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Ich hatte vor ein paar Tagen die Ehre, in Berlin die Laudatio anlässlich einer Preisverleihung an die Bestsellerautorin Birgit Kelle zu halten. Da ich auch von deutschen Freunden gebeten wurde, den Text zu publizieren, darf ich das hier in Grundzügen tun.
Birgit Kelle steht heute für den ganzen deutschsprachigen Raum an der Spitze einer zentralen Auseinandersetzung. Nämlich jener mit der Diktatur des immer aggressiver werdenden Feminismus, nicht nur mit seinen Dummheiten, sondern auch den Schäden, die er anrichtet. Diese Auseinandersetzung ist für das Überleben unserer europäischen Kultur, die ein halbes Jahrtausend global dominierend gewesen ist, ebenso wichtig wie jene mit den anderen zentralen Bedrohungen:
Männer tun sich schwer mit dem Feminismus. Entweder sie sind desinteressiert, oder fühlen sich in der Defensive oder haben prinzipiell schlechtes Gewissen.
Anfangs haben sich sprachsensible Männer wie Frauen bloß über die Verhunzung der Sprache amüsiert, über das Binnen-I, über das „Elter“ (für Vater und Mutter), über „Mitglieder und Mitgliederinnen“, über Bürgerinnenmeisterinnen. Aber auch da wäre schon ein Aus mit Lustig am Platz gewesen. Ist doch der Schaden durch solche Texte enorm, da sich immer mehr Kinder beim sinnerfassenden Lesen schwertun.
Bloß amüsant war für manche auch, dass staatlich finanzierte Universitäten das Basteln von Sex Toys als Lehrveranstaltung angesetzt haben.
Dann kam die Quotendiskussion mit zahllosen opportunistisch verlogenen Aussagen. Wenn ein Generaldirektor eines in Vorstand und Aufsichtsrat rein männlich geführten Konzerns in Interviews für Frauenquoten plädiert, kann das ja nur so bezeichnet werden. Warum fängt denn der Typ nicht bei der eigenen Firma an, ganz ohne Gesetz?
Dazu kommt, dass solche Quoten ja erst recht frauenfeindlich sind, wie Kelle so scharf aufzeigt: Wer soll denn dann noch eine Frau in Spitzenfunktionen ernst nehmen, wenn Männer wie Frauen sie hinter ihrem Rücken als Quotenfrau abtun können?
Gleichzeitig trommelte ständig die Behauptung der dramatisch ungleichen Bezahlung quantitativ wie qualitativ gleicher Arbeit von Männern und Frauen auf uns ein. Und wieder reagierten Männer in ihrer Unbedarftheit schuldbewusst, ohne zu durchschauen, wie sehr da Äpfel mit Birnen, nein geradezu mit faulen Bananen verglichen werden. Wenn das, was da Linke und Feministen behaupten, nämlich wahr wäre, dann wäre jeder Unternehmer grenzdebil, der sich nicht durch Beschäftigung von Frauen einen 20-, 25-, ja 27-prozentigen Vorteil gegenüber den Konkurrenz verschafft und dicke kapitalistische Gewinne scheffelt.
Dann kam die Flut behaupteter Missbräuche in Rosenkriegen. Gegen den Ex-Mann, gegen den neuen Freund der Frau. Da war‘s dann überhaupt nicht mehr lustig. Denn nach Ansicht von Experten ist in mindestens einem Drittel der Fälle der Missbrauch unwahr. Man will nur die taktische Position verbessern. Selbst um den Preis der Vernichtung von Existenzen. Selbst um den Preis schwerer Schäden an verunsicherten Kindern.
Dennoch schien gegen viele dieser und anderer unsinnigen Behauptungen der Feministinnen kein Kraut gewachsen. Sie wurden durch ständige Wiederholungen zwar auch nicht wahrer, aber von allzu vielen doch geglaubt: Bis Frauen selbst die Dinge in die Hand genommen haben.
Und da steht Birgit Kelle heute an der Spitze. Schon allein deshalb, weil sie brillant schreiben und mutig wie kantig diskutieren kann. Das hat Wirkung, das hat Power.
Ich habe mich auch selbst einige Zeit mit dem Gedanken getragen, ein Buch über und gegen all die Dummheiten des Feminismus zu schreiben. Aber als ich Birgit Kelles „Dann mach doch die Bluse zu“ in die Hände bekommen habe, wusste ich: Das kann wer anderer viel besser als ich. Und habe mir viel Arbeit erspart.
Birgit Kelle ist nicht nur wegen ihrer brillanten Schreibe wirksamer: Es war vor allem dringend notwendig, dass endlich auch Mütter das Wort ergreifen. Denn diese werden ja von den vielen kinderlosen Frauen als Geiseln genommen. Die Kinderlosen hatten die Frauen mit Kindern instrumentalisiert, um ihre eigenen Karriere-Anliegen vorantreiben zu können.
Mütter haben aber viel weniger Zeit. Daher findet man sie seltener in Redaktionsstuben oder bei Parteiversammlungen. Dort trifft man fast immer nur die Singlefrauen oder ein paar, die dann mit 40 schnell noch ein Kind anschaffen, weil das geht ja mit links, weil das kann man eh gleich wieder abgeben. Solche Frauen dominieren aber in sehr vielen Medien und Parteien heute die Familien- und Gender-Themen. Obwohl sie am allerwenigsten Erfahrung haben. In Österreich etwa haben Journalistinnen im Schnitt 0,6 Kinder, also nicht einmal die Hälfte des ohnedies viel zu niedrigen nationalen Schnitts. Daher wäre logisch: Wenn schon Quote, dann nur für Frauen mit Kindern. Aber natürlich ist jede Quote leistungshemmend und diskriminierend. Daher strikt abzulehnen.
Mitschuld an vielen Fehlentwicklungen sind jedoch in hohem Maß männliche Journalisten. Diese gehen dem Themenkreis oft feige oder desinteressiert aus dem Wege und überlassen es daher der Miniminderheit der Singlefrauen.
Und jedenfalls haben Mütter keine Stimme in all den politischen und gesellschaftlichen Auseinandersetzungen um sie.
Dieser heute vorherrschende linke Mainstream ist umso absurder, als auf der Gegenseite liberale wie konservative Denkmodelle eigentlich eng zusammengehen, mehrheitsfähig sind und zu sehr ähnlichen Ergebnissen führen. Jedem liberal denkenden Menschen muss das Recht auf Freiheit, auf freie Entscheidung insbesondere im familiären Feld der wichtigste Wert sein. Und jeder konservativ, jeder christlich geprägte Mensch muss die Pflichten gegenüber der eigenen Familie, den eigenen Kindern, dem eigenen Nächsten an oberste Stelle stellen.
Aber dennoch traut sich fast niemand in der Öffentlichkeit für die Familien zu kämpfen. Denn die Linken haben derzeit – noch – die Oberhoheit über die medialen Stammtische.
Die einstige Usance, dass die Männer, die Väter auch die Interessen von Frauen und Kindern zu vertreten haben, gilt nicht mehr. Gewiss haben die Männer dabei auch oft an sich gedacht und die eine oder andere Schieflage in traditionellen Gesellschaften mit zu verantworten. Ihnen wird heute aber auch weit darüber hinaus im öffentlichen Diskurs jedes Mitvertretungsrecht für ihre Familie abgesprochen, auch in jenen großen Bereichen, wo sie es durchaus sinnvoll verwendet haben.
Bei aller Bereitschaft, sich offen jeder Kritik zu stellen, ist unbestreitbar klar: Es gibt keine einzige Kultur, keine einzige Religion, in der einerseits die Freiheit aller Menschen wie auch die Gleichwertigkeit von Männern und Frauen so stark, in weiten Bereichen so selbstverständlich ist wie in der durch Christentum und Aufklärung geprägten europäisch-amerikanischen Welt.
Spätestens seit dem 18. Jahrhundert, seit einer Maria Theresia oder einer Katharina ist das auch durch ganz große Kaiserinnen so demonstriert worden. Dass damals hier in Berlin auch ein anderer, ebenfalls als groß bezeichneter König Maria Theresia ihre vollen Rechte abspenstig machen wollte, will ich hier als österreichischer Gast geflissentlich übergehen. Jeder hat so seine Traumata.
Jedenfalls hat Maria Theresia geradezu im Übermaß gezeigt, dass man sowohl eine zugleich konservativ-wertebewusste und aufklärerisch-reformorientierte Herrscherin sein kann wie eine liebevolle Frau und Mutter. Auch wenn es sicher keine Idealsituation ist, vom Wochenbett aus Kriege führen zu müssen.
Ohne jetzt Vergleiche überstrapazieren zu wollen, scheinen Maria Theresia und Birgit Kelle noch etwas gemeinsam zu haben: eine starke und innige Beziehung zum katholischen Glauben, zu dem Kelle vor zwei Jahren konvertiert ist. Für die Habsburgerin war das natürlich selbstverständlich, für Kelle war das ein langer Prozess der inneren Prüfung und Auseinandersetzung, was die Konversion umso wertvoller macht.
Das erinnert mich übrigens auch an Sabatina James, die tapfere Konvertitin aus dem pakistanischen Islam, die jetzt – von Todesdrohungen begleitet – mutig und eloquent für islamische Frauen kämpft. Ihr ist zwar von einem evangelikalen Christen das Evangelium nahegebracht worden. Aber sie hat sich dann ganz aus eigenem für den Katholizismus entschieden, nach dem Coca-Cola-Motto: It’s the real thing.
Die Konversion Birgit Kelles war aber nicht nur eine religiöse. Sie war unabhängig davon auch eine politische. Wenn Klassenkolleginnen bei Treffen fassungslos sind, dass aus der wilden, schultypisch grün aufmüpfigen Birgit eine bürgerliche, offenbar glückliche Familienmutter und politische Kämpferin für Mütter und Familien geworden ist, dann zeigt das noch in ganz anderer Hinsicht einen intellektuellen Milieuwechsel.
Da ist sie zweifellos auch von ihrer Familie mitgeprägt worden, von einem Ehemann, der selbst vor mehr als einem Vierteljahrhundert konvertiert ist; und von vier großartigen Kindern, die alle mitziehen, wenn die Mutter jetzt zur internationalen Persönlichkeit geworden ist.
Wenn ich zuvor gemeint habe, dass der europäischen Kultur nach 500 dominierenden Jahren der Abstieg droht, dann führt das noch zu einer ganz anderen Annäherung an Birgit Kelle: Sie kommt aus einer inzwischen schon untergegangenen Kultur, aus jener der Siebenbürger Sachsen. Diese ist nach mehr als sechs Jahrhunderten in aller Stille verschieden, aber umso beklemmender.
Ich erinnere mich noch, wie einer meiner Lehrer den Schmuggel von deutschen Bibeln nach Rumänien organisiert hat. Ich erinnere mich an Besuche nach der Wende in diesem Siebenbürgen, wo in den Dörfern heute des Sommers viele Golf mit Kölner Kennzeichen stehen – lauter Sachsen, die ihre Heimat besuchen, die sie verlassen hatten, weil sie keine Zukunft mehr gesehen haben. Denn im restlichen Jahr ist kein einziges deutsches Auto da.
Besonders ergreifend ist für mich die Erinnerung an einen Besuch bei Eginald Schlattner, den Pastor und Bestsellerautor, in seiner Kirche in Rothberg. Dort hängen noch die schönen deutschen Prozessionsfahnen, nur gibt es keine Prozessionen mehr, keine Gottesdienste. Und Schlattner zeigte ins Dunkel unter der Orgel: „Schauen Sie, dort stehen drei Särge für die letzten Deutschen im Ort. Wir hoffen halt, dass uns unsere braunen Brüder dann wenigstens in den Sarg liegen, wenn er schon da steht.“
Wem da nicht weh ums Herz wird, der hat wohl keines.
Ich bin überzeugt, dass gerade ihre Kindheit in diesem Siebenbürgen Birgit Kelle stark prägt. Sie hat so wie ihre Eltern und Großeltern erstens die Idiotien eines Totalitarismus erlebt. Und sie hat zweitens das Sterben einer Kultur gesehen. Da schaut man nicht tatenlos zu, wenn es wieder um das Überleben einer Kultur geht. Da gewinnt man Stärke, gegen ideologische Unsinnigkeiten aufzutreten.
Und diese Stärke sollte sich auch auf uns alle übertragen, insbesondere auch auf uns krawattentragende Männer. Jeder Kampf ist erst verloren, wenn man sich selber aufgibt. Oder mit Schiller: „Was man nicht aufgibt, hat man nie verloren“.
Gerade in Tagen und Wochen, da in Deutschland wie Österreich Koalitionsverhandlungen Katastrophales für Familien bedeuten,
da brauchen wir nichts dringender, als ermutigende Persönlichkeiten. Die nicht aufgeben. Die mit jungem Schwung kämpfen.
Birgit Kelle ist eine solche.