Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Abonnenten können jeden Artikel sofort lesen, erhalten anzeigenfreie Seiten und viele andere Vorteile. Ein Abo (13 Euro pro Monat/130 pro Jahr) ist jederzeit beendbar und endet einfach durch Nichtzahlung.
Die österreichischen Lehrer werden bald streiken. Noch viel mehr Grund zum Streik haben eigentlich alle an Bildung interessierten Schüler und Eltern. Denn sie sind das eigentliche Opfer dessen, was die Regierung da beschließt.
Darüber wird in der Öffentlichkeit nur viel weniger diskutiert als über die Interessen der Lehrer selber. Die Familien hingegen, im konkreten Fall die Eltern von Schulkindern, die sind hierzulande immer nur Objekte, Opfer der Politik und der Sozialpartner. Sie werden nicht als Akteure und Verhandlungspartner akzeptiert, obwohl sie die eigentlich Wichtigsten eines Schulsystems sind.
Mit dem Schulpaket sind die Familien nach der zynischen Rücknahme aller fixen Familienbeihilfen-Versprechen zum zweiten Mal binnen weniger Tage Hauptopfer des rot-schwarzen Murks. Das zeigt sich an vielen Aspekten des von der Regierung oktroyierten Lehrerdienstrechts:
Es ist völlig rätselhaft, warum die ÖVP all dem zustimmt. Zumindest für etliche Jahre wird dadurch das derzeit so dominierende Budgetloch ja noch vergrößert. Und die bürgerliche Partei verärgert nach den Familien neuerlich Kernwählerschichten zutiefst: Diesmal sind es bildungsorientierte Eltern und Lehrer.
Der einzige Grund kann nur darin liegen, dass die Partei überhaupt keinen Bildungs- und Schulspezialisten mehr hat. Die sind alle abgeschossen und ausgeschieden. Wenn jetzt auch in diesem Bereich der Außenamts-Staatssekretär, Ex-Sportstaatssekretär, gegenwärtige Finanzstaatssekretär, Ex-Generalsekretär und Klubobmann-Kandidat Reinhold Lopatka den Sprecher abgeben muss, obwohl er noch nie als Bildungsexperte aufgetreten ist, dann zeigt das, wie ausgedünnt der schwarze Haufen ist.
Die Tatsache, dass es schon 35 Verhandlungsrunden gegeben hat, ist jedenfalls in keiner Weise ein inhaltliches Argument. Sie macht aus einem katastrophalen Inhalt keinen guten. Wenn immer derselbe Unsinn besprochen wird, kann doch die Dauer der Verhandlungen kein Argument sein, dass daraus plötzlich etwas Sinnvolles geworden wäre. Außerdem war der Großteil der Verhandlungen ohnedies nur zum ministeriellen Zeitschinden auf Beamtenebene gedacht.
Es kann nur der Druck von Wirtschaftskreisen sein, die von Schule und Bildung absolut keine Ahnung haben, der da die ÖVP wieder zum Umfallen gebracht hat. Diese Kreise diagnostizieren zwar zu Recht ein Problem mit vielen Schulabbrechern, die Jobs in der Wirtschaft wollen. Sie begreifen aber nicht, dass das zum einen Folge von leistungsfeindlichen, aber als „progressiv“ verkauften Reformen während der letzten Jahrzehnte gewesen ist. Und zum anderen ist das Bildungsproblem Folge der einstigen Gier etlicher Industriebranchen nach Billigstarbeitskräften aus der Dritten Welt, deren Kinder sich aber nun (überraschenderweise?) als völlig bildungsferne erweisen.
Pikant ist übrigens auch, dass dieselbe Wirtschaft ihren Gegenüner-Gewerkschaften bisher immer nachgegeben hat, die jetzt die Regierung in einen Krieg mit den Beamtengewerkschaften gehetzt hat.
Das einzig Sinnvolle am neuen Dienstrecht hätte man Schritt für Schritt bei jeder Beamtenlohnrunde einfließen lassen sollen: ein stärkeres Steigen der Anfangsgehälter und ein weitgehendes Einfrieren der hohen Schlussgehälter. Davon redet man zwar seit Jahrzehnten, schiebt es aber schon ebensolange auf.
Dazu kommt der Widerspruch zu den plötzlich eingestandenen Budgetnöten der Regierung. Ausgerechnet da beschließt sie ein Paket, das ihr – nein: uns! – durch die höheren Einstiegsgehälter wohl in den ersten Jahren deutlich teurer kommen wird. Geht’s noch dümmer?
Aber ist es nicht notwendig gewesen, die Lehrer zu mehr Arbeit zu zwingen? Im Prinzip zweifellos, ja. Aber es ist schon etwas merkwürdig und den Lehrern schwer erklärbar, wenn sie jetzt österreichweit die einzigen sind, die deutlich mehr arbeiten müssen. (auch wenn es vorerst scheinbar „nur“ die Neuanfänger sind; aber diese Zweiklassengesellschaft in den Schulen wird sich mit Sicherheit nicht jahrelang halten, sodass die älteren Lehrer bald auch erfasst sein werden).
Vor allem wäre es viel klüger gewesen, die Lehrermehrarbeit durch Kürzung der vielen Ferienzeiten um mindestens eine, wenn nicht zwei oder drei Wochen zu erreichen. Und nicht dadurch, dass man mehr Wochenstunden aus ihnen herausholt. Für kürzere Ferien hätte sich der Krieg mit der Gewerkschaft gelohnt. Das hätte den Kindern genutzt.
Parteipolitisch muss die ÖVP nun eine verheerende Bilanz ziehen (falls sie wenigstens noch zum Bilanzziehen imstande ist): Nach den Familien hat sie mit Lehrern und Eltern binnen weniger Tage weitere Kernwählerschichten brutal vor den Kopf gestoßen, ihnen vor der Wahl ganz andere Signale geschickt als nachher.
PS: Die einzige Hoffnung der Regierung liegt darin, dass der Hauptsprecher der Lehrer bei öffentlichen Auftritten alles andere als klug und sympathisch agiert. Ein Betonfunktionär, der rein im Gewerkschafts-Denken verhaftet ist, dürfte die Sympathien der Eltern bald schwinden lassen. Die aber gibt es vorerst sehr wohl. Ganz im Gegensatz zu den Behauptungen des Links-ORF, der aus den von den Zeitungen ausgewählten Leserbriefen eine massive Antilehrer-Stimmung abzulesen versucht (wobei vermutlich im ORF eh nur Standard, Falter und Profil gelesen werden). Übrigens ist der ORF so SPÖ-hörig, dass ihm dabei nicht einmal die überraschende Distanzierung der Grünen vom Dienstrechtentwurf auffällt.