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Warum BIC und IBAN verschoben werden

Niemand hat sich über die – zumindest anfängliche – Verkomplizierung von Banküberweisungen gefreut. Werden doch ohnedies alle Transaktionen ständig kompliziert. Aber dennoch ist es mehr als seltsam, wenn IBAN und BIC-Pflichten nun drei Wochen vor ihrer lange fixiert gewesenen Einführung plötzlich um sechs Monate verschoben werden. Als ob das am Prinzip irgendetwas ändern würde.

Scheinbar einziger Anlass: Viele Europäer sind mit dem Wechsel auf IBAN noch säumig – aber sie agieren völlig korrekt. Sind doch bis zum Stichtag problemlos IBAN-lose Überweisungen möglich. Daher erspart man sich bis dahin die elendslangen IBAN- (und fürs Ausland zusätzlich verlangten BIC-)Eingaben. Da uns eingetrichtert worden ist, wie günstig für uns alle der einheitliche europäische Zahlungsraum sei, wie sicher und leicht dann internationale Zahlungen wären, hat sich der brave Österreicher aber nicht sehr aufgeregt und sich vorbereitet. Viele Investitionen sind genau auf den Stichtag 1. Februar hin programmiert worden. Wenn wenigstens halbwegs ein Sinn hinter dem Tun der Politik erkennbar ist (was freilich immer seltener der Fall ist), dann beugt man sich ihr eh.

Warum dann jetzt die Verschiebung? Das wahre Motiv ist ganz eindeutig klar: Es ist ein parteipolitisches. Die beiden großen Parteiblöcke, die Europa noch dominieren, wollen vor der EU-Wahl keinen Wirbel haben. Einen solchen wird aber vor allem in Südeuropa die IBAN-Einführung jedenfalls auslösen. Deswegen will die Kommission die Pflicht einfach verschieben. Was freilich nichts ändert: Denn auch in einem halben Jahr wird es mancherorts genauso einen Wirbel geben. Niemand agiert freiwillig komplizierter, solange er nicht muss.

Mit diesem plötzlichen Rückzug hat sich die Union noch mehr als opportunistischer und in vielem nicht mehr ernstzunehmender Haufen entpuppt. Denn immer wieder beschließt man zuerst etwas ganz Ernstes, aber am Ende gilt es dann eh nicht. Das ist genau das, was einst nur als südeuropäische Krankheit gegolten hat, was aber jetzt zu einer europäischen geworden ist.

Das sehen wir bei immer mehr europäischen Regelungen. Daher wird auch kaum eine überhaupt noch ernst genommen. IBAN wird verschoben; das Bailout-Verbot gilt doch nicht; die alten Glühbirnen gibt es in bestimmten Geschäften weiterhin; die verbotene Schuldenpolitik geht überall weiter; die Maastricht-Kriterien sind eh nur ein Schmäh. Undundund. Und jetzt will halt nach so vielen südeuropäischen Schmähs auch schon Deutschland einen solchen versuchen und eine glatt EU-widrige Maut einführen, die alle Ausländer, aber nicht die Deutschen treffen soll.

Es ist traurig, wie sich das einst so stolze, und für den eigentlichen Binnenmarkt auch nach wie vor nützliche EU-Projekt selbst demontiert.

PS: Besonders grotesk: Jetzt ist nicht einmal der Rückzug fix. Jetzt wollen manche doch wieder einen Rückzug vom Rückzug . . .

 

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