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Es war gewiss weit weniger als ein Prozent der Österreicher, die gewusst haben, dass die Neos einen Religionssprecher haben. Jetzt heißt der offenbar Strolz und nicht mehr Alm. Na und?
Noch immer gibt es keinerlei Distanzierung der Neos zum Antikirchen-Begehren. Noch immer sind die Neos die Partei des 80-Prozent-Steuer-Forderers Haselsteiner. Noch immer habe ich außer der Pensionsfrage und dem Wasserprivatisierungsthema (wo die Neos allerdings sehr lobenswert und mutig sind) kein einziges Anliegen der Neos entdeckt, das liberal wäre. Haselsteiner (der sich köstlicherweise eine Zeitlang auch innig im Bett mit einem angeblich jetzt von ihm wieder etwas entfremdeten russischen Oligarchen wälzt) und die anti-kirchliche Grundhaltung der Neos sind es jedenfalls nicht.
Alle großen liberalen Denker – von Hayek bis Friedman und erst recht die Denker früherer Jahrhunderte – drehen sich im Grab um, wenn sich die Neos als liberal bezeichnen. Oder gar als liberaler denn der Wirtschaftsbund oder das Team Stronach, die es ja auch zu sein versuchen. Und in der einen oder anderen Hinsicht (Steuern!) sogar deutlich mehr als die Neos sind.
Weder sind der Europa- und damit Zentralisierungsfanatismus der Neos liberal noch ist es ihr Engagement für die linke „Gemeinschaftsschule“, die ja nur ein Tarnwort für die linke Zwangsgesamtschule ist.
Die Neos zeigen auch keine Liberalität beim Thema staatlicher Ehe-Zeremonien. Liberal wäre es nämlich zweifellos, die Rolle des Staates auf die Beurkundung und Einhaltung eventueller Vorschriften (wie etwa das Verbot von Bigamie oder Inzest) zu reduzieren. So wie der Staat ja auch bei Geburt und Tod normalerweise keine Zeremonien veranstaltet. Dass die staatliche Ehezeremonie einschließlich der Neos von alle Parteien als scheinbar selbstverständlich verteidigt wird, zeigt nur, wie wenig liberal das gesamte Parteienspektrum in diesem Land ist.
Dass sich auch die Bischöfe so sehr für die Staatszeremonie bei der Ehe einsetzen, ist übrigens besonders skurril. Wenn auch aus einem anderen Grund. Offenbar haben sie keine Ahnung, dass diese erst vor weniger als hundert Jahren gegen den Willen ihrer Vorgänger eingeführt worden ist. Damals ging es der Linken nämlich gegen die rein kirchliche Ehe. Die sicher auch nicht liberal ist.
Liberal wäre es, sich für das Ende von Medien im Staatseigentum (samt Zwangsgebühren) einzusetzen. Liberal wäre es, für die von Rot-Schwarz-Grün immer mehr eingeengte Vertragsfreiheit zu kämpfen. Für Schulfreiheit. Für die freie Wahl von Krankenversicherungen.
All das tun die Neos nicht. Christus-gleiche Gänge in den Wienerwald oder „Fliegenden Spaghettimonster" oder eine Stripper-Fabrik im Jenseits sind mit Gewissheit keine liberalen Signale, sondern nur skurril. Und es interessiert nur die journalistische Klasse, ob deren Exponenten nun Religionssprecher oder nur Abgeordnete sind.
Freilich sind auch die Kirchenbeiträge, an denen die Bischöfe so verzweifelt festhalten, nicht liberal. Aber genauso wenig ist es der Kampf vieler Neos dagegen. Liberal wären zwei ganz andere Alternativen:
Manche werden nun sagen: Alles richtig, aber im 19. Jahrhundert hat doch der Liberalismus gegen die Kirchen gekämpft. Richtig. Aber damals hatten die Kirchen eine staatliche Rolle, damals hat der Staat die Kirche ge- und missbraucht. Das war übrigens keineswegs nur negativ, sondern Jahrtausende lang für die Gesellschaft sehr positiv und für deren Entwicklung sehr notwendig. Man könnte ganze Bücher über die wichtige Rolle des Christentums beim Fortschritt Europas schreiben. Heute hingegen gibt es praktisch keine Rolle der Kirche im Staat. Die Restbestände sind abgesehen vom Kirchenbeitrag nur noch für juristische Prüfungen relevant.
Der Liberalismus hat immer eine ganz andere dominante Rolle: Sich auf allen Ebenen gegen die Rolle des Staates zu wehren. Im 19. Jahrhundert war auch die Kirche Teil des Staates und wurde daher zu Recht kritisiert. Heute aber ist die Kirche völlig ohnmächtig, der Staat aber weit mächtiger als er jemals war. Und das ist er auch mit Hilfe der sich selbst als liberal bezeichnenden Menschen. Daher ist es umso trauriger, dass sich als liberal bezeichnende Gruppierungen es oft nicht sind. Wie etwa die Neos.