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Warum die beste Hypo-Lösung auch an Wien scheitert

Das Fiasko der Hypo Alpe-Adria geht die Wiener und die anderen Bundesländer weit mehr an, als sie nach außen zugeben. Denn damit steht auch der gesamte österreichische Föderalismus und die Kreditwürdigkeit der anderen Bundesländer im Visier. Und insbesondere die Stellung Wiens.

Das zeigt sich gleich auf acht verschiedenen Ebenen.

  • Zum ersten ist das Wiener Rathaus innerhalb der SPÖ ebenso wie das niederösterreichische Landhaus innerhalb der ÖVP die entscheidende Macht. Es gibt daher mit Sicherheit weder in Sachen Hypo noch beim Föderalismus irgendwelche Entscheidungen der Bundesregierung gegen ein Wiener oder niederösterreichisches Veto. Wer das nicht durchschaut, der kennt die österreichische Realverfassung nicht.
  • Zum zweiten wäre zwar zweifellos eine Insolvenz des Total-Pleitefalls Hypo (und damit fast automatisch Kärntens) die für die österreichischen Steuerzahler in Summe weitaus billigste Lösung. Aber sie wäre für die Wiener Landesverwaltung (und alle anderen Bundesländer-Regierungen) die weitaus teuerste. Denn damit würden Wien und die Länder plötzlich von der Finanzwelt nicht mehr als unsinkbare Schiffe angesehen, denen man ohne Bedenken zu günstigsten Konditionen Kredit geben kann. Die ebenfalls automatische Folge: Während eine Hypo-Pleite für den Bund und die österreichischen Steuerzahler das Beste wäre, müssten die einzelnen Bundesländer danach künftig viel mehr als derzeit für neue Kredite zahlen. Oder sie hätten gar erstmals Schwierigkeiten, überhaupt noch welche zu bekommen.
  • Damit sind wir auf der dritten Ebene: Gerade Wien steht wirtschaftlich sehr schlecht da. Haben sich doch binnen weniger Jahre die Schulden der Stadt verdreifacht (was eine weit schnellere Steigerung als im Bund darstellt). Hat Wien doch jetzt schon die weitaus höchste Arbeitslosigkeit im gesamten Bundesgebiet. Betreibt doch gerade Wien eine besonders gewerbe- und industriefeindliche Politik (mit hohen Gebühren und Abgaben, mit einer schikanösen Genehmigungspolitik). Daher werden Betriebsansiedlungen in der Stadt immer seltener (trotz ihrer großen Attraktivität in Sachen Tourismus und Lebensqualität durch die Bauten der ehemaligen Kaiserstadt, durch die Erfolge der Gründerzeit und durch die vor allem vom Bund finanzierten Kulturinstitutionen). Daher würden die internationalen Geldgeber Wien nach einem Hypo-Konkurs als eines der allerersten Bundesländer kritisch unter die Lupe nehmen.
  • Viertens ist Wien jenes Bundesland, das bisher besonders schlecht das Wort „Sparen“ buchstabieren gelernt hat. Unvergesslich ist etwa die Behauptung des Bürgermeisters Häupl, dass es „niemanden etwas angeht“, was Wien mit seinem Geld macht. So als ob es sein persönliches wäre. Der Anlass war damals die für Bundesbeamte schmerzliche Pensionsreform, die in Wien eiskalt ignoriert wurde. Dabei sind die Rathaus-Beamten die weitaus bestbezahlten Österreichs.
  • Fünftens würde eine Insolvenz Kärntens die – erstmalige – Erstellung einer Insolvenzordnung für die Bundesländer bedeuten. Denn selbst wenn es keinen Gesetzeskonsens gäbe, wäre Kärnten jedenfalls ein Präzedenz- und Präjudiz-Fall. Darüber hinaus wäre aber auch eine finanzielle Aufsicht des Bundes über die Länderfinanzen absolut sinnvoll. Es haben ja auch die Bundesländer gegenüber den Finanzen der Gemeinden in bestimmten Situationen ein massives Durchgriffsrecht. Es nimmt auch die EU die Mitgliedstaaten immer enger an die finanzielle Kandare. Da wäre eine ähnliche Lösung im Verhältnis Bund-Länder nur logisch. Theoretisch - wenn es die Bundesländer parteiintern erlauben würden.
  • Sechstens wäre auch eine totale Neuordnung der Finanzverfassung notwendig, wenn endlich das Verhältnis Bund-Länder komplett geklärt würde. Im Präjudizfall Kärnten müsste der Bund ja zweifellos sofort den Weiterbetrieb der Kärntner Spitäler, des Straßendienstes und vieler anderer Landes-Dienste übernehmen und finanzieren. Das dürfte aber nur im Gegenzug für eine Neuordnung der Finanzverfassung geschehen. Diese Finanzverfassung hat ja bisher darin bestanden, dass alle fünf Jahre neun Bundesländer den einsamen und machtpolitisch immer chancenlosen (roten, blauen, schwarzen) Finanzminister über den Tisch gezogen haben. Eine sinnvolle Neuordnung würde vor allem eine gänzliche oder teilweise Übertragung der Steuerverantwortung auf die einzelnen Bundesländer bedeuten, wie sie jetzt erfreulicherweise der bisher widerstrebende Niederösterreicher Pröll gefordert hat. Diese Ländersteuern könnten zwar durchaus weiterhin über die Finanzämter des Bundes eingezogen werden; die Bundesländer würden aber selbständig bestimmte Steuersätze festlegen. Sie müssten dann selber gegenüber ihren ob hoher Steuersätze sensiblen Wählern jede Ausgabe viel intensiver rechtfertigen. Daher ist man gerade in Wien über diesen Vorstoß aus Niederösterreich wenig begeistert.
  • Siebentens gibt es auch eine parteipolitische Verantwortung der SPÖ für das Kärntner Desaster, das niemand in der Partei auch nur erwähnt haben will. Daher schon gar nicht das Wiener Rathaus. Es war nämlich die SPÖ, die in Kärnten zusammen mit Jörg Haiders Gefolgsleuten (und gegen die dortige ÖVP) das entscheidende Landesgesetz durchgedrückt hat, das zur endgültigen Katastrophe geführt hat: Darin wurde der Landesregierung (was heißt, an der Öffentlichkeit vorbei) das Pouvoir eingeräumt, weitere Haftungen für die Hypo einzugehen. Das war glatt EU-widrig. Hat doch die EU damals eigentlich schon verboten, dass öffentliche Körperschaften für eine Bank Garantien abgeben. Aber Brüssel war fern und Kärnten nahe. Dieses Landesgesetz steckt übrigens auch hinter den skurril klingenden Überlegungen des jetzigen Kärntner Landeshauptmanns, dass die Haftungen Kärntens vfielleicht gar nicht wirksam wären. Was natürlich ein Unsinn ist. Sie waren zwar EU-rechtswidrig, sind aber dennoch gültig. Bis zur Rettung Kärntens durch Wien.
  • Achtens und letztens hat man auch im Wiener Rathaus wohl sehr genau gewusst, was eine Kärntner Insolvenz wirklich bedeutet hätte. Das wäre keinesfalls auf dem von einigen SPÖ-Schlaumeiern eine Zeitlang kolportiertem Weg gegangen, dass die Hypo und Kärnten zwar in Insolvenz gehen, aber dass der komplette Weiterbetrieb des Landes Kärnten sofort durch ein Bundesdarlehen gesichert werden sollte. Dieser Vorschlag hat von besonders großer Ahnungslosigkeit gezeugt. Denn bei einer Insolvenz haben die Gläubiger natürlich Anspruch auf sämtlichen Besitz des Gemeinschuldners. Bei einem Bundesland geht dieser Anspruch bis hin zum Eigentum am Rathaus oder Landhaus. Und auch die finanziellen Ansprüche der Landtagsabgeordneten und Tausender Landesbediensteter sind nicht besser als andere Ansprüche an die Konkursmasse zu behandeln. Und wenn es ein Darlehen für das insolvente Kärnten gäbe, stünde auch darauf sofort den Gläubigern der Zugriff zu. Daher war nicht nur der Kärntner Landeshauptmann heilfroh, dass die Bundesregierung jedenfalls auf die Insolvenz der Hypo verzichtet zu haben scheint.

Mit anderen Worten: Eine Insolvenz wäre zwar zweifellos die in der Summe für die österreichischen Steuerzahler weitaus günstigste Variante. Sie wäre aber für Kärnten (und Bayern) unweigerlich sehr schmerzvoll. Das hätte auch kein Tricksen ändern können. Und eine Insolvenz hätte auch sehr unerfreuliche Präjudiz-Wirkungen für die anderen Bundesländer. Daher wird sie wohlauch in Zukunft wegen des Vetos Wiens, Niederösterreichs sowie etlicher anderer Bundesländer niemals zustande kommen. Und die Herren Faymann und Spindelegger waren nicht Manns genug, gegen diesen Widerstand die beste Lösung durchzudrücken. Und werden es auch in Zukunft nicht.

Ich schreibe regelmäßig Kommentare für die unabhängige und rund um die Uhr aktuelle Informationsseite „Vienna.at“.

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