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Das Jammern der Bauern

Bauernvertreter und ihr Minister haben in den letzten Wochen das getan, was sie immer am besten können: Sie haben gejammert und wegen der russischen Maßnahmen gegen die EU von dieser Geld verlangt. Russland hatte ja als Reaktion auf die EU-Maßnahmen (die vor allem den Finanzsektor und Personen des Machtsystems treffen) Retorsionen gegen landwirtschaftliche Produkte aus Westeuropa und Nordamerika verhängt. (Mit nachträglicher Ergänzung)

In Moskau und bei Nahrungsmittel-Händlern hat man aber gewusst: Russland trifft sich damit vor allem selber. Es kann trotz riesiger Landflächen seine Menschen ohne die EU nicht ernähren. Das besorgt die dortigen Machthaber viel mehr als ihr mit dieser Maßnahme begangener Verstoß gegen Vorschriften der WTO, der Welthandelsorganisation. WTO-Verfahren dauern schier ewig und werden daher nicht ernst genommen. Die Versorgung der Menschen mit Lebensmitteln muss Putin hingegen sehr ernst nehmen.

Russland gab deshalb zum einen bald wieder einzelne EU-Produkte frei. Es erlaubte vor allem seinen Lieferanten aus Nicht-EU-Ländern die Verwendung von EU-Produkten. Damit verdient freilich jetzt dieser Zwischenhandel mit. Als Folge zahlen die Russen jetzt schon im Schnitt zehn Prozent mehr für Lebensmittel. Das wird - trotz des russischen Nationalismus - für die Moskauer Machthaber zum wachsenden Problem.

Das Jammern der westlichen Bauern war hingegen weitgehend überflüssig. Wenn sie nicht über andere Länder liefern können, entschädigt sie die EU. Was im Gegensatz zu den sonstigen Agrarsubventionen voll berechtigt ist.

Besonders skurril war hingegen im Zuge dieses Jammerns der Appell des österreichischen Ministers Rupprechter. Er forderte allen Ernstes, dass die Österreicher 40 Millionen Äpfel im Jahr mehr essen. Und er meinte das ernst.

Weißrussland, Moskaus engster Verbündeter, ist wegen massiver Menschenrechts-Verletzungen einst ebenfalls mit Sanktionen belegt worden; dafür nahm Minsk damals ähnlich wie Russland heute an der EU Rache und beschloss seinerseits Sanktionen. Diese wurden bisher via Russland umgangen. Heute haben sich diese Umgehungsgeschäfte umgedreht.

Jetzt wird halt nicht mehr via Russland nach Weißrussland geliefert, sondern umgekehrt. Heute steht Russland viel ärger da als Weißrussland, es verletzt nicht nur reihenweise Menschenrechte, es überfällt auch Nachbarländer. Umgekehrt steht dadurch Weißrussland selbst heute fast völlig außer jeder Kritik (dass ausgerechnet in diesen Tagen das deutschen Fenrsehen zur besten Sendezeit Kritik daran übt, dass Weißrussland Möbel für Ikea herstellt, ist da nur noch so skurril wie ein eingefrorener Posthornton).

Weißrussland hat nun seinen Importstopp für Rinder aufgehoben. Bisher war der offizielle Grund dieses Stopps ein Virus unter Europas Kühen. Dabei haben nicht einmal die grünen NGOs Alarm wegen dieses Virus geschlagen. Zuerst gab es jahrelang diesen Virus. Seit Russland Probleme hat, gibt es ihn plötzlich nicht mehr . . .

Durch diese und andere Maßnahmen will Weißrussland heuer um bis zu 40 Prozent mehr Agrarprodukte nach Russland exportieren. Die es natürlich nicht selber erzeugt. Jeder Experte weiß: Das ist ein Umgehungsgeschäft, das nur mit Russlands Zustimmung möglich ist.

Genau das hat interessanterweise schon sofort nach dem russischen Importstopp Franz Fischler gewusst. Und recht behalten (was ihn zweifellos neuerlich als Landwirtschaftsexperten zeigt). 

(Nachträgliche Ergänzung: Inzwischen hat die EU die Auszahlung von Geldern an angeblich sanktionsgeschädigte Bauern gestoppt: Es seien zu viele "fragwürdige Anträge" eingegangen. Aufschlussreich.)

Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.

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