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Das deutsche Bundesverfassungsgericht sagt in einem aufsehenerregenden Beschluss, dass das umstrittene Anleihenkaufprogramm der Europäischen Zentralbank wahrscheinlich gegen EU-Recht verstößt. Karlsruhe legt deshalb die Angelegenheit nun – erstmals – dem Europäischen Gerichtshof vor. Das mögen viele Kritiker der EZB als Erfolg ansehen. Aber es ist leider nur ein Pyrrhussieg.
Denn in Luxemburg wird mit fast absoluter Sicherheit eine gegenteilige Rechtsmeinung obsiegen. Dort entscheidet die Mehrheit der (ja national bestellten!) Richter meist im nationalen Interesse. Und das liegt für viele Profiteure der EZB-Politik klarerweise in einer Fortsetzung dieser Politik. Obwohl sie gegen EU-Recht verstößt – und natürlich erst recht gegen die Interessen der Deutschen (und Österreicher).
Mit der Weiterleitung nach Luxemburg hat sich Karlsruhe in Wahrheit um eine eigene Entscheidung gedrückt (denn auch in Deutschland gibt es sehr linke Richter, die kein Problem mit dem hemmungslosen Gelddrucken haben). Damit ist die Causa jedenfalls über die EU-Wahl hinaus stillgelegt – was für Politiker ja immer das Allerwichtigste ist. Damit können sich zwar viele Deutsche und Österreicher in ihrer seit Jahr und Tag vorgetragenen Kritik an der EZB bestätigt fühlen. Aber es wird ihnen am Ende nichts helfen. Die EZB wird, wie schon selbstzufrieden angekündigt, ihre Politik letztlich ungehindert fortsetzen.
Trotzdem ist es erfreulich, wenn nun das Höchstgericht des größten EU-Landes vieles festhält, was man zwar seit langem sagt, was aber die EU-Verteidiger – zumindest bis zum Beginn des EU-Wahlkampfes – bisher immer totgeschwiegen oder mit Schimpfworten zurückgewiesen haben: Auch Karlsruhe sieht jedenfalls "gewichtige Gründe", dass die EZB-Politik „nicht vom Mandat der Europäischen Zentralbank gedeckt“ sein dürfte. Die EZB, so Karlsruhe weiter, sei nicht zu einer eigenständigen Wirtschaftspolitik ermächtigt. "Geht man – vorbehaltlich der Auslegung durch den Gerichtshof der Europäischen Union – davon aus, dass der (… EZB-)Beschluss als eigenständige und wirtschaftspolitische Maßnahme zu qualifizieren ist, so verstößt er offensichtlich gegen diese Kompetenzverteilung."
Der „Beschluss“ bezieht sich auf die Ankündigung des EZB-Präsidenten Draghi, in Zukunft wenn nötig auch unbegrenzt Anleihen der Krisenländer zu kaufen. Was diesen naturgemäß sehr geholfen hat, zu Lasten der sparsameren Europäer.
Freilich: Die Verfassungs-Richter aus Karlsruhe (jene in Wien greifen sowieso heikle Fälle gar nicht erst auf) sind trotz ihrer richtigen Erkenntnisse mehrheitlich aber doch der Auffassung, dass das EZB-Programm mit Einschränkungen aufrechterhalten werden kann. Und mit diesem Hinweis machen sie klar: Die EZB hat zwar Verträge verletzt, aber letztlich will (oder kann?) man ohnedies nicht ernsthaft etwas dagegen machen. Wieder einmal.
Das wird den EU-kritischen Parteien wohl noch mehr Zulauf bringen. Denn letztlich heißt das ja: Deutsche, Finnen, Österreicher und Niederländer mögen zwar an die Bedeutung von Recht und Verträgen glauben, aber in der heutigen EU hat letztlich immer die politische Macht das Sagen. Und die kümmert sich nicht sonderlich um das Recht. Für viele EU-Mitglieder ist das ja auch ganz normal.