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Rot und Schwarz versuchen verzweifelt, durch neue Nachrichten vom Mega-Desaster ihrer bisherigen Koalitionsverhandlungen abzulenken. Offensichtlich aus diesem Grund wird nun das Thema „Alle Schulen in die Länder-Kompetenz“ in die Medien gespielt. Was würde eine solche Kompetenzverlagerung aber bedeuten? Sie bringt ja sowohl auf politischer wie auch verfassungsrechtlicher Ebene alle Denkmuster durcheinander. Noch viel wichtiger ist aber, was eine solche Änderung für Schüler und deren Bildung wie Ausbildung bedeutet.
Die wichtigste politische Bedeutung ist die endgültige Bestätigung dessen, was sich schon seit längerem abzeichnet: Angesichts der Schwäche der beiden Männer an der Regierungsspitze haben die Landeshauptleute gewaltig an Macht und Einfluss gewonnen. Während vor allem die schwarzen Minister sowie die an der Schulmisere hauptschuldige Claudia Schmied fast durchwegs zu Rücktrittskandidaten und lahmen Schweigeenten degradiert worden sind, dominieren die Landeshauptleute die Koalitionsverhandlungen.
Deren Machtzuwachs tut es auch keinen Abbruch, dass sie sich dabei in den letzten Wochen mehr als blamiert haben: vom Bruch des einzigen gemeinsamen Wahlversprechens (Familienbeihilfen-Valorisierung) bis hin zur erbärmlichen Kommunikation. Insbesondere negativ aufgefallen ist diesbezüglich übrigens der Vorarlberger Markus Wallner. In Summe hat die Koalition jedenfalls abwechselnd folgende Botschaften ausgeschickt: Plötzliches Loch entdeckt– welches Loch? – noch größeres Loch – doch gar kein Loch – totale Fehler der Wirtschaftsforscher – positive Wirtschaftsprognosen – katastrophale Wirtschaftsprognosen.
Dennoch sollte man die Idee der Schul-Verländerung unvoreingenommen prüfen. Selbst die Tatsache, dass sie vor allem mit der Person des Niederösterreichers Erwin Pröll verbunden wird, macht sie noch nicht automatisch zum Unsinn. Der Transfer der Schulen in die Länderkompetenz ist jedenfalls eine alte Forderung mehr oder weniger aller Landeshauptleute, quer über die Parteigrenzen.
Vor allem die Wiener Medien und die Bundesbürokraten sollten sich von ihrem Vorurteil lösen, dass Zentralismus, dass angeordnete Vereinheitlichung automatisch besser wäre. Dafür gibt es keinerlei seriösen Beweise. Ganz im Gegenteil; in vielen Bereichen ist Zentralismus nur teuer und lebensfern. Eine Verländerung würde auch – hoffentlich – die ständigen lächerlichen Konflikte zwischen Bund und Ländern beenden. Denn jetzt zahlt der eine, während die anderen die Pflichtschullehrer anstellen. Fast zwangsläufig ergeben sich daraus immer wieder Diskrepanzen.
Für die Mehrheit der Österreicher ist ganz eindeutig mehr Sympathie und Vertrauen zum eigenen Bundesland vorhanden als zum Bund. So etwas ist in einer Demokratie zu respektieren, sofern nicht gravierende Gründe dagegen sprechen. Beispielsweise Landesverteidigung macht nur österreichweit einen Sinn (eigentlich ja überhaupt nur EU-weit; aber das, was wirklich wichtig ist, schafft die EU ja nicht).
Überdies hat Claudia Schmied mit ihrer blamabel gescheiterten Schulpolitik, die nur von Ideologie statt Bildungserfordernissen getrieben war, fast jedes Vertrauen in die Bundeskompetenz bei der Bildung zerstört. In dieser Zeit hat sich die Meinung rapid verbreitet: Schlimmer kann es eigentlich nicht mehr werden.
Erst jetzt zeigt die gerichtliche Aufarbeitung (an der Wiener Staatsanwaltschaft vorbei), wie sehr die für sich selbst in peinlicher Weise „Grandezza“ in Anspruch nehmende Frau ständig Recht gebrochen hat: Vom fix bestellten Direktor der Tiroler Pädagogischen Hochschule bis zu den Leitern des Bildungsinstituts bifie hat sie Menschen zu Unrecht gefeuert. Die Entschädigungen dafür werden am Ende sehr teuer kommen – die Steuerzahler, nicht Schmied.
Dabei hatte bei ihr ein falscher Satz in einem Interview genügt, und schon war der Betreffende seinen Posten los. Wie soll man da junge Menschen zur Zivilcourage und eigenen Meinung erziehen können, wenn die oberste Bildungschefin sich so verhält? Schmied hatte im ganzen Schulbereich die Überzeugung geschaffen: So brutal wie bei ihr geht es nicht einmal bei Erwin Pröll oder Michael Häupl zu (höchstens im Burgenland, aber das ist ein wenig zu unbedeutend).
Interessant ist, dass auch in Deutschland die Schulen verfassungsrechtlich Ländersache sind. Was dort ganz überwiegend als positiv bewertet wird. Freilich muss korrekter Weise hinzugefügt werden, dass die deutschen Bundesländer mehrheitlich deutlich größer sind als die österreichischen.
Damit sind wir beim Verfassungsrecht gelandet. Dieses ist in Wahrheit der Hauptgrund, warum der ganze Schul-Deal voraussichtlich doch scheitern dürfte, unabhängig von allen Vor- und Nachteilen. Denn er braucht mit Sicherheit eine Verfassungsänderung, egal wie er im Detail aussieht. Es ist aber unwahrscheinlich, dass eine der Oppositionsparteien Interesse an einem Mitziehen haben wird. Sind doch seit dem blau-orangen Selbstmord in Kärnten die Landeshauptleute wieder eine uneinnehmbare schwarz-rote Festung geworden.
Daher müsste sich die Koalition die Zustimmung von Oppositionsparteien für die notwendige Zweidrittelmehrheit teuer erkaufen. Jede von ihnen würde wohl einen zu hohen Kaufpreis für ein Mitstimmen verlangen. Überdies kommen gemäß den neuen Mehrheitsverhältnissen im Parlament schon rein zahlenmäßig ohnedies nur FPÖ oder (ganz knapp) die Grünen als Zweidrittelbringer in Frage. Auch daher scheint ein Scheitern eines Projekts, das hinter rot-schwarzen Polstertüren und an ebenso gefärbten Heurigentischen ausgebrütet worden ist, so gut wie sicher. Und die Grünen sind überdies die geborenen Zentralisten, also für Subsidiarität nicht zu haben.
Aber auch ÖVP-Vizekanzler Michael Spindelegger wird innerlich nicht sonderlich interessiert sein, für dieses Projekt Konzessionen zu machen. Denn für ihn selber ist ja die persönliche Perspektive an der Verländerung besonders peinlich: Der Schul-Deal wird reihum als Projekt Faymann-Pröll verkauft werden. Pröll wäre also bei einem Erfolg endgültig als der starke schwarze Übermann einzementiert, Spindelegger hingegen nur noch als Marionette. Diese Optik kann nicht in seinem Interesse liegen.
Außerdem werden mit Sicherheit einige VP-nahe Wirtschaftskreise dagegen intrigieren. Hängen diese doch teilweise an den Drähten der Androsch-Maschinerie. Auch vor dem Zorn der Wirtschaft fürchtet sich Spindelegger, die ja immer wieder mit einer eigenen Partei spekuliert..
Was aber bedeutet dieses Projekt für die Schulen, die Schüler, den Bildungserfolg, um die es in Wahrheit immer gehen sollte? Ganz sicher nicht die Katastrophe, als die eine Verländerung von der ideologischen Linken dargestellt wird.
Eine der sich in Medien noch herumtreibenden Schmied-Propagandistinnen faselt zwar wie immer, wenn den Linken gar nichts mehr einfällt, von „wissenschaftlicher Evidenz“, die gegen eine Verländerung spräche. Sie kann aber in Wahrheit keine konkrete Evidenz anführen. Ihr fällt lediglich ein, dass bei einem Bundeslandwechsel eines Lehrers die Anrechnung von Vordienstzeiten ein Problem wäre. Das ist aber ein Problem von so untergeordneter Größenordnung, dass es bei konstruktiven Sozialpartnergesprächen in der Kaffeepause gelöst werden könnte.
Die Verländerung wäre jedenfalls ein Schritt hin zur Subsidiarität, also zu der von Europa angefangen dringend notwendigen Kompetenz-Verlagerung nach unten. Subsidiarität wird von der Politik – angefangen bei der EU – auch immer wieder beschworen, beschlossen wird aber fast immer das Gegenteil.
Wie man in Deutschland sieht, bedeutet die Landeskompetenz sogar einen fruchtbaren Wettbewerb (der triumphale Siege der Länder mit gegliedertem Schulwesen über jene Länder gebracht hat, die linken Gesamtschulpropagandisten aufgesessen sind).
Aber bedeutet eine Verländerung nicht einen parteipolitischen Durchgriff der im Land dominierenden Partei auf die Schulen und insbesondere Direktorenbesetzung? So werden viele manche fragen. Bei gleichbleibenden Rahmenbedingungen, lautet die Antwort: Ja. Es wird diesbezüglich zwar nichts schlechter, aber auch nicht besser.
Genau das befürchtete Gleichbleiben dieser Rahmenbedingungen ist daher auch die eigentliche Crux des ganzen Projekts. Denn eigentlich müsste es dringendst darum gehen, weniger den Ländern, sondern vor allem den Schulen selbst mehr Kompetenz zu geben. Also Eltern und Lehrern, aber auch den älteren Schülern. Aber diesbezüglich hört man gar nichts von der Koalition.
Solange die Schulpartner nicht selbst bestimmen, wer Direktor wird, solange sie nicht zumindest ein absolutes Vetorecht gegen Bestellungen von oben haben, wird immer die Politik entscheiden. Alle „Objektivierungen“ haben sich ja weitgehend als Farce erwiesen. Mindestens genauso wichtig wäre es, dass endlich in den Schulen selbst ganz autonom das Schulmodell und der Typus, der inhaltliche und der pädagogische Schwerpunkt entschieden werden.
Nur dort weiß man, was nachgefragt wird, was zum Niveau von Schülern und Lehrern passt. Nur bei autonomen Entscheidungen kann die Motivation aller Beteiligten gestärkt werden. Nur so begreifen die Eltern wieder mehr ihre Verantwortung für die Bildung ihrer Kinder, die man eben nicht wie ein Auto in einer Servicewerkstatt abgeben und dann repariert abholen kann. Nur so können lächerliche Dinge wie das Haslauer-Modell aus der Welt geschafft werden, der am grünen Politikertisch von oben dekretieren will, dass 80 Prozent der Schulen Zwangsgesamtschulen sein müssen.
All das lässt sich am einfachsten und sinnvollsten mit einem Voucher-System realisieren. In diesem bekommen alle Eltern selbst für ein Kind einen staatlichen Bildungs-Gutschein in die Hand, egal ob vom Bund oder Land,. Den können sie in jeder Schule ihrer Wahl, in öffentlichen wie privaten einlösen. Davon müssen sich dann die Schulen finanzieren. Wichtig ist nur, dass die Schule entscheiden muss, ob das Kind die dortigen Zulassungskriterien erfüllt.
Dabei sollte man für bildungsbenachteiligte Kinder einen beispielsweise zehnprozentigen Bonus geben. Ansonsten müsste es dann nur noch aus einem einzigen Grund zusätzlich Geld geben: Wenn sich eine Schule besonders auf die (teuren, aber dringend benötigten) technischen und naturwissenschaftlichen Fächer spezialisiert.
Der Bund hat in einem wirklich funktionierenden Schulsystem nur noch eine – freilich ganz wichtige – Aufgabe: Er muss extern und objektiv alle zwei oder vier Jahre die Bildungsstandards messen lassen. Und er muss die Ergebnisse dieser Messung komplett transparent machen, also auch das Ergebnis jeder einzelnen Schule veröffentlichen.
Das wird – auch wenns manche Lehrer ärgert – Druck auf die Schulen ausüben, gut und zielorientiert zu unterrichten. Das wird auch einen gesunden Wettbewerb auslösen. Nach diesen Daten können sich dann auch Arbeitgeber orientieren, die ja derzeit immer öfter mit Absolventen von Schulen (aller Art) konfrontiert werden, die all die Dinge halt nicht können, die sie laut Zeugnis eigentlich beherrschen sollten.
Also in Summe: Nichts gegen die Verländerung. Aber den wirklichen Fortschritt wird sie nicht bringen, solange man all die angesprochenen Punkte nicht angeht. Wonach es aber nicht aussieht.