssekretäre zweifellos wichtiger als solche Vizepräsidenten sind. Das lässt ahnen, wie hasserfüllt der aufziehende Wiener Wahlkampf wird. Das Rathaus war für die Sozialdemokraten immer die weitaus wichtigste – weil korruptionsfreudigste – Festung ihres Machtsystems. Daher wurde es von ihnen immer am hemmungslosesten verteidigt. Ohne Rücksicht auf demokratische Usancen.

Das ohne rechtlich relevante Begründung erfolgte Nein des Wiener SPÖ-Chefs zum FPÖ-Kandidaten zeigt auch, dass junge Menschen für die heutige SPÖ in ihrem Rückzugsgefecht nur noch vernachlässigenswerte Randschichten sind.

Die Wiener Machtpartei baut ihre Wagenburg heute mit anderen Bollwerken auf, drei großen und drei kleinen: Stimmenstark sind dabei die Pensionisten, die Gemeinde-Beamten und die im Expresstempo eingebürgerten Zuwanderer. Dazu kommen die winzigen, aber lautstarken Grüppchen der Feministen, der Schwulenaktivisten und der Linksradikalen.

Dass die Sozialdemokraten ihren einstigen Jugendkult fallengelassen haben, ist rein numerisch gar nicht falsch: Der Prozentanteil der Jungen wird rasch geringer, daher unwichtiger. (In der skizzierten Wagenburg kann es die SPÖ offenbar auch hinnehmen, dass Industriearbeiter und Gemeindebaumieter seit Jahren an sozialdemokratischer Affinität verlieren; der Bevölkerungsanteil dieser einstigen zentralen Machtblöcke der Partei nimmt ja ebenfalls ab.)

Das Gekläffe der Parteien um den Stadtschulrats-Vizepräsidenten macht den Bürgern diesen Posten überhaupt erst bewusst. Damit wird ihnen auch das Faktum klar, dass sie – in allen neun Bundesländern! – die Gehälter und alle Aufwendungen für Landesschulrats-Vizepräsidenten zahlen.

Weder in Wien noch in den anderen Ländern braucht man diese. Die Vizepräsidenten haben keinerlei Kompetenzen, sind reine parteipolitische Versorgungsposten, belasten die Bildungsbudgets und gehören daher dringend abgeschafft. Aber bitte nicht nur in Wien! Und bitte nicht nur, wenn der Posten einer Oppositionspartei zusteht!

Handeln müsste der Nationalrat. Warum tut er es nicht? Die Koalition lechzt ohnedies danach, endlich Gemeinsamkeiten und Einsparungsmöglichkeiten zu finden. Die Abschaffung der Landesschulrats-Vizes wäre ein kleiner, aber jedenfalls konkreter Anfang des behaupteten „Neustarts“.

Oder lehnt Werner Faymann diese Abschaffung mit dem Argument ab, mit dem er auch andere Beamtenreduktionen abgelehnt hat? Er könne diese nicht machen, weil es dann ja mehr Arbeitslose gäbe . . .

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