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Hinter vielen leeren Worten wird bei sehr genauem Hinhören klar, was die neue Regierung jetzt will. Um nun endlich aktiv zu wirken, ändert sie die Reihenfolge: Zuerst will sie festlegen, wieviel sie weniger einnimmt. Und erst danach wird über die „Gegenfinanzierung“ gesprochen. Das sagen nach Werner Faymann nun auch der neue Vizekanzler und der neue Finanzminister. Das klingt fünf Sekunden lang interessant, ab der sechsten weiß man, was passieren wird. Und es tritt der nackte Angstschweiß ins Gesicht.
Genau das hat Michael Spindelegger beim Rücktritt mit Populismus auch in der eigenen Partei gemeint. Natürlich kann man sich auf diesen nunmehr ersten Schritt problemlos einigen. Nichts leichter als das. Der erstaunlicherweise auch von der ÖVP noch immer ernstgenommene Boulevard verlangt ohnedies ständig nach Konsens. Obwohl er mit „Konsens“ immer nur den über die SPÖ-Vorschläge meint (schließlich sind bei SPÖ-Politikern viel mehr Inserate zu holen).
Ernst zu nehmen wäre aber nur der nunmehr zweite Schritt, also substantielle Einsparungen. Auf die wird man sich aber – leider, leider – nie einigen können. Als Ergebnis wird daher die ÖVP wie immer wieder einmal ganz überrascht sein, dass Werner Faymann im letzten Moment doch nicht seine dem Koalitionspartner gegebenen Andeutungen halten kann. Er kalkuliert, dass ihm die ÖVP auch ohne echte Reformen weiterhin ihre Stimmen schenken wird. Faymann kalkuliert wohl richtig.
Daher werden 2015 wider alle ÖVP-Schwüre neuerlich neue Steuern beschlossen werden. Wie es in den letzten sechs Jahren schon so oft der Fall war. Fast bei jeder „Sparklausur“ wurde zwar viel vom Sparen und von Reformen geredet, aber als wirkliches Ergebnis gab es immer nur neue Steuern. Diese wurden als kurzfristige Notmaßnahme verkauft. Und so wird es auch diesmal sein. Jeder der an dieser Vorhersage zweifelt, soll Mitterlehner zuhören: Er meidet den einfachen Satz „No new taxes“, keine neuen Steuern und keine Steuererhöhungen, wie der Teufel das Weihwasser.
Diese Koalition ähnelt einem schlechten Schüler bei den Aufgaben. Er macht alles andere, nur nicht den Gegenstand, der ihm schwer fällt, der Zeit bräuchte. Am Abend ist der Schüler dann – leider, leider – zu erschöpft, zu müde, um sich dem Fach noch irgendwie zu widmen.
Gibt es außer den ÖVP-Ministern in diesem Land noch irgendjemanden, der glaubt, dass wegen dieser Umkehrung der Reihenfolge nach Erfüllung der SPÖ-Forderungen auch das Pensionsalter angehoben wird? Dass zumindest ein paar Unsinnigkeiten des längst völlig unfinanzierbaren Wohlfahrtssystems aufgegeben werden? Dass dann dereguliert, entbürokratisiert und privatisiert wird, was ja als einziges neues Wachstum bringen würde (und nicht die lächerlichen Turnübungen der Europäischen Zentralbank)? Dass dann die teuren, aber nichts bringenden Gesamtschulen wieder durch die effizienten und billigeren Hauptschulen ersetzt werden? Dass dann die Universitäten selbst die Studentenzahlen bestimmen können? Dass dann die Bundesländer selbst jeden Euro des von ihnen verprassten Geldes aufbringen müssen? Dass die zahllosen vom Steuerzahler lebenden Vereine und Organisationen freiwillig und ohne Jammern künftig auf Steuergeld verzichten werden? Dass Österreich nicht mehr das Rekordland an Subventionen sein wird? Dass die Zwangsmitgliedschaften in Arbeiter- und Wirtschaftskammer beendet werden?
So blöd kann niemand im Ernst sein, um zu glauben, dass von diesen Notwendigkeiten auch nur Teile verwirklicht werden. Denn Schwierigkeiten sind durch ihre Hintanstellung noch nie leichter lösbar geworden. Seit 2008 wird uns versprochen, dass die Regierung Faymann zu regieren anfangen wird. Und nie hat sie das getan.
Nur eines ist leichter geworden: das Überleben des SPÖ-Vorsitzenden auf dem SPÖ-Parteitag. Das ist seit Monaten das Einzige, was Werner Faymann interessiert.
Aber auch nach diesem Parteitag wird nichts Notwendiges passieren. Denn dann folgen die Wirtschaftskammer-Wahlen (für die jetzige ÖVP-Führung besonders wichtig!). Und es gibt eine Landtagswahl nach der anderen.
Das wirklich Erstaunliche: Reinhold Mitterlehner ist bereits der vierte ÖVP-Chef, der auf die vagen Versprechungen des Werner Faymann hereinfällt. Dabei hat der seit seinem Amtsantritt de facto zur ÖVP immer denselben Schmäh gemacht: „Machen wir eh, nur aber bitte nicht jetzt, sondern später; aber jetzt müsst ihr ganz, ganz dringend uns einen dringenden Gefallen tun“.
Wilhelm Molterer, Josef Pröll, Michael Spindelegger, alle haben am Ende immer dasselbe gesagt: Mit Faymann sind keine Reformen möglich. Er verspricht sie zwar, hält aber nie. Dass alle drei ÖVP-Chefs auch noch weitere Rücktrittsgründe genannt haben – Pröll etwa seine Krankheit, hinter der sich seine privaten Probleme verborgen haben, – ändert nichts an dieser Gemeinsamkeit. Und nun begeht auch der vierte ÖVP-Obmann denselben Fehler. Das Verhalten der ÖVP wird erst dann erklärlich, wenn man an die wahren Interessen von Landeshauptleuten und Kammerpräsidenten denkt. Sie wollen nur ihre Jobs behalten und daher ja nichts sagen, was die Koalition gefährden könnte.
Manche meinen sogar ernstlich, dass eine Steuersenkung das Wachstum wieder anspringen lassen wird. Das steht ja auch in manchen Ökonomie-Lehrbüchern. Das funktioniert aber kaum mehr. Man schaue etwa nach Italien: Dort lässt der populistische Sozialismus jedem Arbeitnehmer 960 Euro jährlich mehr zukommen. Während alle unangenehmen Reformen nur in der Rhetorik des Ministerpräsidenten Renzi vorkommen. Nach sozialistischen Rezepten hätte dieses viele Geld die italienische Konjunktur eigentlich gewaltig anspringen lassen müssen. Alleine: Das Land ist seit Renzi in eine Rezession gestürzt. Und stürzt immer tiefer. Die zusätzlichen Schulden haben also das Gegenteil des Versprochenen bewirkt.
Lehrreich wäre auch der Blick ins ebenfalls sozialistisch regierte Frankreich: Denn dort ist nur knapp nach Umbildung der Regierung schon wieder die nächste Krise ausgebrochen (die nur durch das geschmacklose Buch der Frau Trierweiler überdeckt worden ist). Ein Minister hat nämlich gemeint, man solle bei der Gewährung der Arbeitslosenunterstützung vielleicht auch checken, ob Arbeitslose wirklich arbeitslos sind. Mehr hat er, hat die neue Regierung nicht gebraucht. Schon ist der linke Sturm losgebrochen. Mit dem üblichen Ergebnis: Nach nur wenigen Stunden beteuerte die Regierung, dass sich eh nichts ändern werde.
Sozialismus pur. In Frankreich, in Italien, in Österreich.