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Das hat es noch nie gegeben: Im ÖVP-Klub sitzen gleich vier durchwegs gegen ihren Willen abgeschossene und durchwegs erboste Ex-Minister. Im letzten Parlament saßen zwar am Beginn auch drei schwarze Ex-Minister; aber nur Martin Bartenstein blieb bis zum Ende, kurzfristig waren dort auch seine Exkollegen Plassnik sowie Molterer: Jedoch alle drei wollten sehr bewusst einer Regierung unter dem von ihnen verachteten Werner Faymann nicht angehören und alle drei haben ihren Akzent sofort wo anders hin verlagert.
Das ist jetzt ganz anders. Jetzt hat sich ÖVP-Chef Michael Spindelegger erstmals in der eigenen (noch dazu klein gewordenen) Fraktion eine kritische Viererbande eingehandelt. Ob er sich des Risikos dieser völlig unnötigen Entscheidung aber überhaupt bewusst ist?
Diese vier haben noch dazu durchwegs langjährige politische Erfahrung, weit längere als ihre Nachfolger. Daran ändert auch die Tatsache nichts, dass Nikolaus Berlakovich nicht gerade ein erfolgreicher Minister gewesen ist. Zwei der vier haben sogar schon zwei ganz verschiedene Ministerien geleitet. Und Maria Fekter hat neben der Leitung des Finanz- und des Innenressorts überdies auch im Bereich Wirtschaft und Justiz jahrelang politische Spitzenfunktionen bekleidet.
Lediglich der abgeschossene Wissenschaftsminister Karlheinz Töchterle war relativ kurz im Kabinett – aber gerade er war bei den Wählern besonders beliebt. Und gerade er nimmt sich schon jetzt am allerwenigsten ein Blatt vor dem Mund. Er hat postwendend angekündigt, gegen das erste Gesetz der neuen Regierung zu stimmen. In der Kritik an der Zerschlagung des Wissenschaftsministeriums steht er überdies alles andere als allein. Er bildet die Spitze einer breiten Protestwelle sehr artikulationsstarker Persönlichkeiten.
Alleine dadurch wird die ÖVP zweifellos einen nachhaltig schweren Schaden erleiden. Diesen kann der dem gesamten Wissenschaftsbetrieb total ferne Reinhold Mitterlehner als nunmehr Zuständiger mit Sicherheit nicht reduzieren. Unsensibler Umgang mit Universitäten ist das dümmste, was ein Politiker tun kann. Das hätte die ÖVP eigentlich schon unter Elisabeth Gehrer lernen sollen.
Daran ändert im übrigen auch die Tatsache nichts, dass man eigentlich im Umkehrvorgang auch an den Universitäten selbst massive Kritik üben könnte und müsste. Denn diese gehen alles andere als sinnvoll mit dem Steuergeld um. Ihr Leistungsnachweis besteht immer nur in Worten und Hochglanzbroschüren, nie in konkreten Ergebnissen. Fast alle Unis fallen fast bei jedem internationalen Ranking von ohnedies schon schlechten Rängen noch weiter zurück. Völlig unnötige Bereiche wie die Genderei werden ausgebaut, die wichtigen und zukunftsträchtigen werden hingegen bürokratisch schikaniert.
Aber weder SPÖ noch ÖVP haben substantielle Kritik an den Universitäten zu formulieren gewagt. Dazu fehlte der Politik das Format. Und auch Töchterle selbst – der das Format hätte – war diesbezüglich immer sehr beißgehemmt.
Aber zurück ins Parlament: Töchterle, Fekter, Berlakovich und Beatrix Karl werden dort ÖVP-intern eine kritische Masse als Gegenpol zu der alles andere als ruhmreichen Koalition bilden. Es ist durchaus möglich, dass die Vier das – bei aller Unterschiedlichkeit – auch nach außen zeigen werden. Man sollte nicht vergessen, dass schon in der Vergangenheit der ÖVP-Klub keineswegs immer das apportiert hat, was in der Regierung ausgeschnapst worden war. Etwa zuletzt beim Stichwort Direkte Demokratie.
Die Vier können im Klub auch Bereiche abdecken, teilweise sogar mehrfach abdecken, die in der ÖVP bei der letzten Wahl völlig ignoriert worden sind: etwa Justiz, etwa Bildung, etwa Wissenschaft. Das verleiht ihnen zusätzliches Gewicht.
Jedenfalls darf Michael Spindelegger bei keinem der vier auf persönliche Loyalität hoffen. Ganz im Gegenteil. Da sind vier Rechnungen offen, die jetzt fünf Jahre lang abgerechnet werden können. Und auch Parlamentsvizepräsident Karlheinz Kopf ist nicht ganz freiwillig von der Klubführung abgegangen (auch wenn er im neuen Job mehr verdient). Damit könnte noch ein weiterer erfahrener Mann als Spindelegger-Kritiker zu den vier Ex-Ministern stoßen.
Damit hat Spindelegger schon automatisch ein Zehntel seiner Fraktion offen oder insgeheim gegen sich, und zwar das weitaus erfahrenste Zehntel. Keiner davon braucht mehr zu kuschen, weil er noch etwas werden könnte. Das ist alles andere als eine vertrauenerweckende Situation für den Vizekanzler. Zugleich stürzt der ÖVP-Chef bei den Meinungsumfragen nach unten.
Zugleich steht an der Klubspitze mit Reinhold Lopatka ein neuer Mann, der sich trotz seines politischen Geschicks in dieser Situation extrem schwer tun wird. Er wäre jedenfalls ziemlich schlecht beraten, wenn er sich auf Loyalitätsschwüre der Vier – oder Fünf – allzu sehr verlassen würde.
Auf der roten Gegenseite gibt es hingegen keinen einzigen abgeschossenen Minister. Lediglich ein frustrierter Altklubobmann hat dort kritisches Potential. Damit ist bei der SPÖ in der Summe das Antiregierungspotential lange nicht so gefährlich für das rote Regierungsteam wie bei den Schwarzen.
Wen Politik interessiert, der sollte jedenfalls sehr genau die schwarzen Vorgänge im Parlament beobachten. Dort dürfte es viel spannender werden als in der Regierung.