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In (fast) aller Welt zeigt sich: Die Welt wird besser

Es gilt nicht nur in Hinblick auf die jüngste Entwicklung in der Türkei: Auch in anderen Ländern dieser Erde sollte man Vorgänge durchaus positiv sehen, die in den Medien meist nur negativ dargestellt werden. Nicht weil ich heute unbedingt alles durch die rosarote Brille sehen will, sondern weil es so ist. Dabei bieten auch Länder Anlass zu Freude, die im Tagebuch sonst gar nicht gelobt werden.

In der Türkei ist Machthaber Erdogan in arge Bedrängnis geraten. Und nach allem, was man zu den nach außen ja keineswegs noch ganz transparenten Vorgängen jetzt schon sagen kann, scheint eines klar: Auch ein mit absoluter Mehrheit regierender Mann kann in diesem Land nicht mehr nach Belieben schalten und walten.

Nachdem er im vergangenen Sommer noch recht unbeschadet die wochenlangen Protestkundgebungen in Istanbul und anderen Städten überstanden hat, zeigt sich jetzt an ganz anderer Front Erfreuliches: Die türkische Justiz lässt sich nicht mehr politisch herumkommandieren. Zumindest wichtige Exponenten der Justiz wagen es, dem scheinbaren Alleinherrscher mit seinen islamistisch-absolutistischen Attitüden entgegenzutreten.

Das heißt nun keineswegs schon, dass Erdogan jetzt stürzen wird. Das heißt auch nicht, dass die Alternativen zu ihm unbedingt besser sind. Das heißt aber: Es gibt in der Türkei heute eindeutig zumindest in wichtigen Positionen eine unabhängige Justiz, wo mutige Männer trotz großer persönlicher Risken gegen korrupte Politiker vorzugehen versuchen.

Eine unabhängige Justiz ist der absolut wichtigste Eckstein einer rechtsstaatlichen Entwicklung. Staatsanwälte, auf die brutaler Druck ausgeübt wird, wagen es dort dennoch, in die Öffentlichkeit zu gehen. Es ist in der Türkei unmöglich geworden, die üblen Machenschaften der Machthaber unter den Teppich zu kehren (Diesen Mut würde man übrigens bisweilen auch hierzulande manchen Staatsanwälten wünschen, die sich mehr einer Partei als dem Kampf gegen Korruption und Bestechungsinserate verpflichtet fühlen).

Die Existenz von Korruption in der Türkei ist hingegen nur eine banale Selbstverständlichkeit. Denn Korruption ist geradezu naturgesetzlich Folge von allzu ungefährdeten Machtsystemen. Wie sie in der Türkei oder auch im Wiener Rathaus zu finden sind.

Zumindest interessant ist, dass ausgerechnet ein Säulenheiliger der Linken, nämlich Boliviens Evo Morales, neuerdings öffentlich als Verteidiger der Kinderarbeit auftritt. Er verweist nicht nur auf seine eigene Kindheit, in der er natürlich gearbeitet hat. Er erinnert auch daran, dass Kinder in vielen Ländern etwa jedenfalls dann arbeiten müssen, wenn sie ihre Eltern verlieren. Außerdem, so der Bolivianer, fördere frühes Arbeiten das soziale Gewissen. Das ist eine Argumentationslinie, die absolut den üblichen Axiomen der naiven Gutmenschen widerspricht.

Seinen Argumenten müsste man auch noch das Stichwort Abtreibungen hinzufügen. In der dritten Welt würde deren Zahl mit Sicherheit steil steigen, sobald Kinder 14 Jahre lang nur noch als nutzlose Esser gelten, die nicht – so wie bei uns noch am Beginn des 20. Jahrhunderts – selbstverständliche Helfer etwa bei Ernten sein dürfen. Die Bereitschaft zu massenweisen Abtreibungen aus sehr egoistischen Motiven sieht man ja etwa an den total unterschiedlichen Zahlen von Mädchen- und Knabengeburten in vielen Ländern Asiens.

Die schöne heile Wohlfahrtswelt mit Kinderbeihilfen, Gratisfahrten und Gratisschulbüchern gibt es halt leider nur in einem sehr kleinen Teil der Welt (und dort wohl auch nur noch solange, bis das Schuldengebäude kollabiert). Im Rest der Welt weiß man hingegen, dass das Leben ein Existenzkampf ist, in dem man die eigenen Bedingungen und die der Kinder nur schrittweise und nicht per Dekret verbessern kann. Und wo Wunschdenken oft mehr Schaden als Nutzen anrichtet.

Erfreulich ist auch das Verhalten Indiens gegenüber den USA. In dem sich über allen Völkerrechtsregeln erhaben dünkenden Amerika war eine indische Diplomatin (im Streit um die Entlohnung ihrer Haushälterin) mit Handschellen abgeführt und erst gegen Kaution wieder freigelassen worden. Indien hat nun verkündet, dass künftig im Gegenzug auch amerikanische Diplomaten strafrechtlich nicht mehr immun sind. Das ist wahrscheinlich die einzige Sprache, die eine allzu anmaßend gewordene Supermacht versteht: die der Retorsion. Das Völkerrecht – das die Festnahme von Diplomaten verbietet – kann immer nur funktionieren, wenn volle Gegenseitigkeit herrscht. Wenn also auch gegenüber Supermächten jeder Staat Selbstbewusstsein zeigt.

Es ist aber auch erfreulich, wenn sich amerikanische Firmen gegen Erpressungen durch Gewerkschaften zu wehren verstehen. Diese hatten in Deutschland im Vorweihnachtgeschäft Amazon zu bestreiken versucht, um andere Kollektivvertragsbedingungen durchzusetzen. Die Gewerkschaften sind damit gescheitert, weil amerikanische sich zum Unterschied von europäischen Arbeitgebern nicht durch Streiks erpressen lassen. (Das schmälert übrigens nicht meine Aversionen gegen Amazon, gegen dessen zweitklassige Behandlung für österreichische Kunden und gegen dessen üble Praktik, dass dort Fremdlieferanten und deren unfreundliche Lieferbedingungen nur sehr schwer von Amazon-eigenen Angeboten auseinanderhaltbar sind. Deshalb gebe ich dem Versandgiganten nur dann Aufträge, wenn der heimische Handel versagt. Wie ich es in den letzten Wochen aber leider wieder einmal mit einem bestimmten Spielzeugwunsch erleben musste).

Das ablaufende Jahre brachte einen weiteren, erst im Rückblick klar werdenden historischen Erfolg: Die Lebensschutz-Initiative „One of us“ ist europaweit zu einem Erfolg geworden. Obwohl – oder gerade weil? – die ängstlichen und gerne politisch korrekten Bischöfe vieler Länder die Initiative lieber lange nur gedeckt aus der zweiten Reihe beobachtet haben. Die Menschen sind aber mündig geworden.

Auch ein neues Erkenntnis des Europäischen Menschenrechtsgerichtshofs gibt Grund zum Optimismus. Er hat dekretiert, dass jemand, der den Völkermord an den Armeniern als „internationale Lüge“ bezeichnet, nicht bestraft werden kann. Denn mit solchen Äußerungen werde nur vom Recht auf freie Meinungsäußerung Gebrauch gemacht.

Das macht Hoffnung, dass dieser EGMR auch die Freiheit der Meinungsäußerung in Österreich wieder auf das frühere Ausmaß ausdehnen wird. Hier wird sie ja durch Gerichte und Gesetzgeber zunehmend eingeschnürt (hier wird man sogar wegen der Bezeichnung „Kinderschänder“ für den Geschlechtsverkehr des Islam-Propheten Mohammed mit einer Neunjährigen verurteilt).

Allerdings wird die Freude dadurch ein wenig reduziert, dass beim EGMR Wartefristen von fünf bis sechs Jahren an der Tagesordnung sind. Nicht geschmälert wird die Freude über sein Erkenntnis hingegen durch den Umstand, dass auch ich natürlich den Völkermord an den Armeniern für eine eindeutige Tatsache halte (dieser ist übrigens durch k. und k. Diplomaten aufgedeckt worden – trotz des damaligen Weltkriegs-Bündnisses mit dem Osmanischen Reich).

Jedenfalls sensationell ist das, was sich in China tut. Da hat etwa der Botschafter in Deutschland nicht nur von den Problemen mit dem hohen Ressourcenverbrauch gesprochen, er hat nicht nur angekündigt, dass künftig der Markt die entscheidende Rolle haben werde, sondern er hat auch politische Reformen verlangt: Rechtsstaatlichkeit sei der Schlüssel. „Alle müssen gleich sein vor dem Gesetz. Auch die Partei darf nicht darüber stehen." Das passt ganz zu dem, was sein oberster Parteichef erst vor ein paar Tagen gesagt hat, was vor wenigen Jahren noch als Hochverrat gewertet worden wäre: Auch Mao sei nur ein Mensch gewesen; und auch Mao habe Fehler begangen. Solches Umdenken ist revolutionärer als viele Aufstände, bei denen Zehntausende umkommen.

Ebenso klar positiv ist (trotz verbreiteter Kritik) die schon einige Wochen zurückliegende Tatsache, dass die deutsche SPD ihre Parteimitglieder darüber entscheiden ließ, ob sie eine Koalition mit der CDU eingehen soll. Unabhängig vom Urteil über diese Koalition ist die Abstimmung eine neue Bestätigung dafür, dass die Krise der Parteiendemokratie nur durch mehr direkte Demokratie überwunden werden kann.

Noch ein anderes lobenswertes Exempel direkter Demokratie hat sich im Vorjahr in Deutschland abgespielt: In Oberbayern ist bei regionalen Volksabstimmungen das Projekt Olympischer Spiele 2022 abgelehnt worden. Die Bürger haben gespürt, dass sie selbst nur die Lasten und die Kosten solcher immer gigantomanischer werdenden Projekte zu tragen haben. Der Nutzen kommt hingegen nur den Sportfunktionären, Journalisten und Sportlern zugute. Wenn sich mehrere solcher Signale häufen, wird die Folge eine klare Alternative sein: Der Sport schrumpft entweder auf eine selbsttragende Finanzierung, oder er kann seine Großveranstaltungen samt dem damit verbundenen Milliardengeschäft für einige wenige nur noch in Halb- oder Ganzdiktaturen wie Russland oder Katar abhalten. Wo Machthaber solches für ihre Selbstdarstellung brauchen (bis sie dann selbst gestürzt werden).

Überhaupt nicht neu ist die Tatsache, aber nach Weihnachten wieder einmal ins Bewusstsein gerückt ist die Tatsache, dass etwa in der sozialdemokratisch regierten Stadt Berlin Geschäfte 7 x 24 Stunden offen haben dürfen. In Wien aber gehen vor allem am Sonntag die Rollläden eisern zu. Jedoch ist in Berlin keine der von den hiesigen Gewerkschaften prophezeiten Katastrophen zu beobachten. Zugleich fehlen in Berlin die unwürdigen Szenen und Drängeleien, wie sie etwa an den Weihnachtsfeiertagen in den wenigen offen halten dürfenden Wiener Supermärkten zu beobachten waren.

Diese vielen positiven Entwicklungen können uns darüber hinwegtrösten, dass es in anderen Ländern ziemlich jammervoll zugeht, etwa seit einigen Tagen im Südsudan und in Zentralafrika. Irgendwie ist es aber auch schade, dass sich für diese Sammlung erfreulicher Beispiele und Entwicklungen so gar kein österreichisches Exempel gefunden hat. Bisher gab und gibt es beispielsweise in den vielen Interviews neuer (oder alter) Minister ja keinen einzigen Satz, den man freudig aufnotieren könnte.

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