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Kirche wohin?

Zwei Päpste werden heilig gesprochen. Das treibt Millionen nach Rom. Ein neuer Papst wird ob seines vital-lächelnden Auftritts rundum bejubelt. In Wien werden seit vielen Jahren Pfarren verbal zusammengelegt, wobei man jedoch in vielen Fällen noch immer nicht weiß, wie und wann es endlich konkret weitergeht. Die Zukunft der Kirche selbst ist freilich wichtiger und spannender als all das. Aber die ist irgendwo zwischen Karfreitagstrauer und Osterjubel ungewisser denn je.

Keine Frage: Dem neuen Papst ist zuzustimmen, dass in der katholischen Kirche (und in anderen Gemeinschaften) alle Fragen rund um Sexualität oder Unauflöslichkeit der Ehe viel zu stark betont worden sind. Die meisten Gläubigen werden es aber auch für richtig finden, dass dieses Ideal weiterhin hochgehoben wird, dass vor allem die klassische Familie und deren Kinder im Zentrum dieses Idealbildes bleiben. Das tut auch der Papst, auch wenn manche zaghaften Bischöfe und Priester es offenbar vergessen, dass die Haltung der Kirche gerade zum Thema Familie überall klar mehrheitsfähig ist. Es gibt – entgegen dem bisweiligen „Modernisierungs“-Gewäsch von Journalisten – absolut keinen Grund, von diesem Ideal abzugehen.

Aber dies geschieht eben im Wissen, dass es ein Ideal ist, welches von sehr vielen Menschen nicht erreicht wird. Das verkündet der jetzige Papst mit deutlich mehr Toleranz und Lockerheit als seine Vorgänger. Was ihm zu Recht die Zustimmung und den Jubel vieler Menschen einbringt.

Ihre globale Bedeutung, ihre Dominanz in einigen Erdteilen hat das Christentum aber nicht wegen bestimmter Sexual-Doktrinen erreicht. Die wirkliche Stärke des Christentums lag fast immer in seiner Verbindung mit dem Volk.

Da aber sollten sich weder Papst noch Bischöfe irgendwelchen Illusionen hingeben: Nach den beiden furchtbaren Totalitarismen des 20. Jahrhunderts, die beide einen sich der staatlichen Gängelung entziehenden gläubigen Menschen nie akzeptieren konnten, steht jetzt das Christentum in Europa und Afrika vor einer neuen mörderischen Bedrohung: durch den Expansionismus eines fundamentalistischen Islams.

Vieles deutet darauf hin, dass sich der Papst dieser Bedrohung nicht wirklich bewusst ist. Schließlich kommt er aus dem fernab des Konflikts liegenden Argentinien. Es denken aber auch unter den österreichischen Bischöfen kaum welche historisch oder politisch. Unter den deutschen ist das übrigens ein wenig anders.

Diese neue Bedrohung ist eine uralte. Der Islam hat einst nicht nur das christliche Jerusalem und Ägypten erobert. Auch das oströmische Reich wurde von ihm zertrümmert. Jahrhunderte war fast ganz Spanien moslemisch besetzt, wo sich das Christentum oft nur noch in abgelegenen Seitentälern manifestieren konnte. Süditalien war lange ein einziger Sklavenmarkt für moslemische Jäger. Und die moslemisch-türkische Expansion hat gleich zweimal Wien erreicht (und riesige Landstriche südlich der Stadt verwüstet).

Lediglich in den letzten drei Jahrhunderten war der Islam auf dem Rückzug. Das Christentum hat in Europa an der Seite des Volks die Oberhand behalten. Und je stärker es an dessen Seite gegen die jeweiligen Herrscher gestanden ist, umso stärker ist bis heute der Glaube dieses Volkes, was man von Polen bis Kroatien gut nachweisen kann.

Jetzt ist der Islam wieder im Vormarsch. Gleich auf mehreren Kontinenten. In Afrika herrscht an seinen Außenfronten fast ringsum schon echter Krieg. In Asien stehen die Moslems von Indien über Russland bis China großen Ländern gegenüber, was dort regelmäßig zu gefährlichen Konfrontationen führt. In Wien (und vielen anderen Städten) hingegen können die zugewanderten Moslems in aller Ruhe und gestützt auf breite Sozialleistungen „für die Armen“ warten, bis sie die Mehrheit haben.

Nur in wenigen Kirchen gibt es Trost und Stärkung für jene Christen, die diese Mehrheitsergreifung nicht einfach politisch korrekt über sich ergehen lassen wollen. Der Großteil der Amtsträger in Europa hat diese Bedrohung noch gar nicht begriffen. Und natürlich die Schüller-Gläubigen erst recht nicht. Nur bei einigen Jüngeren wächst ein wenig das Bewusstsein der Bedrohung. Viele Priester und dieser Papst hingegen negieren diese Bedrohung, und machen eine „Option für die Armen“ zur zentralen Ideologie.

Aber stellt nicht in der Tat die Pflicht zur Nächstenliebe eine der beiden alles andere weit überragenden Aufforderungen von Jesus Christus dar? Ganz gewiss. Und da sind auch viele Signale des Papstes - und vieler anderer - absolut gut und richtig. Da sind etwa Gefängnisbesuche von Johannes Paul II. oder Franziskus ganz persönliche und exzellente Signale. Das ist konkretes Tun. Das entspricht auch genau dem, was uns das Neue Testament von Christus überliefert.

Es besteht aber ein dramatischer Unterschied zu einer politischen Ideologie: Bei Christus ging es immer um eine Aufforderung an jeden Einzelnen, niemals an den Staat. In den letzten Jahrzehnten jedoch haben katholische und evangelische Funktionäre das vergessen und ständig immer nur vom Staat noch mehr verlangt; ihnen ist ständig weiteres eingefallen, was der Staat nicht noch alles tun müsse.

Das ist aus zwei Gründen falsch und dumm. Denn erstens können sich diese Funktionäre bei ihrer Staats-Ideologie nicht auf Christus beziehen, der eben immer die konkrete Nächstenliebe jedes Einzelnen verlangt hat, nie eine solche des Staates. Und zweitens hat ein Staatssystem in Wirtschaft und Wohlfahrt noch nirgendwo dauerhaft funktioniert. Egal, ob sich die Staats-Ideologie nun Kommunismus, Sozialismus oder sonstwie nannte. Was gegen jede Empirie und damit auch gegen die Vernunft ist, kann nicht Teil des Christentums sein. Selbst wenn es anscheinend vom argentinischen Papst ausgeht, der offenbar das nun global zu predigen scheint, was seine einst wohlhabende Heimat in den Abgrund geführt hat.

Dass amtskirchliche Strukturen fast der letzte Hort des Kommunismus geworden sind, zeigen etwa auch zwei Stellen aus der Gründonnerstags-Kathpress: „Kirche für mehr Solidarität mit ausgebeuteten Arbeitern" liest man da. Nicht etwa mit denen, die keine Arbeit haben. Und nicht etwa nur ein Altkommunist, sondern gleich die „Kirche“ setzt laut Kathpress Arbeit in der streng marxistischen Terminologie mit „Ausbeutung“ gleich. Völlig distanzlos wird in der gleichen Meldung auch das Zitat eines dieser Funktionäre transportiert: „Auf Dauer sind wir alle Verlierer des aktuellen Wirtschaftssystems". In Wahrheit hat aber noch kein Wirtschaftssystem so sehr Armut und Hunger mit großem Erfolg bekämpft wie dieses. In Wahrheit ist noch nie die Lebenserwartung aller Menschen so steil gestiegen wie seit dem Ende des Kommunismus (außer in jenen zum Glück wenigen Ländern, die im Sinne der Kathpress gegen das „aktuelle Wirtschaftssystem“ sind).

Hat Wahrheit nichts mit Christentum zu tun? Die anstelle von Ideologien Fakten festhält.

Christentum war immer eine Religion der Wahrheit, der Freiheit, der Eigenverantwortung. Und niemals eine des Kollektivismus, der Aufblähung des Staates, der Abschiebung von Verantwortung. Aber das ist derzeit bei manchen in Vergessenheit geraten.

Bei anderen wiederum ist eine andere Wahrheit in Vergessenheit geraten: Der Katholizismus ist auch nicht eine Religion des jeweiligen Papstes. Diesen Eindruck hat man jedoch, wenn Bischöfe den Papst völlig unkritisch verherrlichen. Und zwar immer den, der gerade amtiert. Aber Christen glauben nicht an den jeweiligen Papst mit seinen von einem zum nächsten Kirchenoberhaupt sich stets wandelnden Sichtweisen. Sie glauben an Jesus Christus und dessen Auferstehung. So schwer es vielen von ihnen manchmal fällt. Und so leicht ein Papst-Personenkult auch wäre. Oder ist.

PS: Die dramatische Lage der Kirche hat mir dieser Tage der Pfarrbrief einer Wiener Pfarre klar gemacht. Ganz lakonisch werden da die Taufen berichtet, die es im Berichtszeitraum gegeben hat. Und ebenso die Verstorbenen der Pfarre. Die aber waren nicht 3 wie die Taufen sondern 50. Zwei Zahlen, die eigentlich alles klar machen.

 

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