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Kurz, Gusenbauer&Co: Wessen Interessen werden da vertreten?

Sebastian Kurz hat sich Berater geholt. An sich ist es gut und spricht für einen Minister, wenn er offen zugibt, sich beraten zu lassen. Das ist besser, als ein beratungsresistenter Autist zu sein, oder sich nur von den dümmsten einer Branche beraten zu lassen. Freilich: Werden nicht genau für die Beratung des Ministers im Grunde sowieso Ministerien und deren Beamte bezahlt, die nur der Republik und ihren Gesetzen dienen dürfen? Und die zumindest in der Mehrzahl nicht ganz blöd sind.

Minister sind grenzenlos naiv, wenn sie nicht mehr wissen, welche Interessen Berater und Lobbyisten eigentlich im Auge haben. Das wissen sie aber hierzulande immer seltener. Daher sollten in Österreich eigentlich alle Alarmglocken läuten.

Aber sie läuten nicht. Medien reagieren nur noch dann, wenn eine Oppositionspartei oder eine der (fast immer parteinahen) NGOs Feuer schreit. Eigene Recherche ist unmodern geworden. Oder aus Personalnot nicht mehr möglich.

Ein kluger Minister würde aber gar nicht warten, bis eine Oppositionspartei Alarm schlägt. Er würde von sich aus aktiv werden. Diese Klugheit jedoch fehlt dem jungen Außenminister. Und den Menschen rund um ihn ebenfalls. Sonst würden niemals Lobbyisten als Minister-Berater agieren dürfen. Und schon gar nicht dann, wenn deren Namen offensiv und offiziell von der Kurz-Umgebung als solche verkauft werden.

Die Damen Spera und Gürtler auf dieser Liste sind noch eher harmlos. Man weiß zumindest, dass sie primär die Interessen eines Museums, einer Hotelkette oder eines Gestüts im Auge zu haben haben. Das kann man noch durchschauen. Freilich muss man auch in diesen Fällen Obacht geben, ob da nicht auch unterschwellig die Interessen eines anderen Landes in die österreichische Politik miteinfließen.

Jedenfalls unmöglich ist es aber, dass auch Lobbyisten und Berater den Außenminister beraten. Begreift das der Herr Kurz nicht?

Das ist bei Alfred Gusenbauer eindeutig der Fall. Nichts sei gegen den Beruf eines Lobbyisten gesagt. Ein solcher ist sicher in manchen Fällen notwendig und ersehnt. In vielen anderen völlig überflüssig. Die Unsicherheit der diversen Vorstandsvorsitzenden führt aber dennoch zu bisweilen gigantischen Honoraren solcher Lobbyisten. Wobei ich die im Fall Gusenbauer zwar nicht kenne. Aus reiner Liebe ist der ehemalige Bundeskanzler jedenfalls nicht aktiv geworden.

Gusenbauer ist als Person durchaus intelligent – mindestens doppelt so intelligent wie sein Nachfolger (Freilich auch nur halb so schön – aber das ist eine andere Geschichte). Aber Gusenbauer ist ein Lobbyist. Ein kurzer Streifzug durch jene Firmen, für die er bekanntermaßen arbeitet oder gearbeitet hat: ein chilenischer Investmentfonds, ein kanadischer Bergbaukonzern, die Machthaber von Kasachstan, die Haselsteiner-Stiftung, die WAZ, die Hypo, die Alpine, die Strabag. Dazu kommt wohl noch eine Liste weiterer Klienten, die ich nicht kenne.

Ab dem Zeitpunkt, da die Beratertätigkeit fürs Außenamt durch dieses selbst kommuniziert worden ist, steigen geradezu automatisch auch die Honorare eines Beraters. Ein Ministerium beweist ja jetzt selber, dass Gusenbauer nicht nur ein Hasbeener ist, sondern noch immer amtierende Minister berät. Noch dazu von einer anderen Partei. Und zugleich ist er als Lobbyist zu mieten. Würde Gusenbauer das nicht honorarmäßig nutzen, wäre er weniger intelligent, als ich ihn einschätze. (dass ich übrigens keinen amtierenden SPÖ-Minister kenne, der sich von Nichtroten beraten ließe, ist zweifellos signifikant. Aber hier nicht das Thema.)

Die vom Boulevard eine Zeitlang bejubelte Tätigkeit als Lobbyist und Ministerberater zugleich hat nur einen Nachteil: Beides ist in Wahrheit völlig unvereinbar. Das wäre in einem sauberen Land daher ein Riesenskandal. Mit Sicherheit wird bereits in vielen Wiener Botschaften lustvoll an Kurz-Dossiers gearbeitet, die man im Bedarfsfall verwertet. Kurz und seine Berater begreifen das aber nicht.

Noch einmal: Nichts gegen Gusenbauer, nichts gegen seine Arbeit als Berater seiner Klienten. Da hat eine ganze Reihe die Beratung sogar sehr notwendig. Nichts auch dagegen, dass ein Lobbyist einen Termin bei einem Beamten oder Politiker bekommt – sofern er sich klar als Lobbyist bekennt. Aber alles dagegen, dass ein solcher Lobbyist als Berater eines amtierenden Ministers amtiert!

Gegen Gusenbauer nehmen sich Benita Ferrero-Waldners Tätigkeiten geradezu harmlos aus. Für sie findet man bei der Recherche „nur“ ihre jetzige bzw. einstige Tätigkeit im Aufsichtsrat des Versicherungskonzerns Munich Re und ebenfalls der Alpine. Dass Herr Fischler, ein weiterer Kurz-Berater, die Interessen von Alpbach vertritt (das kräftig vom Außenamt finanziert wird) das weiß man wohl ohne Zusatzrecherche. Genauso wie man bei Herrn Kapsch weiß, dass dieser immer die Industriellenvereinigung sowie jene Firma im Auge haben muss, die seinen Namen trägt und die in hohem Ausmaß von öffentlichen Aufträgen lebt.

Hingegen weiß ich nicht, welche Interessen die Unternehmensberaterin Antonella Mei-Pochtler alle vertritt. Und wahrscheinlich weiß es auch der junge Minister nicht. In vielen Fällen darf ein Berater nämlich gar nicht die Firmen nennen, die er vertritt. Da darf sich ein Minister seinerseits keinesfalls von solchen Beratern beraten lassen.

Oder habe ich da ein ganz altmodische Verständnis von Sauberkeit?

Jammervoll ist jedenfalls eines: Unsere Intransparenzjäger regen sich zwar über Lächerlichkeiten auf, wie etwa über die Bezahlung eines Informationsessens. Das wird daher jetzt alles genau gesetzlich geregelt. Aber die weit wichtigere Beratung eines Ministers durch Menschen, die zugleich noch jemanden anderen vertreten, wird nicht releviert.

Bis halt wieder getarnte Journalisten mit Kameras in ihrer Aktentasche zum Einsatz kommen . . .

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