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Die USA haben sich im Nahen Osten zwischen alle Stühle gesetzt. Dabei ist ihre Hilfe für Kurden, Christen, Jesiden mehr als berechtigt. Auch militärische. Auch Luftangriffe auf islamistische Kämpfer in Syrien.
Diese Ausweitung der Luftattacken jetzt auch auf Syrien ist unumgänglich, auch wenn erst die Empörung der amerikanischen Bevölkerung das Handeln von Präsident Obama ausgelöst hat. Diese Empörung war von den Islamisten selbst durch die grausame Enthauptung zweier Amerikaner ausgelöst worden. Das furchtbare Schicksal vieler anderer Opfer der Islamisten davor hat hingegen beklemmend wenig internationale Reaktionen ausgelöst.
Der IS hatte monatelang von syrischem Territorium aus den Irak angegriffen. Das macht es nach internationalem Recht legitim, nun vom irakischen Boden aus Gegenangriffe auf den IS zu starten. Weil die Assad-Regierung in Syrien die IS-Vorstöße auf irakisches Gebiet nicht verhindert hat, hat sie jetzt beim Gegenstoß völkerrechtlich kein Mitspracherecht, selbst wenn sie dagegen wäre. Was Assad wohl nicht ist, wird seine Regierung doch selbst durch den IS existenziell bedroht.
Amerika will aber dennoch nicht einmal indirekt zu einem Verbündeten des Assad-Regimes werden. Das ist skurril. Denn Obama ignoriert damit, dass man eigentlich verbündet ist, wenn man gegen den gleichen Feind kämpft.
Die USA kündigen statt dessen jetzt eine verstärkte Unterstützung der dritten Kampfpartei in Syrien an, der „Freien Syrischen Armee“. Das sind die ursprünglichen Aufständischen aus den Zeiten des „Arabischen Frühlings“. Das ist auch deshalb absurd, weil diese seit Jahren total zerstritten und militärisch trotz vielfacher Unterstützung von außen weitgehend erfolglos sind. Außerdem sind von ihnen viele Kämpfer zum IS übergelaufen.
Warum nur handelt Barack Obama so? Begreift er nicht, dass er sein Land in einen Mehrfrontenkampf an der Seite des Schwächsten stürzt, in dem man sich noch dazu auf fremde Bodentruppen verlassen muss?
Die Antwort auf das Warum ist aber klar: Obama tut das, weil er wie andere westliche Regierungen von Anfang an auf diese dritte Partei gesetzt hat. Kein Politiker gibt halt gern zu, völlig falsch unterwegs gewesen zu sein. Da bleibt man lieber auf dem falschen Pferd sitzen. Auf dieses hatte man sich einst gesetzt, weil damals alle westlichen Medien den Arabischen Frühling bejubelt haben. Aus diesem Teufelskreis schafft es der Westen nicht mehr herauszukommen.
Noch schlimmer ist: Pate dieser dritten Partei ist ausgerechnet Saudi-Arabien. Ein Land, das viel weniger demokratisch, tolerant oder rechtsstaatlich ist als der Assad-Staat. Das eine mittelalterliche Glaubensdiktatur ist (wenn auch mit viel Ölgeld).
Wer den „Islamischen Staat“ wirklich besiegen will, müsste sich andere Verbündete suchen: Wiederversöhnung mit Assad und Unterstützung auch für einen Kurdenstaat auf irakischem Boden. Denn die Kurden sind der einzig ernstzunehmende Gegner des IS im Irak.
Ein Kurdenstaat wird aber von der Türkei vehement abgelehnt. Auf diese übt Washington noch immer intensiv Rücksicht. Dabei ist die Rolle der Türkei sehr dubios, da so viele Islamisten unbehindert durch ihr Gebiet zum IS anreisen konnten.
Wenn es irgendwie möglich wäre, sollte ein kluger Westen darüber hinaus auch eine echte Versöhnung mit dem Iran erreichen. Freilich hat dieser trotz vieler Versprechungen noch immer nicht auf seine atomaren Ambitionen verzichtet.
Wenn Amerika aber zu all diesen Konsequenzen aus welchen Gründen immer nicht bereit ist, dann wird es erfolglos bleiben. Dann wird nach vielen Jahren des Blutvergießens beim Eintreten allgemeiner Kriegsmüdigkeit eine Teilung Syriens und des Iraks Realität sein. In einen alewitisch-christlich-laizistischen Assad-Staat, in einen multireligiösen Kurden-Staat, in einen Schiiten-Staat – und in einen Sunniten-Staat. Dass dieser wohl ein IS-Territorium sein wird, werden dann wohl alle Seiten hinnehmen, zumindest wenn vom IS aus keine neuen Angriffe gestartet werden.
Den Gedanken an territoriale Teilungen wehren zwar vorerst noch alle westlichen Diplomaten und Politiker empört ab. Aber der Blick nach Afghanistan zeigt: Dort zieht der Westen gerade ab – recht kleinlaut, weil die (dem IS sehr ähnlichen) Taliban keineswegs vernichtet worden sind. Einen solchen Nicht-Sieg hätte man viele, viele Tote und Verstümmelte früher haben können. So wie einst in Vietnam. Und jetzt in der syrisch-irakischen Wüste.