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Was haben die chemische Industrie, Reisebüros und Gewerbe-Pensionisten gemein? Nichts – außer dass alle mit unerträglichen Schikanen und Regulierungen des Gesetzgebers gequält werden. Alle diese Schikanen führen zu direkter Behinderung von wirtschaftlichen Aktivitäten in Österreich und Europa. Von denen wir eigentlich leben.
Erstes Beispiel, die Reisebüros. Sie dürfen von ihren Kunden bis 20 Tage vor Reiseantritt höchstens zehn Prozent der Gesamtsumme als Anzahlung verlangen. Sie müssen aber dennoch insbesondere Flug-Tickets gleich voll bezahlen. Das bedeutet nicht nur einen zinsenlosen Zwangskredit mit spürbaren Kosten für die Reisebüros – das ist auch die Verletzung eines anderen Gesetzes. Denn diese Kredite stellen nach Ansicht findiger Juristen eigentlich ein konzessionspflichtiges Bankgeschäft dar. Aber ein Reisebüro hat natürlich keine Bank-Konzession. Es macht sich also in jedem Fall strafbar. Wie bei Kafka. Absurd, aber Realität.
Zweites Beispiel, die chemische Industrie. Jim Ratcliff, der Chef der Ineos-Gruppe, prophezeite nun öffentlich, dass es in zehn Jahren in Europa keine chemische Industrie geben wird. So wie es hier längst keine Textilindustrie mehr gibt. „Ich sehe grüne Steuern, ich sehe keine Nutzung des Schiefergases, ich sehe die Schließung von Atomkraftwerken, ich sehe die Vertreibung aller Produktionen.“ Die EU-Kommission stehe diesem vernichtenden Tsunami aber blind gegenüber. „Unsere Gewinne in Europa haben sich in drei Jahren halbiert, in Amerika verdreifacht.“ BASF reduziere überhaupt zum ersten Mal in seiner Geschichte wegen der hohen Energie- und Arbeitskosten sowie wegen stagnierender Märkte strategisch seine Investitionen in Europa. „Es schaut nicht gut aus für Europa.“ Man kann aber nicht den Eindruck haben, dass Europas Politiker Ratcliff zuhören, oder dass diese Themen im EU-Wahlkampf auch nur erwähnt würden. Statt dessen wollen im Grund alle noch mehr Steuern. Was die Vertreibung der Industrie noch mehr beschleunigt. Absurd, aber Realität.
Drittes Beispiel, Österreichs Gewerbe-Pensionisten. Sie müssen auch nach Erreichen des vollen Pensionsalters und Erhalt einer Pension weiterhin Beiträge in die Pensionsversicherung zahlen, wenn sie weiterzuarbeiten wagen. Die Gewerbe-Versicherung schlägt jetzt zwar erfreulicherweise vor, dass das abgeschafft wird (hängt das etwa mit dem anlaufenden WKO-Wahlkampf zusammen?), aber die Politik denkt in ihrer Sparunwilligkeit nur an noch mehr, nicht an weniger Abgaben und Steuern. Absurd, aber Realität.
Es sind nur drei von fast unendlich vielen Beispielen (die überbordenden Allergie-Richtlinien, mit denen sämtliche Wirte bald konfrontiert werden, sind der nächste Wahnsinn). Das Bewusstsein, dass nur das Wirtschaften und nicht immer noch mehr Regulierungen die Erhaltung wenigstens des gegenwärtigen Wohlstandsniveaus sichert, ist ständig geschrumpft. Wir regulieren und besteuern uns zu Tode.
Ich schreibe in jeder Nummer der Finanz- und Wirtschafts-Wochenzeitung „Börsen-Kurier“ die Kolumne „Unterbergers Wochenschau“.