Unerträglich viele Verschlechterungen haben in den letzten Jahren und Jahrzehnten unter vielen Ministern das heimische Schulsystem heimgesucht. Immer wieder hat die Politik in die Schulen hineinregiert und dabei fast jedes Mal nur eine weitere Verschlechterung statt der angeblichen Verbesserung erreicht. Die Politik hat in Summe eine dramatische Senkung des Niveaus gebracht. Aber auch die veröffentlichte Meinung ist massiv mitschuld.
Da gab es zwar große politische und mediale Aufregung, ob man bei der Zentralmatura in Englisch nun mit weniger als 60 oder mit weniger als 63 Prozent durchfällt. Aber niemand diskutierte das in vielen Fällen sehr schwache Englisch österreichischer Maturanten. Obwohl das zehnmal wichtiger ist. Denn Englisch ist heute in der Welt völlig unverzichtbar geworden. Es gibt auch keine Debatte darüber, dass viele Maturanten keinen ordentlichen Aufsatz mehr schreiben können, der einen roten Faden hätte. Dafür wird an vielen Schulen das Binnen-I hochgehalten.
Eines genügt sicher nicht mehr; Einfach die Verschlechterungen eliminieren und zurück in leistungsbetonte Zeiten des 20. oder 19. Jahrhundert zu gehen. Heute reicht das im internationalen Wettbewerb nicht mehr. Niemand kann diesem entkommen, ob er diesen Wettbewerb nun für gut findet oder nicht.
So wie der Rest Europas muss sich heute auch Österreich China, Lateinamerika, Indien, Südkorea und ganz Süd und Ostasien als Herausforderung stellen. Die Zeiten sind vorbei, wo diese Staaten in mittelalterlicher Rückständigkeit verharrt sind oder sich gar mit sozialistisch-kommunistischen Abenteuern selbst schwer beschädigt haben. Zumindest wirtschaftlich sind nämlich heute all diese Länder massiv auf der Überholspur. Auch wenn ich die Sorgen jener teile, ob nicht China – und Russland sowieso – nach den Jahrzehnten des wirtschaftlichen Wachstums heute zum Verhalten des Imperialismus zurückfällt. aber das ändert am Grundproblem nichts.
Es ist dringend notwendig, sich der Hauptursache bewusst zu werden, weshalb Europa in den letzten fünf Jahrhunderten so erfolgreich war. Waren doch vorher ganz andere Regionen, die alle weiter südlich lagen, durch Jahrtausende weit vor Europa. Um es mit einem Satz zu sagen: Entscheidend war mit Sicherheit die Vielfalt Europas in einer bürgerlich-rechtsstaatlich-marktwirtschaftlich-christlichen Entwicklung.
Um es an Hand eines besonders folgenreichen Beispiels zu zeigen, wie positiv sich diese Vielfalt auswirkte: Ein chinesischer Herrscher ließ die zuvor von China erfolgreich betriebene Seefahrt komplett verbieten. Worauf China auf Jahrhunderte zurückgeworfen war. Christoph Kolumbus hingegen zog von einem zum anderen europäischen Herrscher, bis ihm einer seine verrückten Ideen finanzierte.
Noch viele andere Beispiele zeigen, warum dieses Europa 500 Jahre lang durch Vielfalt, durch seine auf ihre Freiheitsrechte gegenüber Machthabern pochenden Bürger, durch Rechtsstaatlichkeit nach der Wiederentdeckung des alten römischen Rechtes und durch seine christliche Prägung zur wichtigsten Region der Welt geworden ist.
Heute müssen wir aber ganz nüchtern feststellen: Europa ist global inzwischen viel weniger wichtig als in diesen fünf Jahrhunderten. Und da lautet wieder auf einen Satz zusammengefasst die Ursache: Die Europäer machen nur noch sieben bis acht Prozent der Erdbewohner aus, aber konsumieren 50 Prozent der globalen Sozialausgaben. Sie machen dabei logischerweise immer mehr Schulden. Sie können sich nur noch durch die Gelddruckmaschine helfen. Europa stagniert bestenfalls. Aber selbst das bedeutet: Es fällt zurück.
Europa kann dieses Zurückfallen nur dann zu einem neuerlichen Aufholen umwandeln, wenn es sich einerseits wieder seiner bisherigen Erfolgs-Faktoren besinnt, und wenn es anderseits ganz stark den Faktor Bildung und Schule forciert. Wenn das EU-Europa wieder zu einem Europa der Vielfalt wird, in dem aber zugleich Freiheit und Rechtsstaatlichkeit auf einer christlichen Basis regieren. Wenn es wieder die Wichtigkeit der bürgerlichen Klasse begreift.
Jeder dieser Faktoren ist heute aber in bedenklichem Zustand. Nichts davon steht mehr im Zentrum der Aufmerksamkeit. Während immer mehr Länder insbesondere in Sachen Marktwirtschaft Europa überholen, schränkt Europa die Wirtschaft durch immer mehr Adjektiva ein. Die Freiheit ist zwar global im Zunehmen. In Europa ist sie jedoch durch Überregulierung von staatlichen wie EU-Instanzen immer mehr eingeengt worden.
Es ist andererseits die Schule und die Bildung, wo Europa trotz seines dramatischen Geburtendefizits, trotz der Zuwanderung von mehrheitlich wenig ausgeprägten Leistungsträgern und trotz seiner Überalterung die neue Kraft finden könnte, um zumindest ein weiteres relatives Zurückfallen zu verhindern.
Wenn es im Großteil der Welt nicht nur viel geringere Sozialleistungen gibt, sondern auch Gehälter, die nicht einmal ein Zehntel der europäischen erreichen, dann kann ein europäisches Land nur durch sein Bildungs- und Schulsystem mithalten, damit eben die Leistung seiner Arbeitskräfte zehnmal so produktiv bleibt wie jene – beispielsweise – in Süd- und Ostasien.
Aber leider geht Europa nicht diesen Weg, sondern fällt auch in seinen Schulen immer mehr zurück. Statt besser zu sein. Die nun folgenden Punkte konkretisieren diese Defizite, zeigen aber auch die Wege einer Besserung auf:
- Die zentrale Erfordernis wäre jedenfalls die Rückbesinnung auf die genannten Prinzipien und Werte, die Europa in den letzten 500 Jahren so erfolgreich gemacht haben. Die es aber heute ins 21. Jahrhundert zu übernehmen und übersetzen gilt.
- Vielfalt als zentraler Wert bedeutet vor allem: Nicht nur ein klares Nein zur weiteren Zentralisierung und Vereinheitlichung von Schulen aller Art, sondern die Erkenntnis, dass Schule ihre besten Ergebnisse dann erzielt, wenn sie eine große Vielfalt darstellt. Denn niemand – weder ein noch so kluger Unterrichtsminister noch Beamte und schon gar nicht ich – hat das perfekte Schulsystem. Und selbst wenn es das gäbe: Die Welt ändert sich dauernd und damit logischerweise auch das, was man für ein perfektes Schulsystem ansehen mag.
- Es ändert sich nicht nur die Welt – es ist auch jedes Kind verschieden. Für die einen ist dann eben die Kuschelschule die beste Form, für andere eine auf Leistung orientierte Schule.
- Eltern und Lehrer und in einem späteren Lebensabschnitt zunehmend auch Schüler und Studenten wisssen viel besser als Politiker des Bundes oder des Landes, was in ihrer Region, für die von der Schule angesprochenen Schüler, für ihre Spezialisierungsnische das Beste ist. Das heißt: Sie haben zu bestimmen, welche Art, welchen Typus, welche Schwerpunkte eine Schule hat. Und nicht Politiker oder Beamte.
- Eltern und Lehrer wählen demgemäß auch den Direktor, wobei es nur ein Vetorecht der Schulerhalter gibt.
- Als Schulerhalter bzw. -betreiber kommen genauso der Staat, wie kirchliche wie andere private Institutionen gleichermaßen in Frage. Der Staat – also Bund, Länder, Gemeinden – hat da eine Pflicht: Er hat völlig neutral zu sein. Insbesondere darf er „seinen" Schulen gegenüber den privaten keine zusätzlichen Mittel zukommen lassen.
- Der Staat muss daher primär nur eines tun: für jeden Schüler einer bestimmten Altersstufe gleich viel Geld zur Verfügung stellen. Das ist eine einfache Multiplikation. Ausnahmen, wo es mehr Geld geben sollte, sind nur in drei Bereichen notwendig: einerseits dort, wo Schüler objektive Benachteiligungen haben, zweitens dort, wo die teuren und für unsere wirtschaftliche Zukunft besonders wichtigen naturwissenschaftlichen Disziplinen überdurchschnittlich viel gelehrt werden. Und drittens, wenn es einer Schule überdurchschnittlich oft gelingt, weniger begabte Kinder an gut Begabte heranzuführen.
- Weil viele Sozialisten und Konservative die Rolle des Staates als unverzichtbar ansehen, wird der Staat wohl noch eine zweite Rolle übernehmen: Er testet etwa alle zwei Jahre die Lernerfolge. Damit kann einerseits jenen Schulen zusätzliches Geld zukommen, deren Schüler signifikante Leistungen erzielen. Dadurch kann es andererseits auch zu Konsequenzen für jene Schulen kommen, die ganz schlechte Erfolge erzielen. Diese können etwa in der Absetzung des Direktors durch den Schulerhalter bei Vorliegen eines schlechten Testergebnisses bestehen.
- Was würde bei diesen „Lernerfolgs“-Fragen getestet? Mit Sicherheit geht es primär um die grundlegenden Kulturtechniken, die je nach Schulstufe getestet werden. Dabei ist je nach Alter die fehlerfreie Beherrschung der deutschen Sprache genauso zu testen wie eine Reihe von Wissens- wie Könnens-Fähigkeiten, die man eigentlich von Maturanten erwarten würde.
- In einem primär von den Eltern getragenen Schulsystem wird mit Sicherheit wieder mehr auf Leistung und Disziplin Wert gelegt als in einem von Politikern und Beamten gesteuerten Schulsystem. Die Erfahrung der letzten Jahrzehnte zeigt, dass Politiker – übrigens aller politischen Zugehörigkeiten – in ihrem vom Populismus und Boulevardzeitungen getriebenen Verhalten ständig zu Leistungssenkungen, Entrümpelung, weniger Aufgaben, weniger Schulstunden tendieren. Nach allen Umfragen, die ich kenne, sind Eltern hingegen mehrheitlich daraufhin orientiert, dass ihre Kinder auf den Wetttbewerb des Lebens gut vorbereitet sind. Eltern legen also viel mehr als Politiker Wert auf Schulen mit Leistung und Disziplin.
- Jede Schule, jede Unversität muss vor allem das Recht bekommen, durch Aufnahmsprüfungen selber festzustellen, welche Schüler sie haben will. Damit werden die Lehrer in den darunterliegenden Schulen automatisch von Feinden zu Trainern, die einem helfen, diese Aufnahmetests möglichst gut zu bestehen. Schon das wäre eine dramatische Verbesserung, auch wenn es dem sozialistischen Modell ganz zuwiderläuft.
- Ganz entscheidend ist eine Förderung von Hochbegabten, die aber in einem solchen System der Freiheit ganz selbstverständlich ist. Sie werden ja derzeit gerade in den besonders lernbegierigen ersten Schuljahren häufig ignoriert. Das heißt nun gewiss nicht, dass diese Kinder irgendwie wertvoller werden – aber es heißt, endlich zu begreifen, dass gerade ihre Erfindungen, ihre Leistungen im internationalen Wettbewerb einmal entscheidend sei.
- Was aber ist mit den mittel- und weniger begabten Kindern? Bleiben die nicht auf der Strecke? Ganz und gar nicht. Denn Schulbetreiber wissen natürlich, dass es viel zu wenig hochbegabte Kinder gibt. Andere Schulen werden sich daher durchaus um die anderen bemühen, um ihre Klassen zu füllen. Sie werden sich vor allem dann um deren Förderung ganz besonders bemühen, wenn es klar wird, dass es ihre Kassen füllt.
- Ein besonders ärgerliche Kapitel ist die Durchdringung unserer Schulen durch die Political Correctness. Diese hat damit begonnen, dass das Binnen-I nirgendwo so beachtet wird wie an Schulen und Universitäten. Das führt weiter dazu, dass Mädchen als zweifellos braver auf vielen Gebieten bevorzugt werden, obwohl sie ohnedies schon seit vielen Jahren an allen weiterführenden Schulen und besonders Universitäten die Mehrheit stellen. Sie liegen aber bei objektiven Tests zurück, wie etwa in den letzten Jahren die Medizinischen Universitäten zeigen. Den Höhepunkt hat diese absurde Fehlentwicklung durch den Umstand erreicht, dass in Österreich nunmehr die für Schulen zuständige Ministerin auch zugleich die Frauenministerin ist. Nicht einmal die Opposition hat erstaunlicherweise diese totale Unvereinbarkeit in relevanter Weise thematisiert. Nur die – wie hier skizziert – echte Privatisierung der Schulen würde diesen Unsinn, der eben nicht Leistung, sondern Geschlechteranteile als relevant ansieht, zu einem irrelevanten machen.
- Ein besonders heikler Punkt ist die Islamisierung der Gesellschaft. Würde die nicht bei einer Zurücknahme des Staates besonders zunehmen? Nein, denn weniger als derzeit kann die Präsenz des Staates gar nicht der Fall sein. In Wahrheit müsste bei jedem System ein Religionslehrer sofort gefeuert werden, der seine Schüler Verfassungswidriges lehrt. Etwa in Hinblick auf die volle Gleichberechtigung der Frau, auf das Recht, die Religion zu wechseln, auf die Gewaltlosigkeit. Derzeit schaut aber nur das Heer, ob Imame die Verfassung beachten. Jedoch hat noch kein Unterrichtsminister aus Feigheit, aus dem Trauma der Anwesenheit von Gestapo-Agenten bei der Sonntagspredigt dort gewagt hinzuschauen.
- Die duale Ausbildung ist eine der signifianten Stärken Deutschlands, Österreichs und der Schweiz gegenüber allen anderen Ländern, die unter zwangsweisen Gesamtschulen und der wohl auch dadurch bedingten Jugendarbeitslosigkeit leiden. Sie ist mit Sicherheit auszubauen oder zumindest zu verteidigen. Es wird ein absolutes Atout jeder Schule sein, wenn sie neben der Allgemeinbildung auch einen Lehrabschluss anbietet.
- Auch jetzt schon schneidet Österreich bei allen internationalen Tests durchaus akzeptabel ab, wenn man die Schüler mit anderer Muttersprache herausrechnet. Das geschieht bei uns aus politischen Gründen nicht. Das ist in Finnland mit zwei bis drei Prozent Ausländern nicht nötig. In Österreich mit mehr als 18 Prozent wäre das sehr wohl der Fall. In Wien hat jetzt schon mehr als die Hälfte aller Volksschüler eine andere Muttersprache. Ohne den Wert dieser Sprachen zu schmälern, aber die perfekte Beherrschung der Unterrichtssprache ist absolut essentiell:
Dazu sind drei Maßnahmen erforderlich:
- Einmal spezielle Klassen, die sich ganz darauf konzentrieren, rasch und perfekt Deutsch zu vermitteln.
- Zweitens eine echte Prüfung der Schüler vor der Aufnahme in den Regelunterricht.
- Und drittens die Bindung von Familienbeihilfen an den Besuch deutschsprachiger Schulen und Kindergärten. Und zwar von Anfang an. Kinder, die zwar österreichische Familienbeihilfe beziehen, aber beispielsweise bis zwölf in der Türkei aufwachsen, weil das Leben dort billiger ist, und die erst dann nach Österreich kommen, um beispielsweise die Ausbildungsgarantie in der Zeit nach der Pflichtschule zu konsumieren, werden die Sprache nie mehr perfekt lernen. Sie werden daher auch viel schlechtere Chancen haben, beruflich zu reüssieren.
Ich bin absolut überzeugt: Nur Schulreformen in die skizzierte Richtung können ein weiteres Zurückfallen Österreichs, Europas verhindern. Aber leider ist in Österreich zwar der übliche politische Machtkampf zwischen Bund und Ländern um die Schule voll in Gang, aber nicht ein einziges echtes Nachdenken im Sinne unserer Kinder und für die Zukunft dieses Landes.
(Diese Anmerkungen decken sich zum Teil mit einem Vortrag, den ich vor dem Österreichischen Schulverein gehalten habe.)
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